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Marktstudie Sozialticket Dresden
Marktstudie Sozialticket Dresden
eines Sozialtickets
- Ergebnisbericht
Verfasser
August 2008
Marktstudie zur Einführung eines Sozialtickets 2/23
1 Einleitung ...................................................................................... 3
2 Projektpartner ............................................................................... 4
3 Rahmenbedingungen ................................................................... 5
4 Vertrieb/Antragsverfahren ........................................................... 8
5.1 Studiendesign........................................................................ 11
6 Fazit ............................................................................................. 23
Marktstudie zur Einführung eines Sozialtickets 3/23
1 Einleitung
Insoweit konnte auch nur bedingt auf die Erfahrungen anderer Städte
zurückgegriffen werden, da die kommunalen Verkehrsstrukturen und
-ströme sehr unterschiedlich sind.
Marktstudie zur Einführung eines Sozialtickets 4/23
2 Projektpartner
DVB AG
3 Rahmenbedingungen
3.1 Struktur
Mit rund 142 Mio. Fahrgästen pro Jahr ist die DVB AG das bedeutends-
te Verkehrsunternehmen im VVO und befördert rund 70% der ver-
bundweiten Fahrgäste. Das Verkehrsgebiet der DVB AG erstreckt sich
auf den Stadtverkehr in Dresden sowie eine Straßenbahnlinie und meh-
reren Buslinien in Nachbarorte. Einige ländlich geprägte Stadtgebiete
Dresdens werden hingegen nur durch DB Regio bzw. regionale Busge-
sellschaften bedient.
3.2 Fahrausweissortiment
n Einzelfahrschein
n 4er-Karte
n Tages- und Familientageskarte
n Wochenkarte, gültig ab Entwertung (kalenderunabhängig)
n Monatskarte/9-Uhr-Monatskarte im freien Verkauf gültig ab Entwer-
tung (kalenderunabhängig)
n Abo-Monatskarte/9-Uhr-Abomonatskarte, gültig einen Kalendermo-
nat
n Jahreskarte, gültig ein Kalenderjahr
Für Abo-Karten wird der gültige Tarifpreis durch die DVB AG abge-
bucht. In den Servicepunkten werden unter Vorlage der Abo-Karten,
der Wertmarke und des Dresden-Passes 8,00 EUR zurückerstattet.
Der Kreis der Nutzungsberechtigten soll deutlich über die Gruppen des
derzeitigen Dresden-Passes hinausgehen. Demnach wären berechtigt
Personen gem. SGB II (Hartz-IV), SGB XII (Altersarmut), Asylbewerber
sowie Geringverdiener, deren Einkommen max. 10% über den Be-
darfssätzen gem. SGB II liegt.
n Gemäß den politischen Vorstellungen soll der Preis für das Sozialti-
cket bei 40-60% des normalen Tarifs liegen. Im Zusammenhang mit
dem daraus resultierenden kommunalen Zuschussbedarf sind im
Rahmen der Studie verschiedene Preise auf ihre Akzeptanz zu prü-
fen.
4 Vertrieb/Antragsverfahren
Der Rat der Stadt Dortmund hat am 13.12.2007 die Einführung des So-
zialtickets zunächst für einen zweijährigen Modellversuch beschlossen.
Erstmalig ab dem 01.02.2008 können die hilfebedürftigen Menschen
dieser Stadt das Ticket nutzen. Bezugsberechtigt sind die Leistungsbe-
zieher des Arbeitslosengeldes II, der Grundsicherung im Alter und bei
Erwerbsunfähigkeit, der wirtschaftlichen Jugendhilfe oder nach dem
Asylbewerberleistungsgesetz. Das personenbezogene Ticket 1000
(Preisstufe A) ist im Jahresabonnement für den Preis von monatlich
15,- € erhältlich und im gesamten Dortmunder Stadtgebiet gültig. Die-
ses Ticket unterliegt den Abonnement-Bedingungen der Dortmunder
Stadtwerke AG (DSW). Der Monatspreis wird grundsätzlich im Last-
schriftverfahren eingezogen. Für die Beantragung müssen zwei Formu-
lare ausgefüllt und an das Sozialamt gesendet werden. Diese werden
zunächst in einer Datenbank erfasst. Anschließend werden die Anträge
durch zuständige Mitarbeiter/-innen des Sozialamtes bzw. der ARGE
hinsichtlich der Anspruchsvoraussetzungen geprüft. Nach der Geneh-
migung des Antrags erfolgt durch die DSW per Lastschriftverfahren die
monatliche Abbuchung des vom Ticketnutzer zu zahlenden Betrages
von 15.- € und die Versendung des Tickets zu den normalen Abo-
Bedingungen.
