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Santideva Eintritt in das Leben zur Erleuchtung (Bodhicaryavatara) Lehrgediche des Mahayana aus dem Sanskrit tibersetze von Emst Steinkellner “Avalokitesoara [»der Herr, der herabblickt-t), dev Bodhi sattoa des Mitleids, Ans Schmerz iiber den endloren Strom der Siinder zersprang sein Kopf in zebn Teile. Der Buddha ‘Amitabba setzte sie thm wieder ane und krénte ibn durch ot das eigene Haupt als elftes i Eugen Diederichs Verlag Mic 8 Abbildungen Das Unechlagbild zeigt den mediierenden Buddha Sikysmoni rach einem tbetiseien Blockdrvck, (CIP-Kuratitelaufnabime der Deutschen Bibliothek Samtideva: Eintrist in das Leben sur Evleucheung, Lehagedichs d. Mshiyine = (Bodhiceryivatts) / Sintideva, ‘Aue d.Sanskr. bers, von Ernst Secinkellner 1. Aufl. = Disceldort : Koln : Diederihs, 1981 (Diederichs Gelbe Reihe ; 34 : Indien) Einbeitssachs.: Bodhicaryavatara (dt.) ISBN 3-124.00694-7 NE: GT; Steller, Brose (Uber,] Erste Auflage © 1981 by Eugen Diederichs Verlag, Disseldonf- Kein Unnschlaggestatung: Eberhart May Gesamthersellung: Graphische Betrcbe Pustet, Regensburg ISBN 3-424-00604-7 Inhalt Binleitung 0.6... eee eee : 7 I LobdesErleuchtungsdenkens . . . 2 II Siindenbekenntnis . . ee 7 TI AufnahmedesErleucheungsdenkens .. 37 IV WachsameSorge um das Erleucheungsdenken. 42 V_— BebiitungderBewutheit . 0 VI_Vollkommenheit der Geduld 63 VIE_Vollkommenheie der Stirke 80 VIL Vollkommenheit der Versenkung, » IX Vollkommenheit der Binsicht lig X — Verdienstiibertragung . 142 Anmerkungen ............005 152, Hinweis auferginzendeLektiire. 0) sss. 157 Einleitung Der Bodhicaryavatira des Santideva wurde von Anfang an als exemplarischer Ausdruck fir die Spiritualitit des Mahayana (die buddhistische Tradition des »GroRen Fahrzeugse] angesehen. Tn ihm verbinden sich religiése Inspiration, Lebensweis- heitund wanderbar anschanliche Sprache zu einem Doku- ment der Weltliteratur. Dieser klassische Text, »Der Ein- trite in das Leben zur Erleuchtunge, ffnet uns den Zu- gang zum Wesen einer der bedeutendsten religidsen Schopfungen der Menschheie. Der Buddhismus ist unserer Zeit immer noch vor allem in seiner ilteren, in den ersten Jahrhunderten nach dem Auftreten des historischen Buddha entwickelten Gestalt vertraut, Man hat ihn meist als elitire »Religion der Ver- nunft« verstanden, als Welt und Kule verneinende asketi ssche Manchsdisziplin; man hat ihn im Westen als »Nicht- Religion« gesehen, von nur engen, nur auf den Suchenden selbst bezogenen cthischen Dimensionen, mit der Ziclset- zung einer Erlosung, die auch als wenig erstrebenswerve reine Vernichtung interpretiert wurde. Bei solcher Einschitzung dieser religidsen Tradition wird dann_mit Verwunderung beobachtet, da gerade der Buddhismus fir viele asiatische Kuleuren eine die Massen bewegende Religion geworden ist, die sozialethische Nor~ men und Prinzipien der Lebensfilhrung festlegte und eine gesellschafisildende und politische Kraft war Das ist nicht mehr dieser alte Buddhismus, sondern vor allem der Buddhismus als Mahayana, als »GroRes Fahr- zevgs, der den Heilsweg in einen fir alle verwandele hat und damit 2a einer wahthalten Weltreligion wurde, die andere Kukuren tief beeinflubee, Auch fir die weiterhin Iebendigen Traditionen des alten Buddhismus sind seine ethischen Wertsetzungen nicht ohne Einiluf geblieben, und auf seine theoretischen Leh- ren griinder der spatere tantrische Buddhismus, Selhst die verschiedenen modernen Erneueruagsbewegungen in den buddhistischen Lindern sind in ihren gesellschafisbezoge- nen Programmen nicht nur als Antwort auf westliche Vorbilder 2u verstchen, sondern auch als Zeichen des Verstindnisses fiir die wesentliche Bedeutung des ande- ren, des Mitwesens, auf dem Weg zur Befreiung — man betrachte etwa das sechste Kapitel mitseiner Beschreibung der »sozialen« Geduld [Vers 76-134]. Es sind nun bald 150 Jahre vergangen, scit die westliche Welt begonnen hat, von der religidsen Kultur des Ma- hayana-Buddhismus Kenntnis 2u nehmen, sich mit ihr auseinanderzusewzen. Historische, philologische, reli- Hlonsvergleichende Arbeiten aber die Dokumente dieser ‘Tradition, weiterfiihtende und z, TI. auch irrefidhrende Versuche, sic in ihren Grundsiczen und Zielsetzungen zu verstehen, haben zu besserer Kenntnis gefithre. Wir kén- nen heute sagen, uns seien die wesentlichen Zige dieser Religion einsichtig geworden, In den letzten Jahrzehneen ist es gelungen, das Problem des Verhiilunisses der »Phi- losophie der Leerheit« zur »Ethik des Bodhisatwac als Scheinproblem der abendlindischen Interpreten zu erken- nen und das spirituelle Wesen des Mahayana, besonders in der durch die Schule des Madhyamaka vertretenen Form, weitgehend 2u erkiren Was fiir eine Spivicualitit trite uns nun in den Worten Santidevas entgegen? Worauf ist sie gegriindet? Und was sind ihre Motive, Werte und Zicle? Der Buddhismus, dem wir in dem Werk Santidevas begeg- nen, ist der des voll entwickelten Mahayana, des »Grofen Fahrzeugs«. Diese Form des Buddhismus entstcht in den 8 | Jahrhunderten um den Beginn unserer Zeitrechnung auf | der Grundlage der Lehren, der Praktiken und Zielsetzun- cen des ileeren Buddhismus. Die ileeren religidsen Wert Lander hea verinderten sich, neue Ideen und Praktiken wurden entwickelt. Sie waren dem alteren Buddhismus weils noch fremd gewesen, teils fiir unbedeutend erachtet worden. In seiner éltesten Gestalt ist der Buddhismus cine reine Erldsungslehre, die in den Weltanschauungen der spitvedischen Zeit wurzelt, wie wir sie auch aus den Upanischaden kennen. Der indische Denker des 7. und 6. vorchristlichen Jahrhunderts begreift sich als geistiges Wesen, das von jeher in einem our von seinem eigenen ‘Tun bestimmten Kreislauf ~Geburt und Tod und wieder Geburt — gefangen ist und diese ewige Endlichkeit zu beenden suchen muft, Schon vor dem Auftreten des Budd- ha ist dieses Ende der Endlichkeit Thema brahmanischen hilosophierens. De Mystiker der Upanischaden hat seinen Blick auf das Bine Seiende gerichtet. Er sieht dieses nicht nur als Brah- man, als die Einheit, die der Vielfalt der Phinomene zugrundeliegt, sondern auch als Auman, als das seine cigene Existenz begriindende Selbst. Dieses Eine Seiende suchter 2u erkennen und versteht die existentiell vallzoge- ne Erkenntnis der Identitit von Atman und Brahman, von Selbst und Sein, als befreiende Erlésung aus dem Kreislauf der Wiedergeburten, a Inder Epoche des Religionsstifters, des Buddha Sakyamu- ni — seine Lebenszeit wird meist mit 566 - 486 y. Chr, angenommen -, war der schipferische Schwung dieser Ideen der Upanischaden-Zeir schon abgeklungen. Die verschiedensten Theorien und Weltanschauungen, zum “Teil auch skeptische, hatcen sich enewickelt, und die gei- stigen Dispute arteten oft in spitzfindige und frachtlose Erérterungen aus; das eigentliche Ziel, die Erlésung, trat mehr in den Hintergrund. Der Buddha wandte sich von 9 Anfang an gegen cinen Weg zur Erldsung durch reine Erkenntnis und betonte stattdessen die praktischen Wege det Askese und des Yoga. Daraus erklirt sich die antitheo- retische und antispekulative Einstellung der frithen budd- histischen Lehre, Die Abwertung des Bemithens um Erkenntnis und die Betonung der praktischen Wege hat fir die Lehre selbst zat Folge gehabr, daf die negative Seite der Erlsungsleh- re in den Vordergrund geriicke wurde, Erlésung wurde nicht als Erlangen eines wie auch immer definierten Zu- standes betrachtet, sondern einseitig als Loslésung aus dem Wesenskreislauf geschen, dh. als Befreiung aus dem Leiden der Endlichkeit. Damit waren Fragen wie die nach dem Wesen des Selbst, der Seele und die nach dem Zustand eines Erldsten beiseite geschoben. Was blieb, waren die Fragen nach den Ursachen der Verstrickung in den Kreis lauf und nach den Méglichkeiten ihrer Authebung. Die Beantwortung dieser Fragen macht daher auch die ent- scheidende Erkenntnis des Buddha aus, den Kern seiner Lehre, Was er verkiindet, sind im wesentlichen dic »Vier Edlen Wahrheitene: die Tatsache des Leidens, die Entste- hung des Leidens, die Aufhebung des Leidens und der zur Authebung des Leidens Fihrende Weg, Mit der Verktindung der Tatsache des Leidens raft der Buddha zur Besinnung auf, zur Einsicht in die leidvolle Bedingtheit der Welt und zum Nachvollzug des von ihm beschrittenen Weges zur Erlésung. Die Wahtheiten von der Entstebuong und Aufhebung des Leidens enthalten die