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Bacon Opus Tertium Egel Dragged 1
Bacon Opus Tertium Egel Dragged 1
KAP ITEL 25
Übe r die S prachen de r Weisheit (Opus m aius , Te il III)
[132] Ich gehe nun zum dritte n Te il me ine s Opus m aius181 über, de r von
den Sprachen ode r vom Nutze n de r Gra mma tik in vor a lle m dre i
Sprachen ha nde lt: He brä is ch, Grie chis ch und La te in. Ara bis ch e r-
wä hne ich an e inige n da für geeigneten Stellen, doch ich schreibe
nirge nds a uf Arabis ch so, wie ich a uf He brä is ch, Grie chis ch und
La te in s chre ibe , da me in Vorha be n le ichte r und ve rs tä ndliche r in
die se n [dre i] Spra che n ge ze igt we rde n ka nn. De nn für das S tu-
dium de r The ologie bringt [Ara bis ch] we nig, für die P hilos ophie
und die Be ke hrung de r Unglä ubigen hinge ge n s e hr vie l. Und ich
be ha ndle zwe i gra mma tis che Wis s e ns cha fte n de r La te ine r. Vor
a lle m zeige ich, dass es für die La te ine r notwe ndig is t, e ine kurze
und nutzbringe nde Abha ndlung übe r den Gebrauch de r fre mde n
Sprachen zu haben, und dass diese Abha ndlung den ersten Te il der
Gra mma tik bilde n müsste , we il das ganze S tudium de r La te ine r
von fre mden Sprachen a bhä ngt. Das gilt sogar für die la te inis che
Sprache selbst, wie ich a uf vie lfa che Weise zeige.
[133] Die Notwe ndigke it die s er Sache be gründe ich durch Argume nte ,
die das S tudium [die s e r Sprachen] für s ich ge nomme n be treffe n
sowie durch ihre n Nutze n für die Le nkung de r Kirche und des
Gemeinwesens, de r Be ke hrung de r Unglä ubige n und de r Zurück-
s chla gung derer, die nicht be ke hrt we rde n könne n. Im e rste n Te il
[des dritte n Te ils des Opus m aius] s te lle ich unge fä hr a cht Gründe
für das [S pra che n-J S tudium für s ich ge nomme n vor. De nn a lle la-
te inische n He ilige n, P hilos ophe n und Dichte r ka nnte n die fre m-
den Sprachen, ebenso wie a lle We is e n des Alte rtums , von denen
wir vie le bis in unse re Ze it übe rda uern sehen, wie den Bis chof von
Lincoln [Robe rt Grosseteste], den He ilige n Da vid [Thoma s Wa l-
lensis], Brude r Ada m [von Ma rs h] und vie le andere Mä nne r. Auch
je tzt gibt es noch a lte Me ns che n, die vie le s wissen, e twa de r äu-
ßerst weise Ma nn im S tudium de r He ilige n S chrift182, de r s e it der
Ze it de r He ilige n unve rgle ichlich da rin is t, die S chrift zu korrigie -
re n und den Lite ra ls inn zu e rlä ute rn.
182 TEIL I
i
(134) Sed nos sumus succe ssores s a nctorum e t philosophorum e t sa-
pientum a ntiquorum, e t ideo debemus s cire de linguis quod ne -
cesse est s icut ipsi; aut illi fue runt s tulti e t nos sapientes, quod non
est fatendum. Beatus Hie ronymus persecutus est lingua rum diver-
sitatem pe r regiones Orie ntis , et dentes suos a pta ri fe cit1, ut a nhe -
la ntia verba forma re t, s icut ipse te s ta tur. De inde si ne s cia mus a li-
quam ra tionum lingua rum, quibus usi s unt s a ncti e t2 philos ophi e t
poetae, et omnes sapientes in s criptis suis, e tia m pro ce rto e rimus
vacui a sapientia sa nctorum, e t philos ophorum e t s a pie ntum om-
nium; quia nec legere nec inte llige re pote rimus ea quae tra cta nt
diffuse. Et hoc probo pe r exempla s a nctorum ma nife s ta , e t ma gni
e rroris apud vulgus the ologorum propte r ignora ntia m lingua rum;
ubi ad e vide ntia m e orum quae dico, posui a lpha be tum Gra e cum e t
Hebraeum, et aliqua notanda circa hoc pro inte lle ctu e xe mplorum.