4.1.3 „Berlin-Ticket S“
Auch für Dresden bietet sich grundsätzlich eine Kopplung des Dresden-
Passes mit einem Mobilitätsangebot an.
5 Empirische Studie
5.1 Studiendesign
Die Befragung erfolgte vom 09. bis zum 27.06.2008. Die Probanden
wurden im Foyer der Arge durch Mitarbeiter der DVB-Marktforschung
nach vorgegebener Alters- und Geschlechtsverteilung rekrutiert. Auf
Basis eines von DVB-Marktforschung und TU Dresden entwickelten
Befragungsbogen wurde die Befragung als computergestützte persönli-
che Interviews (CAPI) durchgeführt.
Abbildung 1:
Screenshot Befra-
gungsbogen
Inhalt dieses i.d.R. fünf- bis 10-minütigen Interviews war neben sozio-
demographischen Angaben wie dem Alter und Geschlecht, sowie Fra-
gen zur Nutzung von Verkehrsmitteln, Fahrausweisen und dem Dres-
den-Pass ein so genanntes "Stated Preference Experiment".
Marktstudie zur Einführung eines Sozialtickets 12/23
Neben der Zielgruppe wurden auch weitere Kunden der Arge befragt,
da diese im Vorfeld nicht herausgefiltert werden konnten. In dieser
Gruppe sind vorrangig Empfänger von Arbeitslosengeld 1.
5.2.1 Verkehrsmittelnutzung
Entsprechend der sozialen Situation der Zielgruppe wird der Pkw we-
sentlich weniger genutzt als im Stadtdurchschnitt. Nur reichlich zwei
Fünftel nutzen ihn zumindest wöchentlich, darunter 17% „(fast) täglich“.
50% nutzen dagegen seltener als monatlich den Pkw. In der Dresdner
Gesamtbevölkerung nutzen 75% den Pkw mindestens wöchentlich und
nur 15% seltener als monatlich.
1
TU Dresden, Mobilität in Dresden – System repräsentativer Verkehrserhebung
SrV 2003
Marktstudie zur Einführung eines Sozialtickets 13/23
100% 7% nie
5% Abbildung 2:
28% 3%
80% 10% seltener
Pkw-Nutzung (als
18% 26%
an 1 - 2 Tagen / Fahrer oder Beifah-
60% Vierteljahr rer) der Zielgruppe
4% an 1 - 3 Tagen / im Vergleich zur
9% Monat
14% Gesamtbevölkerung
40% an 1 - 2 Tagen /
17% Woche
(Frage „Wie oft
an 3 - 4 Tagen /
20% 8%
36% haben Sie in den
Woche
vergangenen 12
17% (fast) täglich
Monaten den Pkw
0% als Fahrer oder
Zielgruppe Dresden (SrV 2003) Beifahrer genutzt?“)
100% 3%
14% nie
10%
3%
80% 8% 13% seltener
Abbildung 3:
12% 11% an 1 - 2 Tagen /
60% 13% Vierteljahr ÖPNV-Nutzung der
14%
an 1 - 3 Tagen / Zielgruppe im Ver-
Monat gleich zur Gesamt-
40% 14%
an 1 - 2 Tagen / bevölkerung
9% Woche
50% an 3 - 4 Tagen / (Frage „Wie oft
20% haben Sie in den
Woche
25% vergangenen 12
(fast) täglich
Monaten öffentliche
0%
Verkehrsmittel in
Zielgruppe Dresden (SrV 2003)
Dresden genutzt?“)
Die Vermutung, wesentliche Teile der Zielgruppe würden durch die Hö-
he der Fahrpreise von der gesellschaftlichen Teilhabe ausgeschlossen
werden, kann mit den empirischen Befunden nicht bestätigt werden.