Erklarung der Ursachen und der Moglichkeiten 2ur Uber- windung, Der zur Aufbebung des Leidens fidbrende Weg schlieflich verkiindet die praktische Methode: den zur Erlosung fiihrenden sittlichen Wandel und die Ubungen der Versenkung, die den Menschen von den bindenden Wirkungen seines Tuns befreien. Diese dem alten Buddhisraus eigene Methode, durch Aus- 10 cheiden des Verginglichen, Leidhaften zur Erlésung zu fahren, ist der Methode der Upanischaden, sich auf das Selbst 2u konzentrieren, entgegengesetzt. In threr Zielset- ~aung unterscheiden sie sich nicht wesentlich. Diesem Ziel nihert sich der Mensch aber nur in der Abkehr vom Endlichen, durch Analyse und moralisch-yogische Diszi- plin. Das Ende ist Schweigen; der »Ort der Erlésunge, das Nirvana, entzieht sich der Beschreibung und bedarf ihrer nicht, Damit fehlen dem alteren Buddhismus auch die Metkmale einer subjektiven und objektiven Religion. Nur scheinbar gibt es Komponenten objektiver Religion: sie griinden in tder Ménchsgemeinde und deren gesellschaftlichen For- men, aber nicht in cinem Verhiltnis zum Absoluten, Einen Kulcim eigentlichen Sinn gibt es nicht, Der Buddha ise nicht Reprisentant des Absoluten, sondem Vorbild und Lehrer auf dem Weg zur Erlasung ~ allerdings schon von alcester Zeit an stark mythisiert, Gebete und Beichten bestehen im Vortrag der Lehre und sind Bestandeeil des Erlsungsweges. Das Ziel is die Erlésung, die jeder nur fiir sich selbst erlangen kann. Die Idealgestalt ist der »Heiliges, der Arhat, der dieses Ziel auf dem vom Buddha verkiindeten Weg erreicht hat. Dort, wo sich die altere Form des Buddhismus bis heute erhalten hat, etwa auf Ceylon und in Hinterindien, sind diese Vorstellungen im wesentlichen charakzeristisch ge- blieben, zumindest theoretisch. Ob man diesen alten Buddhismus bereits als Religion bezeichnen kann, hiingt von der Definition des Religionsbegriffs ab, Solange man diesen z, B. an den Glauben an einen Gott kniipft, kann man den Buddhismus nicht als Religion zahlen. Diese Bedingung kann man aber auch als unwesentlich ansehen. ‘Versteht man unter Religion dagegen einen das menschli- che Handeln und Denken bestimmenden Glauben an exwas, das dber unsere Existenz hinaus als Heil erhotft ul und gesucht werden kann, dann ist der Buddhismus eine Religion, In den beiden letzten Jahrhunderten v.Chr. und mit grofler Dynamik in den ersten Jahthunderten n, Chr. entstcht eine Bewegung innerhalb des Buddhismus, die von neuen Motiven getragen ist und die alte Erlésungsleh- re entscheidend verindert, Diese neue Richtung versteht sich selbst als Mahayana {»Grofes Fahrzeug«] oder Bod- hisattvayana [»Weg der Bodhisettwas«] gegeniiber dem ‘ilteren Hinayana [»Kleines Fahrzeug«] oder Srivakayina [-Weg der Hrer«), Die Merkmale dieser neuen Bewe- gung unterscheiden sie im einzelnen genommen nicht immer sehr deutlich, in ihrer Verbindung jedoch klar von der Spiritualicit des frithen Buddhisraus. Die Unterschie~ de betreffen drei Bereiche: die Erlésungslebre, die durch den neuen inhale des Bodhisatta-Begriffs bestimmt wird die Buddhologie, in der sich die Einstellung zum Buddha in der Weise verschiebt, daf der historische Buddha zu- gunsten eines ibernatiirlichen Wesens in den Hintergrund tritt, welches als hiichstes Sein verehrt wird, wobei durch die Scrukturierung der Fille dieses Seins ein Ansatz zur Annahme zablloser Buddhas gewonnen wird; und schlieRlich die auf mystischer Erfahrung basierende und philosophisch begriindete Lebre von der Wirklichkeit ei- nes hichsten Seins und der celativ 2u dieser Wirklichkeit unwirklichen Wirklichkeit der erfahrbaren Welt Der Buddha als ibernatirliches Wesen, als das Absolute, war dem Blick des Erldsungsuchenden weitgchend entzo- gen, So richtete sich das Denken der Mahayinisten ganz auf die vorbildhafte Gestalt des Bodhisattva, der nun zum Leitbild fiir die neue Form der Verwirklichung des bud- dhistischen Erldsungsweges wurde. Bodhisattva heigt wortlich »Esleuchtungswesene und bezeichnet jemanden, der den Weg zur Erleuchtung eingeschlagen hat, an dessen 12 Der weife’ Lotus wurzelt im Schlamm snd schwimmt lee rein anf dem Wasser. So weilt der Bodbisattoa || Ende er selbst ein Buddha, cin Erleuchteter wird. Die Wdee “des Bodhisattva war bereits im Hinayana ausgebildets was, och fete, war die altruistische Motivation fur die Be- niihung um die erlésende Erkenntnis. Wenn auch die | Entwicklung sozialer Tugenden wie der Selbsthingabe F und des Mirleids mit den leidenden Wesen zu den Autge- | ben der Hinayana-fiinger gehirte, so ist ihr lectliches Ziel | doch immer die persinliche Befreiung aus dem Wesens- " krcislauf geblicben. : | Demgegeniiber war das Bodhisattva-Ideal des Mahayana | cadikal durch die Wende zum Altraismus bestimmt. Das | eigene Leiden trat als Motiv fiir dic Suche nach der befrei- | enden Erkenntnis hinter das Mitleid mit den anderen | leidenden Wesen zuriick. Dieses Mitleid (karuna) wurde "gar eigentlichen Triebkraft flir die Suche nach Erlésung, Es legte die Lebensfithrung der Suchenden in einem sol- “ chen Mae fest, da8 auch die Erlésung selbst nicht mebr + als jenes Ziel aufgefafit wurde, nach dessen Erceichung alle | Muhen zu Ende sind. Die Erlsung wurde vielmehr in | jenera Zustand des Nicht-mehr-Gebundenseins gesehen, von dem aus der Erldste durch seine Kenntnis des wahren Seins fiir den Fortschrite anderer Wesen auf dieses Ziel hin 13 wirken kann. Der Weg eines Bodhisattva war nun durch einen rigorosen ethischen Idealismus charakterisiert, der sunbegrenztes Mitleid und unbegrenzte Opferbereitschalt anderen Wesen gegeniiber beinhaltet, Ein Bodhisattva entzieht sich seinem urspriinglichen Motiv nach Erlan- gung der Erleuchtung nicht durch ein Eingehen in ein starres und endgiltiges Nirvana, sondern wird mit gestei- gecter Wirksamkeit ein aktiver Helfer der im Kreislauf Teidenden Wesen. Diese radikale ethische Wende des Mahayana kommt klar in jener Formel zum Ausdruck, die traditionell am Beginn eines solchen Bodhisattva-Wegs steht und die auch als unterscheidendes Merkmal gegentiber der alten buddhist schen Laufbahn aufgefaBt wird, Der buddhistische ‘Ménch~ aber nun vor allem such der Laie ~beginnt seine Laufbah, indem er »den Erleuchtungsgedanken hervor- bringte. Dieses Hervorbringen besteht darin, da8 er den Vorsatz. [pranidhi] fae, die Erleuchtung 21 gewianen, dieses Ziel zu verfolgen [prasthana}, aber die mit der erlsenden Erkenntnis gewonnene »Fruchte des Nirvana so lange nicht voll anzunehmen, bis alle anderen leidenden ‘Wesen durch seine Hilfe chenfalls 2ur Erleuchtung ge- bracht worden sind. Damit war eine neue Idee der Gestaltung des Lebens geboren; Ménche und Laien konnten sich entschlicken, die—wenn auch lange und beschwerliche~Laufbahn eines Bodhisattva einzuschlagen und in der Entwicklung der »Vollkommenheiten« [paramita], einer Gruppe ethischer und intellektueller Tugenden, ihren Vorbildern nachzule- ben. Die Entwicklung dieser universellen Ethik ist die eindrucksyollste Frucht des Mahayana-Buddhismus. Die cigene spirituelle Vervollkommnung wird von Anfang an mit dem Ziel der Befreiung aller Wesen aus der Not eines immerwahrenden Daseins verbunden, und zwar auch je- ner Wesen, die sich in besseren oder schlechteren Exi- 4 stenzformen [als Gott, als Tier usw.] als der menschlichen finden. Hierin liege der wichtigsce Beitrag des Mahayana zur religidsen Kultur der Menschheit. Santideva beschreibr im Bodhicaryavatata ein spirituelles Leben, das von diesen Motiven bestimmt ist. Er schildere den Werdegang des Bodhisattva von der Aufnahme des +Erleuchtungsdenkens« [Dodbicitta) bis zur Gewinnung der Einsicht [prajia], entsprechend der Gruppe der sechs Vollkommenheiten oder Bodhisatwva-Tugenden. Diese sechs stellen die Prinzipien eines solchen Lebens dar und sind: die Hingabe [dana], die Sitlichkeit [sil], die Geduld {Rsantil, die Starke (virya), die Versenkung [dhyana] und die Einsicht [prajfa Die »Aufnahime des Erleuchtungsdenkense, d.h. der in die Tat umgesetzte Vorsatz, die Erleuchtung zum Heil aller Wesea anzustreben, stellt die hichste und entschei- dende Form der Hingabe [dana] dar. Sie wird in den ersten drei Kapiteln beschrieben. Von der Sitlichkeit [sa], der sorgenden Beobachcung der Lebensfithrang, handeln das vierte und fiinfte Kapitel. Entsprechend wird jede weitere der »Vollkommenhsicen« in jeweils einem folgenden Ab- schnict dargestellt. Das SchhuSkapitel widmet das