(135] Et puer Johannes novit melius inte llige re haec exempla, qua mvis
s int theologica, quam omnes the ologi qui s unt le ctore s e t doc-
tores in hoc mundo. P ote rit autem vestra gloria probare s a pie n-
tia m juvenis in hac parte. Et affero alias ra tione s hujus re i, qua rum
ordine m forte non recolo, nec forsa n omnes; sed bene s cio quod
una est, quod tota sapientia La tinorum theologiae e t philos ophia e
translata est de linguis ; et haec causa est valde nota nda , quia Hie -
ronymus vult in libro3 de Optimo Genere Inte rpre ta ndi, quod non
potest una lingua e xprimi per a lia m fide lite r, propte r dive rs ita te m
proprie ta tum loque ndi in diversis linguis . Na m quod bene re s o-
nat in una, absurdum est in a lia et ridicolos um. Unde Hie ronymus
dicit libro me mora to, cum Home rum tra ns fers in La tinum vide -
bis ridiculum, et poe tam e loque ntis s imum vix loque nte m. Et hoc
potest quilibe t probare, si s cientiam qua m novit ve lit in lingua m
maternam convertere. Ce rte logicus non pote rit1 e xprime re s ua m
logica m si monstrasset pe r vocabula2 lingua e ma te rna e ; sed opor-
te re t ipsum nova fingere, et ideo non inte llige re tur nis i a seipso. Et
sic de a liis scientiis.
[136] Et hoc vide mus in idioma tibus dive rsis e jusde m lingua e ; na m
idioma est proprie ta s a licujus linguae dis tincta ab a lia ; ut P ica r-
dicum, et Ga llicum, e t Provinciale , e t omnia idioma ta a finibus
Apulia e usque ad fines Hispaniae. Na m lingua La tina est in his
omnibus una et eadem, secundum substa ntia m, sed va ria ta s e cun-
dum idioma ta diversa. Et manifeste vide mus quod a liquid optime
e t proprie sonat in uno idioma te et ridiculos e sona t3 in a lio; ut pa-
te t non solum de longinquis sed propinquis s imis ; s icut de P ica rdis
et Ga llicis ; nam mutuo se de ride nt. Et haec fuit causa principalis
quare sancti omnes, et philos ophi, et4 sapientes a ntiqui, volue runt
scire linguas alias, quatenus in ipso fonte dulcius e t ple nius bibe -
re nt aquas sapientiae.
1137) Qua rta causa potest esse quod vocabula infinita ponuntur in
te xtibus theologiae et philosophiae, de a lie nis linguis , quae non
possunt scribi, nec profe rri, nec inte lligi, nis i pe r eos qui lingua s
sciunt. Et necesse fuit hoc fie ri propter hoc, quod s cie ntia e fue runt
compositae in lingua propria , et tra nsla tore s non inve ne runt in
lingua La tina vocabula sufficientia.
{138] Quinta est quod multa fue runt male translata, e t pra e cipue de phi-
losophia. Na m oporte t quod tra ns la tor sciat s cie ntia m qua m vult
ten We rk a uch186, dass dir se lbst Home r lä che rlich erscheinen wird,
wenn e r ins La te inis che übe rs e tzt wird; und selbst de r beredeste -
a lle r Dichte r s che int da nn ka um noch spre che n zu könne n. Das
ka nn je de r le icht se lbst einsehen, we nn e r e ine ihm be ka nnte Wis- -
se nscha ft in seine Mutte rs pra che übe rse tze n will. S icher wird de r !
Logike r seine Logik nicht me hr formulie re n könne n, we nn er sie
in s e iner Mutte rs pra che s chre ibe n würde ; de nn e r müsste für sich :
selbst neue Worte e rfinde n und könnte da he r von nie mand ande-
rem als von s ich selbst ve rs ta nde n werde n. Ebenso ve rhä lt es sich :
auch in de n a nde re n Wis s e ns cha ften.
(136) Das sehen wir a uch a nha nd de r verschiedenen Idiome in derselben
Sprache. Ein Idiom is t e ine besonde re Eige nhe it in e ine r Sprache,
die in de rs e lbe n Sprache doch von die s er ve rschie de n is t: wie das
Pika rdische , das Ga llis che , das Proven<;alische und a lle Idiome von
den Gre nzen Apulie ns bis zu de n Gre nze n Spaniens. De nn die la-
te inis che Sprache is t in ihne n a lle n ihre m Wesen nach gle ich, doch
sie unte rs che ide t s ich je na ch den verschiedenen Idiome n. Wir se-
hen hie r ga nz de utlich, dass etwas in e ine m Idiom he rvorra ge nd
und passend klingt, das s ich in e inem a nde re n lä cherlich a nhört;
das gilt nicht nur für Idiome von Me nsche n, die we it vone ina nde r
e ntfe rnt s ind, s onde rn auch für solche, die ganz nahe be ie ina nde r
sind; wie e twa be i den P ika rde n und den Ga llie rn, die sich gegen-
seitig auslachen. Das wa r de r Ha uptgrund da für, dass a lle He ilige n,
P hilosophen und We ise n des Alte rtums die anderen Sprachen ken-
nen wollte n, de nn sie wollte n das Wasser de r We is he it aus dersel-
ben Que lle trinke n, we il es da nn süßer und re ichha ltige r schme ckt.