Der Großteil der Probanden ist regelmäßig mobil und trägt die entspre-
chenden Mobilitätskosten2.
2
Dass die Zielgruppe nicht über eine geringere, sondern sogar über eine geringfügig
höhere Mobilität als der Durchschnittsbürger verfügt, zeigen auch die Ergebnisse der
SrV-Studie 2003. Demnach legen Arbeitslose und „ruhend Beschäftigte“ im Mittel 3,2
Wege pro Tag zurück, Teilzeitbeschäftigte sogar 3,8. Über die Gesamtbevölkerung
liegt der Wert dagegen bei 3,1 (TU Dresden, Mobilität in Dresden - SrV2003, Tab. 6.2)
Marktstudie zur Einführung eines Sozialtickets 14/23
Unter den Selten- und Nichtnutzern wird die Höhe des Fahrpreises e-
benfalls nur zum Teil als Hemmnis genannt. Zwei Drittel von ihnen ge-
ben andere Gründe wie Nutzung des Fahrrads bzw. Pkws, Angebots-
defizite oder persönliche Vorbehalte gegen öffentliche Verkehrsmittel
an. Somit begründen nur 9% aller Probanden die Nicht- bzw. Selten-
nutzung mit der Höhe der Fahrpreise.
regelm. Nutzung
75%
nur Preis 9%
Abbildung 4:
5.2.2 Fahrausweisnutzung
keine ÖPNV-
Stammkunde (Abo Nutzung 3%
oder Jahreskarte) nur Mitfahrt 2%
33%
Bartarif 40%
bedarfsweise Abbildung 5:
Monatskarten und
Bartarif 2% Allgemeine Fahr-
Monatskartenkauf Monatskartenkauf
(über 6 Stück/Jahr) ausweisnutzung
(bis 6 Stück/Jahr)
14% 5%
der Zielgruppe
Alle Personen der Zielgruppe sind bereits heute berechtigt, den Dres-
den-Pass abzufordern, mit dem verbilligte Zeitkarten für den ÖPNV er-
worben werden können. Zudem sind weitere Vergünstigungen z.B. bei
Sporteinrichtungen oder Schulverpflegung möglich.
männlich 6%
weiblich 20%
19 - 29 Jahre 13%
30 - 44 Jahre 19%
45 - 60 Jahre 7%
Abbildung 6:
kein DD-Pass -
keine Zeitkarte 42%
DD-Pass - keine
Zeitkarte 4%
Abbildung 7:
Kreuzauswertung
Besitz Dresden-
kein DD-Pass - Pass, Kauf von
DD-Pass - Zeitkarte
Zeitkarte 45% DD-Pass - Zeitkarte
mit Wertmarke 8%
Zeitkarten und Nut-
ohne Wertmarke 2% zung der Wertmar-
ken.
Marktstudie zur Einführung eines Sozialtickets 17/23
5.3.1 Methode
Auf Basis der erhobenen Daten wurde ein mathematisches Modell zur
Simulation von beliebigen Kombinationen erstellt. Louviere et al. (2000)
haben gezeigt, dass eine solche Simulation der tatsächlichen Wahlsi-
tuation das Entscheidungsverhalten der Probanden sehr realistisch wie-
dergibt.
3
Dieser Abschnitt stellt in Auszügen die Ergebnisse aus dem „Abschlussbericht Pro-
jektbegleitung einer Marktstudie zur Einführung eines Tarifprodukts für Sozial Schwa-
che“ der TU Dresden dar.
4
Insgesamt wurden zwölf unterschiedliche Experimente verwendet.