Ver- dienst der Abfassung des Werks den anderen Wesen ~ alleedings ist die Urhcberschait des Santideva hier zweifel haft. Der Bodhicaryavatara bedarf in seiner Klarheit der Ds stellung kaum einer ins einzelne gehenden Erléuterung. Daher sind der Ubersetzaing lediglich einige Anmerkun- gen im Anhang beigegeben. Besonders das Kapitel iiber die Vollkommenheit der Versenkung zeigt deutlich, da8 Santideva sein Werk nicht als Lehrdarstellung verstand, sondern als eine vor allem fiir den Laien und Anfinger gedachte Anleitung. In diesem [achten] Kapitel wird nicht exwa eine subtile Dogmatik der yogischen Psychologie 8 oder Methodik entwickelt, sondern es werden ~ neben der Betrachtung des kérperlichen und geistigen Weltverzichts als Voraussetzung jeder Versenkungspraxis - zwei Medi- tationsweisen austilhrlich dargestellt, die dem werdenden Bodhisattva helfen sollen, den Grund ftir seine Zuwen- dung 2um anderen Wesen 2u erkennen und aus dieser Erkenntnis heraus zu leben, Zum einen handelt es sich um. die Ubung der Gleichheit des anderen und des Selbse ([pardtmasamata], zum anderen um die Ubung der Aus- tauschung des anderen und des Selbst [partmaparivar- tana]. Fiir den, der die von Santideva vorausgesetzten Theorien und Denksysteme nicht kennt, diirften die Gedanken des neunten Kapitels, das die Vollkommenheit der Finsicht beschreibt, am wenigsten leicht nachzuvollziehen sein, sser Abschnict gibt cinen knappen Uberblick iiber den theoretischen Ansatz der Madhyamaka-Schule, einer der beiden philosophischen Richtungen, die sich innerhalb des Mahayana entwickelten Die »therapeutische Philosophie« des Madhyamaka er- weist sich als theoretische Erginzung der mahayanisti- schen Ethik. Ihr wesentliches Anliegen ist der Nachweis der Unwirklichkeit der Welt in ihren subjektiven wie objektiven Erscheinungen. Sie bemiiht sich um eine Uber- windung des begreifencen Verstandes durch sich selbst; denn dieser entwirft Weltanschauungen und damit Welt, und schafft so die Bindungen an sie, Durch systematische Analyse und Verwerfung historisch gewachsener An- schaungen entfernt sich das tibende Denken immer mehr von »Welte und nahert sich gleichzeitig der weltiber- schreitenden »Einsicht«. Daf die Wele unwirklich ist, bedeutet nicht, da sie iberhauptnicheist, sondern daft sie ohne substanzielles Wesen, also leer [sirnyal ist. Die Leet heit [snyata] ist das Wesen der Welt, und nicht das Sein oder das Nichts. Von der Welt losen will sich nur, wer 16 | dieses Wesen nicht erkannt hat. Wer jedoch die Leerheit erkennt, ist von der Schnsucht befreit, der Welt zu entrin- nen. Er hat den »Zustand« der Erlésung erreicht, das Nirvana, das sich aber der héchsten, unverhiillten Wirk- lichkeit nach von der Welt nicht unterscheidet. Die E1- kenntnis der Wirklichkeie als Leerheit bewirkt das véllige Unverhaftetsein und ist daher die Voraussetzung fiir rei- nes, wahrhaft heilbringendes Handeln. Wer dieses erlé- sende Ziel erreicht hat, bleibt als Heilsbringer fiir andere in der Welt. Der Sinn der Lehre von der Leerheit ist das Wirken derer, die sie erkannt haben, fiir die Befreiung der Gurch die Fesseln der Nichterkenntnis im Leid gebunde- nen Wesen. Um die Entwicklung der Argumentation im neunten Ka- pitel 2u verdeutlichen, habe ich Untertitel eingefiigt, die die Themen beschreiben und gleichzeitig eine Analyse des Kapitels darstellen. AuSerdem habe ich den Text durch erklirende Beiftigungen in Klammern erginzt. Wer sich in diesen Teil des Werks vertiefen will, wird die Hinweiseauf weitere Literatur hilfreich finden, Santideva, nach der Legende ein Kénigssohn aus Stidin- din, lebre in der ersten Halfte des acheen Jahrhunderts n.Chr. und wirkte als Ménch in einer der groSen Bil: dungsstitten Indiens, im Gro8kloster von Nalanda, siid- lich des heutigen Patna. Er ist Verfasser zweier erhaltener Werke, des Sitsisamuceaya [Sammlung der Regeine] und des Bodhicaryavatara, und vielleiche auch eines nicht- erhaltenen Surasamuccaya [»Sammlung der Lehrredene] Beide iiberlieferten Werke zeugen von seinem starken Interesse an der buddhistischen Lebensfithrung und der Ethik des Bodhisattva, Wahrend aber der Siksasamuceaya diese Praxis in wenigen Versen knapp zusammenfafte und vor allem durch die kommentariellen Erginzungen be- rhe ist, die eine Piille von Zitaten aus teilweise verloren- v7 Santideva, vermuilich mongolischer Blockdruck gegangenen Lehrtexten des Mahayane iberliefern, ist der Bodhicaryavatara nicht nur ein Lehrtext, sondern dar- liberhinaus ein Werk von hohem literarischem Rang. Bei aller Verbundeaheit mit den Begriffea, Themen und Bil- der seiner Tradition ist der oft beriihrend persdnliche Ausdruck des Dichters unverkennbar. Woh! darum hat sein Lehrgedicht sofort grofe Anerkennung gefunden, Es wurde viele Male kommentiert ~ allein zehn alte Kom- 18 mentare sind iiberliefert, wenn auch fase alle nur noch in tibetischer Ubersetzung ~, und es ist als Lebrtext in der tibetischen Tradition stindig in Gebrauch geblieben, Eini- ge der schinsten Verse~etwaaus dem Anfang des 2weiten Kapitels ~ sind in dic buddhistische Ritualliteratur ber- nommen worden und werden von den Tibetern bis auf den heutigen Tag rezitiers Ein zusammenfassender Uberblick ber Manuskripte, Ausgaben und Ubersetzungen der Werke Santidevas fin- det sich in A. Pezzali: Santideva, mystique bouddhiste des VIF et VIF sideles, Firenze 1968. Die erste Ausgabe des Sanskeit-Originals hat IP. Mi- nayeif, St. Péversbourg 1890, vorgelege, Grundlage jeder Arbeit am Bodhicaryavatara ist die Ausgabe zusammen mit dem Kommentar [Paiijika] des Prajiakaramati von Louis de La Vallée Poussin, Calcutta 1901 ~ 1914, Sie wurde von P.L. Vaidya, Darbhanga 1960, unter Ergin- zung der Verse, fir die der Kommentar in Sanskrit fehlte, neu herausgegeben. Zusammen mit der tibetischen Uber- setzung hat schlie@lich Vidhuselshara Bhattacharya, Cal- cutta 1960, den Text der Verse ediert. Da die Ausgabe von Vaidya alle Verse bietet, habe ich sie benutzt. Leider ist sie nicht ganz. ohne Fehler. Ich weiche daher gelegentlich stilischweigend, aber fir den Kenner des Originals dennoch leicht ersichtlich, von seinen Lesar- ten zugunsten der besseren in den alteren Ausgaben ab. Fir die Interpretation der Verse habe ich mich an die Erklarungen des Prajfakaramati [L1. Jh. n. Chr.] gehalten und, wo diese im Original niche erhalten sind, an die tibetische Uberserzungs gelegentlich — vor allem fiir das zehnte Kapitel —auch an den Kommentar des Vibhiitican- dra nach der Ausgabe von Peking. Da die tibetische Erklirungsliteratur sich auf die tibetische Ubersetzung der Verse stitzt, und diese vom Original oft abweicht, 19 habe ich sie nur fiir die Beobachtung der inhaltlichen Struktur herangezogen. Dabei war mir vor allem fiir dic ‘Analyse des neunten Kapitels der Kommentar des sGyal tshab Dar ma rin chen [1364 - 1432 n, Chr, niitzlich [Byai chub sems dpa’i spyod pa la ‘jug pa’i rnam bsad, rGyal sras “jug dogs, Varinast 1973] Die erste und einzige vollstindige deutsche Ubersetzung des Bodhicaryavatira hat Richard Schmidt verdffentlicht: Der Bintrit in den Wandel der Erleuchtung [Bodhicarya- vatira] von Santideva, Paderborn 1923. Sie ist lingst ver~ griffen. Leider ist sie durch einen Arbeitsvorgang belastet, der, von Schmidt selbst als »ungliickselige Idece [S. IX] bezeichner, sich aus Schwierigkeiten der Textbeschaffung, ergab: zunachst wurde die franzsische Ubersetzung von La Vallée Poussin ins Deutsche tibertragen und danach das, Original mit der Ubertragung verglichen. Auf diese Weise kam es 21 zahlreichen, oft sinastorenden Abweichungen ‘vom Original. Dariiberhinaus entstand Schmidts Uberset- zung in einer Zeit, in der dem Mahayana-Buddhismus in seiner durch das Madhyamaka vertretenen Form meist der unberechtigte Vorwurf gemacht wurde, es handle sich um en » Negativismuse [S. VIN], und man wirde auch den Widerspruch nicht iberschen kénnen, »der 2wischen der Lehre vom absoluten Nichts und der Aufstellung einer so tiefgriindigen Sietenlehre klafft und nur unzulinglich da- durch iiberbriicke wird, da man 2weierlei Wahrheie gel- ten lies [S. XI]. Gerade die wesentliche Grundlegung fiir die Ethik dieser Tradition war also noch unverstanden, und auch das hat die Ubersetzung beeinfluft. Dennoch hat Schmid eine ganze Reihe treffender Formulierungen gefunden, die 2u tbernehmen ich mich nicht gescheut habe. Die beiden franzsischen Uberserzungen sind die bisher