11371 Der vie rte Grund ka nn da rin bestehen, dass in den the ologis che n
und philos ophis che n Te xte n unzä hlige Wörte r aus a ndere n Spra-
chen ste he n, die ma n nicht s chre ibe n und nicht bilde n ode r ve r-
stehen ka nn, a uß er durch jene, die diese Sprachen kennen. Das
war notwe ndig, we il die Wis s e ns cha fte n in e ine r eigenen Sprache
e ntwicke lt worde n s ind und we il die Übers etze r im La te inis che n
keine angemessenen Wörte r da für ge funde n haben.
1138) Der fünfte [Grund] be s te ht da rin, dass viele - vor a lle m philos o-
phische - Te xte s chle cht übe rs e tzt worde n s ind. De nn e in Übe r-
186 TEIL I
tra ns fe rre1 et sciat duas linguas , a qua e t in qua m tra ns fe rt. Sed
nullus s civit lingua s nis i Boetius de tra ns latoribus fa mos is , nullus i
scientias nis i dominus Robertus episcopus Lincolnie ns is , pe r lon-
gitude m vita e et experientiae, e t s tudios ita te m ac dilige ntia m; et
quia s civit ma the ma tica m e t pe rspe ctiva m, e t potuit omnia s cire ;
s imul cum hoc quod ta ntum s civit de linguis quod potuit inte lli-
gere sanctos et philosophos e t sapientes a ntiquos . Sed non bene
s civit linguas ut tra ns fe rre t nis i circa ultimum vita e suae, qua ndo
vocavit Graecos, et fe cit libros Gra mma tica e Graecae de Gra e cia et
a liis congregari. Sed is ti pauca tra ns tule runt.2 Alii ve ro qui infinita
quasi conve rte runt in La tinum ut Gerardus Cremonens is , Michae l
Scotus, Alure dus Anglicus , He rma nnus Ale ma nnus , e t tra ns la tor
Me infre di3 nuper a domino rege Ca rolo de victi; hi pra e s umps e runt
innume ra bilia tra nsfe rre , sed nec scientias nec lingua s s cive runt,
e tia m non La tinum. Na m in locis quasi innume ra bilibus ponunt
lingua m maternam.
U39] Ut cum in libro De vegetabilibus Aris tote lis ha be tur, »be le num
in Perside pe rniciosissimum tra ns pla nta tum4 Hie rus a le m fit com-
mestibile.« Belenum est His pa nicum, e t nullus P a ris ius nec in An-
glia potest per illa m tra ns la tione m scire quid est be le num; cum
tamen quaesivi diligenter, et inve ni quod est jus quia mus 5, seu se-
men cassilaginis, quod idem est. Et sic de a liis vix nume ra ndis . Et
ideo is ti male et pessime tra ns tule runt, e t conturba ve runt tota m
i
philos ophiam per perversitatem tra ns la tionis . Et ma xime libri
Aris tote lis s unt de s tructi pe r hoc, qui ta rne n a e s tima ntur1 in phi-
losophia tenere principa tum. Ne mo pote s t scire quid ve lit dice re ,
quia quod unus dicit a lius negat.
[140] Praeterea tra nsla tione s istae habent multa s e t ma gna s fa ls ita te s ,
in omni pa rte philosophiae, s icut superius pos ui e xe mpla , de Iride
et figuris replentibus locum. Et lice t Beatus Hieronymus s civit lin-
guas optime et sapientiam Dei, ta me n quia fa ls a rius re puta ba tur
a viris ecclesiasticis non ausus fuit ubique tra ns fe rre s e cundum
Hebraicam veritatem; immo inte rdum se coa ptavit a liis tra ns la to-
ribus, et pe rmis it multa stare ut fue runt tra ns la ta , qua mvis bene
s civit muta re in melius, s icut ipsemet plurie s dicit. Ut e st illud
qua rto Sapientiae : »Spuria vitula mina non da bunt ra dice s altas.«
Na m Augustinus os te ndit secundo De Doctrina Chris tiana quod
falsa est haec tra ns la tio. Et e tia m Hieronymus, ce lerita te dicta ndi
deceptus, ut ipse fa te tur, in multis locis, tra ns tulit contra ve rita -
tem; s icut posui exempla ta m in Opere Minori qua m Ma jore . Sed
sine comparatione est is tud vitium in philos ophia , e t multum gra-
vat La tinos 2.