Marktstudie zur Einführung eines Sozialtickets 18/23
Abbildung 8:
Beispielhafte Ent-
scheidungssituation
des Probanden
(Screenshot Frage-
bogen)
5
Diese Alternative fasst die restlichen Alternativen zusammen. Hierunter fallen insbe-
sondere Auto und Fahrrad aber auch die Möglichkeit des Mobilitätsverzichts. Aller-
dings hat sich gezeigt, dass hier meist andere Verkehrsmittel genannt wurden. Der
Mobilitätsverzicht bzw. die Reduzierung der Wegezahl liegt schätzungsweise unter
10% der Nennungen.
Marktstudie zur Einführung eines Sozialtickets 19/23
90%
80%
70%
M arktanteil
60%
50%
40%
30%
20%
10%
0%
8
1
9
2
5
4
11
12
13
10
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ari
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12
10
11
13
3
9
1
6
2
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Sz
Sz
Sz
Sz
Sz
Sz
Sz
Sz
Sz
Sz
Sz
Sz
Sz
15
Umsätze
12,5
10
7,5
M illionen Euro
2,5
-2,5
-5
Einnahmeausfälle
-7,5
Abbildung 10: Erwartete Umsätze und Verluste Umsätze entsprechend der Markt-
anteile bei Anwendung der Sozialticketpreise lt. Szenario und Einnahmeverluste ge-
genüber dem Szenario 1 (Nullfall ohne Sozialticket)
Grundsätzlich stellt das Abo das attraktivste Angebot dar. Bei gleich-
mäßiger Rabattgestaltung über alle Ticketarten würden sich rund 50%
dafür entscheiden.
Marktstudie zur Einführung eines Sozialtickets 21/23
Sollen ein oder mehrere Ticketarten zum halben Preis angeboten wer-
den, so würde der Finanzbedarf zum Ausgleich der Mindereinnahmen
je nach Ausgestaltung bei etwa 3 bis 4 Mio. € pro Jahr liegen.
Werden sowohl Abo-, Monats- als auch 4er-Karte mit den vorgesehe-
nen 40%, 50% oder 60% Rabatt angeboten (Szenarien 2 bis 4), kann
der Anteil der Nichtnutzer („Andere“) von derzeit 5% deutlich verringert
werden. Rund 50% der Probanden würden in dieser Konstellation ins
Abonnement gehen, etwa 25% Barmonatskarten und rund 20% ermä-
ßigte 4er-Karten kaufen. Etwa 5% würden weiterhin Tages- oder Ein-
zelkarten bevorzugen. Somit sind geringfügige Nutzungszuwächse zu
verzeichnen. Die Höhe der Rabatte hat dabei nur geringe Auswirkun-
gen auf die Nutzungsanteile. Immens sind dagegen die finanziellen
Auswirkungen: Bei einem Rabatt von 40% entstehen pro Jahr Einnah-
meverluste von rund 3 Mio. €. Bei einer 50- oder gar 60-prozentigen
Rabattierung steigen diese Verluste gegenüber den Alteinnahmen auf 4
bzw. 5 Mio. €.
d) Alternative Rabattstufen
Bei einem 50-prozentigen Rabatt wählen 90% der Probanden eine der
beiden ermäßigten Varianten, 1% verbleibt als Nichtnutzer. Bei einem
20-prozentigen Rabatt wählen immer noch 70% eine der beiden rabat-
tierten Angebote und 3% verbleiben als Nichtnutzer. Die Verluste kön-
nen aber von über 4 auf unter 1 Mio. € pro Jahr verringert werden.
6 Fazit
Demzufolge ist eher auf eine verbesserte Platzierung der derzeitig be-
stehenden Angebote des Dresden-Passes zu orientieren, wobei ggf.
das Verfahren von Beantragung und Abrechung der Wertmarken ver-
einfacht werden kann. Dies könnte beispielsweise erfolgen, indem
Dresden-Pass-Inhaber in Anlehnung an das Jobticketmodell ein redu-
ziertes Abo über die ARGE beziehen können oder indem der Dresden-
Pass als Berechtigungsnachweis für ermäßigte 4er-Karten anerkannt
werden könnte (Szenario 12).