besten. Louis de La Vallée Poussin hat mit seiner interpre- 20 tierenden, jeden Gedankengang voll erginzenden und sehr sinngerechten Ubersetzung [Introduction a la prati- que des futurs Bouddhas, Poeme de Cantideva, Paris 1907] den wichtigsten Beitrag zur philologischen Erschlie- Bung des Werks geleistet. Seiner inhaltlichen Deutung bin ich fast immer gefolgt. Fiir den Charakter und Stil der Ubersetzung jedoch hat mir besonders die Uberseraung von Louis Finot [La Marche & la Lumigre, Paris 1920] as, Vorbild gedient. Wie Finot habe ich versucht, die Knapp- heit des Ausdrucks beizubehalten. Nur wo es sich fiir das Verstindnis als notwendig erwies, habe ich Erléuterungen erginzt. Dabei habe ich solche Ergitzungen ohne Ent- sprechung im Original durch Klammern gekennzeichnet. Grundgedanke meiner Arbeit war, eine Ubersetzung vor- zaulegen, die den Stil und die Bildhaftigkeit des indischen Originals gerreu wiedergibt. Die sich wandelnde Diktion des Originals von kargen didaktischen Aussagen bis hin za begeisterten Strophen voll der Bilder und Ornamente indischer Poesie, die ibergangslosen Wechsel von newtra- Jen Aussagen, mahnenden Aufforderungen, lebendigen Wechselreden und perséinlichen Bekenntnissen ~ all das wollte ich nicht verlieren, denn darin wird meiner Auffas- suag nach die Wesensart Santidevas erst ersichtlich, Ich hoffe, daf diese Ubersetzung nicht nur eine Beschitftigung mit den Inbslten dieses Lehrgedichts bewirken wird, son- den auch dazu dienen kann, die Welt eines buddhisti- schen Mystikers des 8. Jahrhunderts 2u begrcifen. Wien, im Fanner 1981 Ernst Steinkellner 2 I Lob des Erleuchtungsdenkens Gegenstand und Zeveck 1, Nach ehrfuirchtiger Verneigung vor den Buddhas’ mit ihren geistigen Séhnen’ und dem Leib der Lehre und vor allen Lobwiirdigen will ich der Uberlieferung gema kurz beschreiben, wie man die Disziplin der Buddhasohne auinimmt. 2, Weil ich hier nichts Newes zu sagen habe und auch in der Komposition nicht geschickt bin, und mie daher gar nicht einbilde, da es anderen niitzt, habe ich dieses [Werk] vvorfae, um meinen eigenen Geist zu durchtrinken, 3. Dadurch verstirke sich zundichst bet mir die Kraft der [geistigen] Klarheit, die das Gute hervorbringt; sollte es dann auch ein anderer, Wesensgleicher betrachten, hat es auch daher einen Zweck. Bedeutung des Evlenchtnngsdenkens 4. Das tiberaus schwer zu erlangende Gliick der giinstigen Unnstinde [Rsana)’ fOrdert, wenn es erreiche ist, das Ziel der Menschen, Wenn man so einen Fall nicht als heilbrin- gend ansieht, wie sollte sich dieses Zusammentreffen je wieder einstellen? 5, Wie der Blitz in der Nacht, wenn Wolkenmassen sie verfinstem, fiir einen Augenblick erleuchtet, so kénnte die Welt durch die Hilfe der Buddhas einmal fiir einen Augenblick die heilsamen Werke erkennen, 2 | 6, Daher ist das Gute stets schwach, gro dagegen die Kraft des Basen und schrecklich, Welches andere Gute als das Denken an die vollstindige Erleuchtung kénnte sie ‘iberwinden? 7. Eben dies ist das Heilsame, das die groflen Weisen in ilwer viele Zeitalter langen Betracheung gefunden haben, weil das miihelos voll entwickelte Glick [der Buddha- schaft] die unermefliche Flut der Wesen [aus dem Ozean des Leidens] heraustreten lke. 8, Wer die hundertfachen Leiden des Daseins tiberwinden will, wer von den Wesen die Ubel fortuchmen und die vielhundertfachen Seligkeiten genieRen will, daef niemals das Erleuchtungsdenken (bodbicitta] aufgeben. 9. Der Elende, der an den Kreislauf des Daseins gefesselt ist, heifft augenblicklich ein Buddhasohn, sobald das Er- Jeuchtungsdenken in ihm entstanden ist und ist vereh- rungswiirdig in den Welten der Menschen und Gotter. 10. Wenn es das unreine Bildwerk [des Kérpers] ergeiffen hat, macht es dieses zum unschitzbaren Bildwerk eines Buddha-Juwels, Greife also ganz fest nach diesem durch und durch dringenden Heilselixier, das man »Erleuch- tungsdenken« nent! 11, Thr, die ihr umherzieht auf den Marktplitzen der Existenzen, greift ganz fest nach dem Juwel des Erleuch- tungsdenkens, das die unermeflich kiugen einzigen Ka- rawanenfiihrer der Welt fir tiberaus wertvoil geschitzt haben. 12, Jedes andere Gute stirbt ab wie der Bananenbaum, wenn es seine Frucht gerragen hat; der Baum des Esleuch- tungsdenkens aber tragt immer Frucht, stirbe nicht ab, ist wahrlich fruchtbar. 2B 13. Augenblicklich entkomme man in seinem Schutz, hat man auch schrecklichste Sinden begangen, wie man gro- Sen Gefahren im Schutz eines Helden entriant. Warum nehmen die unwissenden Wesen nicht bei ihm ihre Zu- flucht? 14, Augenblicklich verbrennt es vollstindig die grofen Sinden, gleich dem Feuer zur Endzeit der Zeitalter. Seine unermeBlichen Vorziige hat der weise Maitreyanatha dem Sudhana geschildert. Zwei Arten des Erleuchtungsdenkens 15, Dieses Erleuchtungsdenken ist kurz. als 2weifach an- ruschen: als die geistige Haltung des Vorsatzes [pranidbi] zur Erleuchtuag und als Streben [prasthana] nach der Exleucheung. 16, Wie man den Unterschied zwischen einem, der abrei sen will, und einem, der auf dem Wege ist, begreift, so sollen die Verstandigen den Unterschied zwischen diesen beiden [Aten des Erleuchtungsdenksens] entsprechend erkennen. 17. Die geistige Haltung des Vorsatzes zur Erleuchtung. rigr auch im Kreislauf [der Existenzen] groRe Frucht, aber nicht den ununterbrochenen Strom von Verdienst wie die Haltung des Strcbens. Lob des Erleuchtungsdenkens 18.19, Sobald einer dieses Denken unverwandren Geistes fiir die Erlésung der ganzen Wesenwelt aufnimmt, schwellen ihm, selbst in Schlaf und hiufiger Zerstreuung, dic ununterbrachenen Stréme des Verdienstes ithergleich m4 20, Das hat der Buddha selost zum Heile derer, die dem Kleinen [Fahrzeug] ergeben sind, in der »Brage des Subi- hhu« dargelegt und begriindet. 21-22. Unermeflliches Verdienst wird dem Wohlmeinen- den zutcil, der denkt »Ich will die Kopfschmerzen der Wesen beseitigen«, um wieviel mehr dem, der jeden ein- zelnen vom beispiellosen Schmerz befreien und jedem cinzelnen Wesen unermeliche Vorziige verschaffen will 23. Wessen Mutter und wessen Vater wird wobl ein solches Heilsverlangen haben? Und welche Gottheit, wel- cher Seher, welcher Brahmane? 24. Niemals, selbst im Traum nicht, haben diese Wesen auch zu eigenem Woble cin solehes Verlangen gehabt. ‘Warum sollte es ihnen zum Wohle anderer erwachsen? 25, Wie entsteht dieses einzigartige, unvergleichliche We- sensjuwel, das ein Verlangen nach dem Wohle anderer hat, wie es bei anderen nicht cinmal zum eigenen Woble sufkomme? 26, Wie soll man das Verdieast dieses Gedankenjuwels ermessen, das der Same der Freuden der Welt und das Heilkraut fir ihe Leiden ist? 27. Der blo8e Wunsch nach dem Heil faller Wesen] ist verdienstvoller als die Verehrung der Buddhas, um wieviel mebr die Bemiihung um das vollkommene Gliick aller Wesen. 28. Die den Leiden entflichen wollen, eilen blo® auf das Leiden zu, Schon durch den Wunsch nach Glick zerst- ren sie, Feinden gleich, triche ihr Gliick. 25 29.-30. Woher sollte ein Guter kommen, der gleich ihm den nach Glick gierenden, vielfach gequilten Wesen Sit- tigung an jedem Gliick verschafft und alle Schmerzen lindert, ja die Verblendung beseitigt? Woher ein solcher Freund? Woher ein solches Verdienst? 31. Man lobt schon den, der einen Dienst mit einem anderen vergilt, was aber soll man von dem Bodhisattva sagen, der gut ist ohne Antrieb? 32.33. Die Menschen verehren einen, der wenigen Leu- ten ein Liebesmahl bietet, als einen, der Gutes tut, weil er demiitigend fiir einen Augenblick ein schlechtes Mabl blo hingegeben und ihnen fiir cinen halben Tag das Leben verlingert hat. Um wieviel mehr [ist den zu vereh- ren angemessen] der einer grenzenlosen Zahl von Wesen far unbegrenzre Zeit bis zum Ende der thergleich [unendlichen] Wesen unauthrliche Erfillung aller Win sche gewahrt? 34. Und wer gegen einen solchen Gastgeber, einen Soha des Buddha, in seinem Herzen Boses plant, der wird fir soviele Zeitalter wie es{der Zahl der Momente des] Entste~ hons des bésen Gedankens entspricht, in dea Héllen bleiben. So hat der Herr gesagt. 35. Wessen Sinn ihm dann aber gliubig geneigt ist, dem diirfte eine Frucht erwachsen, die groRer ist als die [frithe- re Frucht des Bésen], denn Bases gegen die Buddhasshne ist nur unter groBer Anstrengung méglich, mihelos dage~ gen das Gute, 36. Ihre Kérper verchre ich, in denen dieses beste Gedan- kenjuwel entstanden ist, die 2u krinken selbst Glick zar Folge hat. Zu diesen Fundgruben des Gliicks nehme ich meine Zulluche. 26 II Siindenbekenntnis Bodbisattvaritual: 1. Lobpreisung 1, Um dieses Gedankenjuwel zu erlangen, verehre ich in der richtigen Weise die Buddhas, das makellose Juwel der wahren Lehre und die Buddhasdhne, die Ozeane an Vor- aigen 2. Opferung 2-6, Alle Blumen und Friichte und Kréucerarten und alle laren und bezaubernden Edelsteine und Gewisser, die es gibt auf der Welt, die Berge aus Edelstein, die der unter- scheidenden Erkenntnis ginstigen Waldplatze, die durch ihren Schmuck von schénen Bliten leuchtenden Lianen, vad die Biume, deren Aste durch herrliche Friichte ge beugt sind, und die Wohlgeriiche und Diifte in den Welten, der Gétzer und anderer, die Wunschbaume und die Baume aus Edelstein, die lotusgeschmiickten Teiche, tberaus bezaubernd durch das Lied ihrer Wildginse, die wilden Pflanzen und die angebauten Pflanzen und den garzen anderen Schmuck fir die zu Verchrenden, den dic Weite des Athers wmfa8t, und all das, was niemandem gehért, umfasse ich im Geiste und opfere sie den Kanigsweisen mit ihren Sohnen. Mégen sie es annehmen, sie, denen die besten Opfergaben gebiihren und die in ihrem Groen Mitleid! mie mir barmher2ig sind! 7. Ohne Verdienste bin ich sehr arm; anderes habe ich niche fir das Opfer. Magen es daher die Herren, die [stets} an das Wohi der anderen denken, kraft ihrer Fahigkeit zu. meinem Wohl annehmen! 2” 8, Ich gebe mich den Siegern [iiber das Leid) und ihren Sohnen ganz und gar hin, Nehme Besitz von mir, ihr erhabenen Wesen! Aus liebender Hingabe [bhakti] werde ich Euer Diener (dasa). 9. Von Euch in Besitz genommen bin ich im Dasein ohne Furcht. Zum Heile der Wesen bin ich titig. Das Base von, fridher lasse ich hinter mir und anderes Bases wirke ich nicht mehr. 10-11. In wohlriechenden Badehiusern, die mit von Edelsteinen leuchtenden Saulen bezaubern, mit strahlen- den perlenbesetzten Baldachinen und mit Futbéden von laren und leuchtenden Keistallen, bereite ich den Budd- has und ihren Séhnen mit vielen Edelsteinkriigen voll angenehmer Geriiche, Wasser und Bliiten ein Bad mit Liedern und Instrumenten, 12. Und mit duftenden, makellosen und unvergl lichen ‘Tiichern reibe ich ihren Kérper ab, Dann reiche ich thnen auserlesene, schingefirbte und wohlparfiimierte Ge- wander. 13. Mit himmlischen, weichen, feinen, bunt ghinzenden Gewiindern und mit auserlesenem Schmuck ziere ich Sa- mantabhadra, Ajita, Mafijughosa, Lokesvara und die an- deren [Bodhisattvas]. 14, Mit den besten Parfiims, deren Duft sich in alle dreitausend {Welten) ausbreitet, salbe ich die Kérper aller KGnigsweisen, die funkeln wie wohlgelaucertes, wohlpo- liertes und wohlgewaschenes Gold. 28 aii i Der Bodhisattva Samantabbadva [oder vollsindig Glitck- licheo] 15. Mit allen wohlduftenden, entziickenden Bliiten wie denen des Korallenbaums, des Blaulotus und des Jasmin verehre ich die verehrungswiisdigen Kénigsweisen und mit herzerfrcuend gewundenen Krinzen. 16, Ich riuchere sie mit Wolken von Rauch, bertickend mit ihrem schweren, durchdringenden Duft. Und mit vielerlei weichen und festen Speisen und mit Getrinken bringe ich ihnen ein Opfer dar. 29 17, Lampen aus Edelsteinen bringe ich ihnen dar, die in Goldlotussen aneinandergereiht sind, und auf die parfiim- besprengten Fliesen streue ich mancherlei entatickende Blumen. 18. Ich opfere diesen Liebeswesen zahllose leuchtende Luftpaliste, die mit hangenden Perlengirlanden verziert und von lieblichen Lobgesingen erfillt die Himmelsrich- tungen schmiicken. 19. Ich iiberreiche den groSen Weisen prachtvolle hohe perlenbesetzte Edelsteinsonnenschirme mit eleganten gol- denen Stdcken. 20. Mégen sich fortan die herzerfreuenden Wolken des Opfers erheben und die alle Wesen begliickenden Wolken der Musik und der Chire! 21, Und mége auf alle [uwelen der wahren Lehre, auf die Schreine und auf die Bildwerke ein Regen von Bliiten und Edelsteinen und anderen (Kostharkeiten] fallen! 22. Wie Maiijughosa und die anderen [Bodhisatevas] die Sieger verehren, so verehre auch ich die beschiitzenden Buddhas mit ihren Séhnen. 23, Ich preise diese Ozeane vou Tugenden in Hymnen mit Meeren von Tonfolgen. Mogen sich die unzibligen Lobeschdre in meinem Sinne erheben! 24. So viele Atome es gibr in allen [Buddha-]Erdent, so oft -werfe ich mich nieder vor den Buddhas aller drei Zeiten, vor der Lehre und vor den Besten der Gemeinde. 25. Alle Schreine griife ich und alle Aufenthaltsorte des Bodhisactva.‘Tch verneige mich vor den verehrungswiirdi- gen Lehrer und Asketen. 30 a i cai oa aaa 3. Zufluchenahme 26. Ich nehme Zuflucht zum Buddha bis ich das Wesen der Erleuchtang [erlangs habe) Ich nehme Zufluch 2ur Lehre und zur Schar der Bodhisattvas. 4, Siindenbekenntnis 27. Den vollstindig Erleuchteten in allen Regionen und den vom Groen Mitleid’erfillten Bodhisattvas verkiinde ich mit gefalteten Handen: 28-29, Alle Siinden, die ich blindes Vieh im anfanglosen Kreislauf oder hier in diesem Leben begangen oder nur veranla8t habe, alle, die ich aus Verblendung zu meinem eigenen Schaden gutgeheiBen habe, diese Verbrechen be~ kenne ich nun von Reve gequilt 30-31. Alle Vergehen, die ich in Handeln, Reden und Denken aus Niedertracht gegen die drci Juwelen’, gegen Vater und Mutter oder andere wirdige Personen began- ‘gen habe, die schrecklichen Stinden, ihr Fuhrer, die ich, durch viele Laster verdorbener Sinder, begangen habe, all das bekenae ich. 33.5 Wie dem enskommen? Beschiitzt mich schnell! Da doch ein rascher Tod mich nicht ereile, bevor meine Siinden getilgt sind! 34, Der Tod fragt nicht danach, was wir getan haben oder nicht getan, und vernichtet uns durch unsere Vertrauens- seligkeit. Starke wie Kranke kénnen ihm nicht trauen, dem unvermateten Blicaschlag. 35, Fiir Angenehmes und Unangenehmes habe ich vielfach gestindige. Das habe ich nicht erkannt, daf ich alles aufge~ ben und forrgehen mu 31 36. Die mir unlieb sind, werden nicht mehr sein; der mir lieb ist, wird nicht mehr sein; ich selbst werde nicht mehr sein; nichts wird mehr sein. 37, Alles, was ich erfahre, wird zur Erinnerungs alles wird ‘wie im Traume gesehen vergangen sein und nicht wieder geschen werden. 38. Wahrend ich in dieser Welt weilte, sind zahlreiche Freunde und Feinde dahingegangen, die Sinden aber, die +h um ibrecwillen begangen habe, stehen schrecklich vor mir. 39. Daf ich wie sie ein Durchreisender bin, habe ich nicht erkanne, Aus Verblendung, aus Neigung und Ha habe ich vielfach gesiindigt. 40, Tag und Nache nimmt das Leben ohne Unterlat ab und kein Gewinn stellt sich ein. Warum sollte ich etwa niche sterben? 41. Zwwar liege ich hier auf dem Bett, und meine Verwand- ten umgeben mich, all die Schmerzen aber, die in mein Innerstes schneiden, mul ich ganz alleine ertragen. 42. Wo finder sich ein Verwandter, wo ein Freund, wenn man von Yamas' Boten gepackt ist? Verdienst allein ist dann Reteung, und das habe ich nicht gepflegt. 43. Aus Hingabe an das unstete Leben habe ich, ohne diese Gefahr zu erkennen, im Rausch viele Sinden aufgehiuft, ihr Herren. 44, Selbst dem, den man heute hinfilirt, um ihm ein Glied abzuhauen, vertrocknet der Leib, er diitstet, et sicht erbairmlich aus, die Welt sieht er verkehirt 32 45-46, Wie wird es erst mir ergehen, wenn mich die grausigen Boten des Yama gegriffen haben, wenn ich von Entsetzen und Fieber verschlungen, vom Ausflu eines, Kotes besudelt bin, und wenn ich mit angstvollen Blicken iiberall Rereung suche? Welcher Gute wird mich aus dieser grofien Gefahr erretten? 47, Wenn ich die Welt obne Rettung gefunden habe und wieder in Verwirrung verfallen bin, was will ch dann tun an diesem Ort groffen Schreckens? 48. Heute noch nehme ich Zuflucht zu den michtigen Herren der Welt, die sich bemiihen die Welt zu retten und alle Furcht nehmen, die Sieger. 49. Und aur Lehre, die sic erkannt haben, und die dic Schrecken des Kreislaufs beendet, nehme ich Zuflucht von ganzem Herzen, und zur Bodhisattvaschar. 50. Vor Angst auifer mir gebe ich mich hin dem Samanta~ bhadra, und auch dem Maijughosa gebe ich von selbst mich hin. 51. Nach Avalokita,* dem Heren von mitleiderfilltem ‘Wesen, heule ich angstvoll den Schmerzensschrei, Moge er mich Stindigen schiitzen! 52. Die Rettung suchend heule ich nach dem edien Aka- sagarbha und nach Ksitigarbha von ganzem Herzen, und nach allen [anderen], die von GroBem Mitleid sind, 53. Ich verneige mich vor dem Triiger des Vajra,* bei dessen Anblick die Bésen, die Boten des Yama und ande- re, entsetzt in die vier Himmelsrichtungen fliehen 3B genes] 54, Eure Gebote habe ich iibertreten; jetzt sehe ich die Gefahr und nchme angstvoll Zaflucht 2u Euch. Macht der Gefahr ein Endet 55,56. Selbst in der Angst vor einer voriibergehenden Krankheit wird man das Wort des Arztes nicht iibertreten, tum wieviel weniger, wenn einen die vierhundertundvier Krankheiten gepackt haben, von denen eine einzige ge- niigt, daf alle Menschen in Jambudvipa® zugrandegehen, 34 gence) und gegen die sich in allen Himmelsrichtungen kein Heil- mittel findet, 57. Das Wort des allwissenden, alle Schmerzen beheben- den Arztes dazu tbertrete ich. Schmach tiber mich in meiner abgriindigen Verblendung! 58, Auch an anderen Abgriinden stehe ich mit tibergroBer Vorsicht, um wieviel mehr an jenem lange wihrenden Abgrund von Tausenden von Meilen. 35 59. Heute wird der Tod schon nicht kommen! Dieses Behagen kommt mir niche zu. Notwendig wird die Stunde nahen, da ich nicht mehr sein werde. 60, Wer hat mir gegeben furchtlos zu sein, oder wie werde ich entrinnen? Notwendig werde ich nicht mehr sei ‘Warum bleibr mein Geise ruhig? 61, Welcher Gehalt ist mir verblieben von dem, was ich friher genossen und was [nun] vergangen ist, dem ich so gugetan war, da ich das Wort der Meister mifachtet habe? 62. Diese Welt der Lebenden, die Verwandten und die Freunde werde ich verlassen und allein irgendwohin ge- hhen, Was niitzen mir (dann) alle die Freunde und Feinde? 63. Dieser Gedanke allein steht mir dann Tag und Nacht 2u: Aus der Siinde folgt notwendig Leiden. Wie kann ich ihr entrinnen? 64,~65. Alle Siinden, die ich verblendeter Narr angehiiufe babe, alles der Natur nach AnstSige und den Regeln nach AnstoSige, all das bekenne ich vor den Herren und werfe mich dabei mit gefalteten FRinden voll Angst vor dem Leiden wieder und wieder 2u ihren FiiBen. 66. Mégen die Plihrer meine Verfehlung wie sic ist erken- nen! Sie ist verwerflich, ihr Herren. Ich will sie niche wieder begehen. 36 Ill Aufnahme des Erleuchtungs- denkens 5, Freudige Zustimmung zum Guten 1. An dem Guten finde ich mit Freuden Gefallen, das von all den Wesen vollbracht wird und durch das die Leiden der schlechten Schicksale zu Ende kommen. Magen doch die Bedriickten glicklich sein! 2, An der Erlésung der Geschipfe aus dem Leid des Kreislaufs finde ich Gefallen. Ich finde Gefallen an der Bodhisattvanatur und der Buddhanatur der Erretter. 3. Ich finde Gefallen daran, da® die Lehrmeister wie Ozeane [tief und stetig) den [Erleuchtungs-|Gedanken hervorbringen und damit das Gliick aller Wesen herbei- fiihren and allen Wesen das Heil verleihen, 6. Bitte um Belehrung 4, Mit gefalteten Handen flehe ich die vollendeten Bud- has in allen Weltgegenden an: Mgen sie fir die aus Verblendung in das Leid Gestirzten die Lampe der Lehre cencziinden! 7. Bitte um Verweilen 5. Mit gefalteten Hainden bitte ich die Sieger, die fendgiil- tig] zu erlaschen wiinschen: Mogen sie endlose Zeicalter verweilen! Mage diese Welt nicht blind sein! 7 8. Opferung des Verdienstes 6, Durch das Gute, das ich durch solches Tun erlange habe, mége ich fihig sein, alle Leiden aller Wesen 70 siillen. 7. Bin Heilkeaue fiir die Kranken mége ich sein, und ein ‘Arat mége ich sein und ein Pfleger far sie, bis die Krank- heit nicht wiederkehrt. 8. Durch Schauer von Speise und Trank mége ich die Qual des Hungers und Durstes lschen, Moge ich wahrend der Hungerperioden der klcinen Zeitalter Trank und Speise sein, 9. Mige ich den bediirftigen Wesen ein unerschépflicher Schatz scin, Mége ich ihnen in mannigfachen Arten der Unterstiitzung beistehen. Selbsthingabe 10. Alle meine Existenzen und Giiter, das Gute, das ich auf allen drei Wegen erworben habe, gebe ich ohne Beden- ken hin, um das Heil aller Wesen zu verwirklichen. 11. Das Erléschen [nirvana] ist das Aufgeben von allem: und mein Geist strebt nach dem Erlschen. Wenn ich alles aulgeben soll, ist es besser, es den Wesen hinzugeben. 12-13, Allen Lebewesen habe ich diesen Kérper nach ibrem Belicben tberlassen. Mogen sie mich immerdar schlagen, mégen sie mich schmhen, mit Staub bedecken, mgen sie spielen mit meinem Leib, ihn verlachen, ver- spoten. Tc habe ihnen den Leb abergeben, was ii ert es mich? 38 14. Magen sie mich Werke vollbringen lassen, die ihnen ‘Vergniigen bringen; mége [aber] nicmals einem, der sich mir befaBt, ein Schaden entstehen. 15. Mogen die, die zornig oder unzufrieden mit mir sind, allezeit gerade dadurch die Erreichung aller Ziele finden. 16. Die mich verleumden und die mir schaden, die mich verspotien, mégen sie alle die Exleuchtang erlangen, 17.-18, Mége ich den Schutzlosen ein Beschiitzer sein, ein Fithrer den Reisenden, denen, die zum anderen Ufer wollen, ein Boot, ein Damm, eine Briicke, cine Lampe fiir die, die eine Lampe brauchen, ein Bett fiir die, die ein Bett brauchen, ein Diener firralle Lebewesen, die einen Diener brauchen. 19. Mage ich den Lebewesen ein Wunschjuwel sein, ein Gliickskrug, eine Zauberformel, ein Wunderheilkraut, ein Wunschbaum und eine Wunschkuh. 20.21. Wie die Erde und die anderen Elemente in vielfa> cher Weise den unermefilich vielen Wesen von Nutzen sind, dic den endlosen Ather bevlkern, so mdge auch ich in vielfacher Weise allen Wesen niitzen, die der Ather birgt, solange noch nicht alle erlést sind. Hervorbringung des Evleuchtungsdenkens 22-23. Wie die friheren Buddhas das Frleuchtungsden- ken [bodbicitta] erla: haben, [und] wie sie in der Praxis eines Bodhisattva fortschreitend fest geblieben sind, so will ich zum Heile der Welt das Erleuchtungsdenken hervorbringen, und gerade so will ich diese Praktiken der Reihe nach tiben. 39 Preis der Hervorbringung 24, Wenn so der Weise freudig das Erleuchtungsdenken aufgenommen hat, mige er nun folgendermafen dieses Denken begeistern, um es fiir die Zukunft zu néhren: 25, Nun trige meine Geburt Frucht, habe ich gliiclich die ‘menschliche Existenz erlange. Nun bin ich in die Familie der Buddhas geboren. Nun bin ich ein Buddhasobn. 26, Jetat mut ich mich wie Leute, die der Sitte ihrer Familie gemaf handeln, so verhalten, daf dieser makello- ssen [Buddha-]Familic keine Schande entstebt. 27, Wie ein Blinder in Unrathaufen eine Perle finden duirfe, ist mir, ich wei8 nicht wie, dieses Erleuchtungs- denken aufgegangen 28. ~ dies Elixier, das entstanden ist, um den Tod der ‘Wesen zu vernichten, dieser unerschopfliche Schatz, der die Diirftigheit der Wesen bescitige, 29.~ dies beste Heilmittel, das die Krankheiten der Wesen hilt, der Baum, der die von den Irrfahrten auf den Wegen des Daseins ermatteten Wesen ausruhen lakt, 30, die Briicke, offen fiir alle Reisenden, um die schlech- ten Existenzen zu tiberschreiten, der Mond des Denkens, aufgegangen um die Leidenschaften der Wesen zur Ruhe ‘zu bringen, 341.~ die grofe Sonne, die das Dunkel des Nichtwissens in der Welt vertreibt, die frische Butter, die durch das Schla~ gen der Milch der wahren Lehre entstanden ist. 40 32. Dieses Mahl des Gliicks, das alle herbeigekommenen Wesen zufriedenstellt, ist nun bereitet fiir dic auf den ‘Wegen des Dascins zichende Karswane der Wesen, die rach dem Gliicksgenu® hungert. 33. Wahrlich, vor allen Beschiitzern sind heute die Wesen vvon mir zum Buddhatum eingeladen, und bis (2u seiner Erlangung] 2u [irdischem] Ghick. Mégen die Gétter, die Asuras und die anderen [Wesen] sich freuen! 41 IV Wachsame Sorge um das Er- Jeuchtungsdenken Verantwortung des Bodhisattva 1. Hat so ein Sohn der Sieger das Erleuchtungsdenken sicher erfage, mage er sich stets und unermiidlich bemii- hen, von der Regel [der Bodhisattvas] nicht abzuweichen. 2, Was hastig unternommen, was nicht richtig geprift wurde, er wird tiberlegen, ob er es ausfiihrt oder nicht, selbst wenn er es versprochen hat, 3. Was aber von den Buddhas und ihren Sohnen von groBer Einsicht gepriift wurde und auch von mir selbst nach meinem Vermagen, warum schiebe ich das auf? 4. Und wiirde ich nach so einem Versprechen es nicht durch die Tat verwirklichen, hatte ich sie alle betrogen. Was fiir cin Los wird mir dann wohl zuteil? 5, »Wer niche [in Wirklichkeit] gibt, obwobl er mit dem Verstande [zu geben] gedacht hat, der wird cin Gespenst«, heift es, auch wenn es sich blo8 um cine Kleinigkeit handelt. 6, Was fir cin viel schlimmeres Los wird mir wohl zuteil, wenn ich aus ganzem Herzen laut das hichste Gliick verkiindet und dann die ganze Welt betrogen habe? 7, Der Allwissende allein kennt jenen unvorstellbaren Lauf det Werke, der die Menschen befreit, auch wenn sie das Erleuchtungsdenken aufgegeben haben. 2 8. Daher wiegt jedes Versagen des Bodhisattva besonders schwer, denn wenn er versagt, zerstirt er das Heil aller Wesen. 9, Selbst wenn ein anderer auch nur fiir einen Augenblick das Verdiensewerk des [Bothisateva] behindert, werden seine schlechten Schicksale endlos sein, schadet er doch dem Heile der Wesen. 40. Denn wenn man dem Heil eines einzigen Wesens schadet, geht man zugrundes wie crst [wenn es sich um das Heil] der Wesen [handelt], die im ganzen, endlosen Ather leben? 11, Und so treibe [der Bodhisattva] durch die Kraft der Verfehlungen und durch die Kraft des Erleuchtungsden- kens im Kreislauf hin und her und schiebt seine Ankunft auf den [Bodhisattva-]Erden” hinaus. 12, Daher mut ich sorgfiltig wn, wie ich versprochen habe. Wenn ich mich heute nicht anstrenge, werde ich [bald] tiefer und tiefer gefallen sein Wert des Lebens 13. Zahllose Buddhas auf der Suche nach jeglichem Wesen. [um es 7u retten] sind voriibergegangen; durch meine igene Schuld hat sich ihre Heilkunst nicht auf mich gerichtet. 14, Wenn ich auch heute so bleibe wie ich wieder und wieder gewesen bin, werde ich wobl in die schlechten Schicksale geraten, krank werden und sterben, verstiim- melt, zerrissen werden und anderes. a 15. Wann werde ich [dann wieder] erlangen, was kaum zu erlangen ist: das Auftreten eines Buddha, den Glauben, das Menschsein und die Fihigkeit immer wieder Gutes zu tun? 16, Gesundheit und der Tag mit geniigend Nahrung und ohne Plage, der Augenblick des Lebens, sie sind triige- tisch, der Kérper gleich einer geborgten Sache, 17, Das Menschsein werde ich sicher nicht wieder erlan- gen, wenn ich mich derartig vechalte. Wenn man [aber] das Menschsein nicht erlangt, tiffe einen nur Béses. Wo- her sollte das Gute kommen? 18. Wenn ich nicht Gutes tue, obwohl ich zum Guten fahig bin, wie will ich es dann tun, wenn ich durch die Leiden in schlechten Existenzen verstrt bin? 19. Und wenn ich Gutes nicht tue, das Bése aber vermeh- re, dann ist fir hundert Millionen von Zeitaltern selbst das Wort »gutes Schicksal« [fiir mich) ausgeldsche. 20. Daher hat der Erhabene gesage: Das Menschsein zu erlangen ist so iiberaus schwierig, wie es fir eine (blinde] Schildkrdte [schwierig ist], ihren Hals durch die Offnang eines Joches zu stecken, das im Ozean [umhertreibt], 21, Durch eine in einem einzigen Augenblick begangene Siinde weile ciner fiir ein Weltzeitalter in der untersten Hille; wie kénnte vom guten Schicksal noch die Rede sein, wenn man die Sinden seit anfanglosen Zeiten ange- hiuft hat? 22. Und er wird auch niche frei, wenn er bloR diese [eine Siinde] gebii8t hat, denn durch sie entsteht, noch wabrend er sie bik, eine neue Siinde, “4 23. Es gibt keinen groSeren Betrug, es gibt keine griifere Verblendung, wean ich eine solche giinstige Gelegenheit erreicht habe und nicht immerfort Gutes tue. 24, Und wenn ich mach solchen Gedanken weiter in meiner Verblendung verharre, werde ich wieder mich quilen fiir lange Zeit, von den Boten des Yama gehetzt. 25. Lange wird das unertrigliche Feuer der Héllen meinen Korper brennen, lange wird das Feuer der Reue mein unentschiedenes Denken brennen. 26, Die diberaus schwer zu erreichende Stufe des Heils hhabe ich ~ ich weif niche wie ~erlangt, und, obwohl ich es {nua} weil, werde ich wieder in dieselben Hillen gefihre. Zerstorung der Laster 27. Ich wei nicht, was ich davon halten soll. Wie von Zauberspriichen verblendet wei® ich nicht, wer mich blind macht, wer hier in mir steckt. 28, Die Feinde, Gier und Ha, haben weder Hinde noch FiiBe, sind weder heldenstark noch klug. Wie haben sie mich versklaven kénnen? 29, In mein Denken sind sie eingedrungen und bekiimpfen mich aus sicherer Stellung, und ich ziime ihnen nicht einmal. Schmach tiber diese unangebrachte Duldsamkeit! 30.-31, Selbst wenn alle Gétter und Menschen meine Feinde waren, kénnten sie doch nicht das Feuer der untersten Hille zustandebringen, durch dessen Beriih- rung vom [Weltberge] Meru selbst nicht einmal mehr ‘Asche 2u finden ware. Da hinein stofen mich augenblick- lich die méichtigen Peinde, die Laster. 6 32. Denn das Leben aller anderen Feinde ist nicht so lang wie das anfanglose und endlose, tiberaus lange Leben meiner Feinde, der Laster. 33. Alle [anderen Feinde) dienen dem Heil, behandelt man sie nach Gebiihr. Wenn man aber diese Laster pflegt, werden sie noch viel quillender. 34, Wenn solche unablissigen, lang[-lebigen] Feinde, die tinzige Ursache fiir den Laut des Unghicksstromes, in meinem Herzen wohnen, wie kénnte ich mich da ohne Angste am Dasein erfreuen? 35. Wenn diese Wachter im Kerker des Lebens und Hen- ker der Verdammten in den Hollen im Hause meines Geistes, dem Kifig der Gier, sich finden, wie kénnte ich da gliicklich werden? 36. Solange daher diese Feinde nicht offenkundig vernich- tet sind, werde ich das Joch [der Aufmerksamkeit und Bemiihung} nicht niederlegen, Stolze [Menschen], dic einem Beleidiger ziimen, sei er auch gering, finden keinen Schlaf, bevor sie ihn nicht vernichtet haben. 37.Rasend in vorderster Schlacht, mit Gewalt die Elenden zu tren, die unselig sind, von Natur aus zum Sterben bestimmt, zihlen sie nicht die Schmerzen der Schlige von Pfeilen und Speeren und wenden sich nicht zuriick, ohne ihr Ziel erreicht zu haben, 38. Warum sollte gerade ich nun, selbst wegen huaderter Leiden verzweifelt und elend sein, der ich mich erhoben habe, die natitlichen Feinde, die standigen Ursachen allen Leidens zu vernichten? 46 39. Grunglos tragen jene die vom Feinde geschlagenen ‘Wunden wie Schmuck an ihren Gliedern. Ich aber habe begonnen, das groe Ziel [der Erldsung aller Wesen] 2u verwirklichen; wie konnten die Leiden mich daran hin- dem? 40. Die Fischer, die Parias, die Bauern und andere ertra- gen, allein auf den eigenen Uncerhale bedacht, alle Miihsal wie Kilte und Hitze. Warum soll ich sie nicht zum Heile der Welt ertragen? 41. Die Wesen von den Lastern zu befreien, die der Acher in den zehn Richeungea birgt, habe ich mich verpflichtet, obwohl ich selbst nicht von den Lastern frei bin. 42, Ohne mein Ma8 zu kennen, rede ich also wie ein Verriickter. Daher will ich immer und unablissig die Vernichtung der Laster betreiben 43, Daran will ich mich klammern, und voll Feindschaft will ich alle bekriegen, ausgenommen das eine Laster, das die Vernichtung der Laster bringt. 44, Sollen ruhig meine Eingeweide hervorquellen, soll doch mein Kopf fallen! Meinen Feinden, den Lastern aber -werde ich niemals mich beugen 45. Bin Feind, selbst wenn er vertrieben ist, kénnte in einem anderen Lande Asyl finden und von dore mit ge- sammelten Kriften wieder einfallen; der Feind Laster aber hat keinen solchen Weg 46. Wohin kénnte er gehen, der in meinem Denken sitzt, swenn er verjagt ist? Wo kinnte er sich aufhalten und an meinem Verderben arbciten? Allein ~ ich strenge mich a7 nicht an, weil mein Geist schwach ists doch die elenden Laster sind [nur] durch die Schau der Einsicht [praj besiegbar. 47. Die Laster sind nicht in den Sinnesobjekten und niche in der Schar der Organe, auch nicht dazwischen, noch anderswo. Wo also sind sie und erschiitvern die ganze ‘Welt? Es ist blof ein Zaubertrug. Daher mache dich frei, mein Herz, von Furcht! Bemiihe dich um die Einsiche! ‘Warum quilst du dich ganz ohne Grund in den Héllen? 48, So halte ich es fest und werde mich bemiihen, die [Bodhisattva-JRegel, sgelehrt worden ist, zu befol- gen. Wie kann ciner, der durch Heilmittel geheilt werden kann, gesunden, wenn er von der Vorschrife des Arztes abweicht? 48 V Behiitung der BewuStheit Hitung des Denkens 1. Wer die Regel [eines Bodhisattva} beachten will, mu sorgsam. sein Denken hiiten. Wer das fliichtige Denken nicht hiitet, kann die Regel nicht beachten. 2. Ungezithmte Blefanten in der Brunst richten hier nicht das Unheil an, das der entfesselte Elefant Denken in der untersten und den anderen Héllen anrichtet. 3. Wenn der Elefant Denken mit der Fessel Wachsamkeit [smnrti} vallig gebunden ist, dann istalle Gefahr geschwun- den und alles Gute nahe. 4.5. Tiger, Lowen, Blefanten, Biren, Schlangen und alle Feinde, alle Hollenwichter, Dakini-Hexen und Raksasa- Damonen, alle sind sie gebunden, wenn nur das Denken gebunden ist, Wenn nur das Denken gezhmt is, sind alle gezihmt 6 Denn alle Gefabren und die unermefilichen Leiden gehen allein aus dem Denken hervor. So hat es der Ver- kiinder der Wahrheit erklart. 7. Wer hat die Waffen in der Hille sorgsam gefertigt, wer den glithenden Fisenboden? Und woher stammen jene [die Ehebrecher peinigenden] Weiber? 8. Daf all das aus dem stindigen Denken entstanden ist, hat der Weise gelehrt. Deshalb istin der Dreiwelt nichts so farchterregend wie das Denken. 49 9, Wenn die Vollkommenheit der Hingabe {danapira- iti] darin besteht, die Diirfigkeit von der Welt genom- ‘men 2u haben, danin hat sie den friiheren Errettern gefehle adie Welt ist ja heute noch dirftig 10. Den Gedanken, was man besitzt allen Wesen hinzuge- ten same der Frucht (dieser Hingabe}, nennt man die ‘Vollkommenheit der Hingabe. Sie ist also nichts als Denken, 11. Wohin soll ich etwa die Fische bringen, damitich nicht schuldig werde an ihrem Tode? Wenn aber der Gedanke des Verzichts gefattt ist, ist das die Vollkommenheit der Sittlichkeit [silaparamita]. 12, Wieviele Bése, [deren Zahl] ithergleich [endlos ist}, Kinnte ich téten? Wenn aber das zomnige Denken getéitet ist, sind alle Feinde gevdter. 43, Wo kénnte man Leder finden, die ganze Erde zu bedecken? Mit dem Leder einer Sandale allein ist die Erde bedeckt, 14, Ich kann ja in dieser Weise die auferen Dinge nicht meistern. Mein Denken aber kénnte ich meistern; was geht es mich dann an, ob die anderen [Dinge] gemeistert sind. 15, Selbst zusammen mit Rede und Kérper hat ein triiges Denken niche die Frucht, die ein scharfes ganz allein hat: die Brahmaschaie* und anderes. 16. Gebete und alle Askese sind sinnlos, auch wenn sie fiir lange Zeit getibe wurden, wenn triges Denken sich auf anderes [richtet]. Das hat der Allwissende erklart. 50 17. Vergeblich irren jene das Leid zu vernichten, das Glick finden im Wekrum uoher, dich ds subrile enken in der Betrachtung getibt haben, das [der Gr far die Geambci det Gegbenheien ie Wachsamkeit und Bewufitheit 18, Deshalb mu8 das [durch Wachsambeit] gelenkte Den- ken von mit [durch Bewthei] wohl ehice werden. a5 niitzen mir die vielen fanderen] Ub ine die ‘Ubung der Hittung des Dike 49, Wie man in uarubiger Menge sorgiam seine Wonde hiitet, so mége man auch unter Siindern stets die Wund des Denkens hiiten. fee 20, Aus Angst vor dem bifichen Wundschmers hiite ich meine Wunde voll Sore; waram rich [auc] die Wande les Denkens, aus Angst, von den B ata Hie venaine a endanger der Samah 21. Denn wenn der Asket ein solches Leben fiihrt, bleibt cer auch unter den Slindern, auch unter den Schéinen fest und unerschiivtere, 22. Mag mein Besitz zugeandegchen, die Ehrungen, d Leib, dis Leben, und may alles andere Gute zugrondege- es cach ae tad Deskin ee eee 23. Ich verehre die, die das Denken hiiten wollen. Mi ihe die Wachsarket [zi] und ie Bewulcheit sempre. janya) mit aller Kralt hiiven. 24. Wie ein von Krankheit gestrter Mensch zu keiner ‘Titigheic fahig is, s0 ist auch ein Denken, dem jene beiden feblen, zu keiner [heilbringenden] Titigheie fahig, 31 25, Wessen Denken ohne Bewufitheit ist in dessen Wach- ‘amkeit bleiben die Gegenstinde der Uberlicferung, der Uberlegung und der Betracheung nicht erhalten, sowenig wie Wasser in einem gesprungenen Topt 26, Viele sind gebildet, gliubig und strengen sich ans eanoch besudela sie sich mit Sunde durch die Schuld der Unbewuhtheit. 27. Die UnbewuStheit, wie ein Dieb, geht aus auf den Raub der Wachsamkeit, und die von ihr Bestohlenen, igen sie auch Verdienste gesammelt haben, gehen einem basen Geschick entgegen 28, Die Riuberschar der Laster sucht einen Zutrite, Hatsie den Zuttit gefunden, dann raubt sie [unsere Verdienste] tund macht uns ein Leben in [hiinftigem] gutem Geschicke unméglich. 29, Daher darf man die Wachsamkeit nie von der Tir tunseres Denkens entfernen, Und wenn sie fort ist, soll man sie eingedenk der hallischen Qualen wiederam auf- stellen. 30. Wenn sie mit den Lehrern zusammenleben, stellt sich mihelos bei den Glicklichen, Hingebungsvollen durch die Unterweisung der Meister, ja selbst durch die Angst [vor ihnen] die Wachsamkeie ein. 31-32, »Auf alles richten die Buddhas und Bodhisatevas jhren unbehinderten Blick, Alles ist vor ihren Augen. “Nuch ich stehe vor ihnen.« In diesem Gedanken wird ex wohl von Scheu, Achtung und Furcht erfillt sein. So wird jhm auch die achtsame Betrachtung des Buddha stets gegeben sein. 52 33. Wenn die Wachsamkeit an der Tiite des Denkens steht, um es za hiten, dann komme die Bewothei, und, ist sie gekommen, geht sie nicht wieder fort. : 34, Am Anfang mufi zunichst dieses [mein] Denken stets in dieser Weise umsorge sein. Seets mu ich mich so verhalten, als wire ich ohne die Sinne, wie Holz: 35. Niemals diirfen die Augen ziellos umherirren. Der Blick sei immer gesenkt, wie in tiefer Versenkung. 36, Um den Blick auszuruhen, kann wohl [der Anfinger zuweilen den Horizont betrachten, und hirer te bate Erscheinung eines Naherkommenden} gesehen, mag er ihn ansehen, um ihn zu begriiBen. 37. Auf dem Wege mage er stindig, um die Gefabr za erkennen, in die vier Himmelsrichtungen blicken, Erhalte und ice gegen den Hlrizone [und] rewire gewandt, nach hinten. 38, Und er mége nach vorne gehen oder nach hinten zuriickkehcen, nachdem er geprift hat. So soll er verfah~ ren, machen in allen Lagen erat at was getan 39. Hat er [im Wissen] »So mut ich den Kérper halten« etwas unternommen, soll er immer wieder nachschen, wie er seinen Korper hile 40, Ehenso ist der briinstige Elefant des Denkens mit aller ‘Mihe zu iiberwachen, daf er, an den grofen Plosten der Beacheong der religésen Miche gebunden, sch nicht free. 53 41, »Worauf richtet sich mein [Denken]2«. Derart ist das Denken zu beobachten, daft es auch nicht einen Augen blick das Joch der Konzentration abwerfe, 42. Ist [der Bodhisattva] aber etwa bei Gefahr oder einer Festlichkeit [dazu] nicht imstande, mag et nach Belieben [handeln}. Denn es heift, da man im Moment der Hinga- be [dana} die Sittlichkeit [sila] vernachlassigen kann. 43, Was er [aber] iberlege zu tun begonen hat, an niches anderes soll er denken. Nur dies soll er zunachst zu Ende bbringen, mit ganzem Herzen ihm zugetan. 44, Denn so wird alles gut getan sein, anderenfalls beides nicht, und auch der Fehler der Unbewutheit wird sich so [wieder] entwickeln. 45. Das eifrige Verlangen mige er bekiimpfen, das sich cinstelle bei den haufig stattfindenden, vielfaltigen Unter- haltungen, bei allen Wunderdingen. 46. Nutzloses Geschehen wie Erdzerbriseln, Grasaus- rupfen, Linien{zichen] moge er angstlich ohne zu zigera vermeiden, der Regel der Buddhas cingedenk. 47. Wenn et Lust hat, sich zu bewegen oder auch 2u sprechen, soll er sein Denken zuerst priifen und ihm Festigkeit geben. 48, Wenn er merkt, da® sein Denken angezogen oder bgestofen ist, soll er weder handeln noch sprechen; wie Holz soll er verharren. 49-50, Wenn das Denken zerstreut oder héhnisch, hoch~ iitig und eingebilder, besonders roh, falsch und argli 54 ist, wenn es sich selbst hervorhebt oder andere tadelt, verachungsoll und sreisichig ist, wie Hole sll e 51. Mein Denken strebt wieder nach Gewina, nach Ehren, nach Rubm, es strebt nach Anbingerschaft, und es strebt nach Huldigungen. Darum verharre ich wie Holz. 52, Mein Denken ist gegen den Vorteil anderer gerichtet, es ist auf meinen Vorteil bedacht und liebt Gesellschaft, es will reden, Darum verharre ich wie Holz. 53. Es ist unduldsam, faul, furchtsam, anmafend und geschwitzig, und es ist parteiisch fiir meinen Anhang, Darum verharre ich wie Holz. 54. Wenn er in dieser Weise erkannt hat, daf das Denken befleckt ist oder von nutzloser Geschaftigkeit, mage der Held es jedes Mal durch einen fentsprechenden] Gegen- satz fest in seine Gewalt bringen. 55.57. Entschlossen, freundlich, fest, voll Achtung und Ehrfurcht, voll Scheu und voll Furche, rubig, ganz be~ dacht, die anderen fiir sich einzunchmen, unbeirrt durch die widerspruchsvollen Wiinsche der Unverstindigen, mitlei im Wissen, daft sich dies bei ihnen durch das Auftreten der Laster ergibt, stets zu meiner eigenen und der Wesen Verfiigung in untadeligen Dingen will ch das a ‘wie eine magische Schépfung ohne Selbstgefiiht alten. 58. Unauthérlich cingedenk des nach langer Zeit exlangven besten Umstands [menschlicher Existenz] will ich in die ser Weise das Denken halten, daf es unerschiitterlich ist wie der [Weltberg] Sumeru. 55

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