[141] Sexta vero causa est, quod illa quae fue runt bene tra ns la ta s unt
modo corrupta , propte r hoc quod linguas ignora mus , s icut pa te t
per tota m Biblia m e t philosophia m. Quia nec s cimus s cribere ea,
nec legere, nec proferre; et ideo per consequens pe rit ve rus inte l-
lectus. Et haec causa habet locum in corruptione te xtus s a cri. Na m
i
pro ma jori parte est corruptus in e xe mpla ri vulga to, quod e s t Pa-
risiense. Et in a liis locis est dubius, quae dubita tio ca dit in virum
ich übe r de n Regenbogen und die Aus füllung des Raumes durch
die Körpe r ge sproche n habe.194 Und selbst Hieronymus , de r die ■
quod non inte lligit, quod non lice t facere in libris poe ta rum. Sed
Praedicatores ma xime intromis e runt se de1 hac corre ctione . Et
jam s unt viginti a nni e t plures quod prae s umps e runt fa ce re una m
corre ctione m, et redegerunt eam in s criptis . Sed pos tea fe ce runt
a lia m ad re proba tione m illius ; e t modo va cilla nt, plus qua m a lii,
nescientes ubi s int. Unde e orum corre ctio est pessima corruptio
et de s tructio te xtus Dei; et longe minus ma lum est e t s ine compa -
ratione uti e xe mpla ri Parisiensi, non corre cto, qua m corre ctione
e orum vel aliqua a lia 2.
[144] Oportet e nim quod homo sciat Gra e cum e t He bra e um s ufficie n-
te r et bene gra mma tica m La tinorum in libris P riscia ni; e t quod
bene conside raverit modos corrige ndi e t vias proba tionum verae
correctionis , ad hoc quod sapienter corriga t; quod nullus unqua m
fecit nis i ille sapiens quem dixi. Nec mirum cum ipse pos uit fere
qua dra ginta annos in lite ra e corre ctione , et sensu lite ra li e xpo-
nendo. Omnes s unt idiotae respectu illius , et nihil s ciunt in ha c
parte.
[145] Septima causa quare oporte t nos scire ra tione s lingua rum est pro
sensu lite ra li sciendo, e t s pirituali e licie ndo ve ra cite r ex lite ra li. Et
posset haec causa dividi in duo, sed non est jus3. Et hic nota ndum
quod haec septima causa cum sexta debet cons ide ra ri s upe r om-
nia, et magis quam sexta4. Nam si lite ra est falsa, sensus lite ra lis
et s piritua lis sunt falsi. Et ideo lingua e corrige nte s lite ra m s unt
necessariae ad hoc sensus. Caeterum lingua e s pe cia lite r re qui-
runtur ad inte lle ctum utrumque5, etsi lite ra esset optime corre cta .
=
1 de] om.Ti.
= 1 aliqua alia] alia aliqua, Ti.
= * jus ] vis? Ti. So Gale.
4 et magis quam sexta] om.Ti.
‘ utrum que] utriusque, Ti.
!
KAP ITEL 25 193
ve rä nde rt hie r, was e r nicht ve rste ht, was nicht e inma l be i den Bü-
che rn de r Dichte r ge s ta tte t s e in würde . Die Dominika ne r haben
sich am me is te n a uf diese Korre kture n eingelassen, da sie schon
se it 20 Jahren und me hr vorge be n, e ine n korrigie rte n Te xt he r-
zus te lle n, de n sie imme r wie de r in ihre n S chrifte n übe ra rbe ite t
haben. Doch da na ch haben sie e ine n a ndere n gemacht, um den
vorhe rige n zu e rs e tzen: So irre n sie noch me hr als a lle anderen
he rum und wis s e n nicht, wo sie s ind. Da her is t ihre Verbesserung
die s chlimms te Ve rs chle chte rung und e ine Ze rstörung des Textes
Gotte s , sodass es be i we ite m we nige r s chlimm is t, das unkorri-
gie rte P a ris e r Exe mpla r zu be nutze n, als de re n korrigie rte n Te xt
ode r irge nde ine n von de n a ndere n korrigie rte n Texten.
(144) De r Me ns ch muss also genügend Grie chis ch und He brä is ch und
die Gra mma tik de r La te ine r kennen, wie sie in den Büche rn P ris -
cians203 da rge legt worde n is t. Zude m muss e r a us führlich übe r die
ve rschie de ne n Arte n des Korrigie re ns nachgedacht haben und die
Wege ke nne n, durch die e ine wa hrha ftige Verbesserung he rge s te llt i
werden ka nn, da mit e r weise be richtige n ka nn - was noch ke ine r
gemacht ha t, a uß e r je ne m Weisen, übe r den ich gesprochen ha tte .
Das is t je doch ke in Wunde r, de nn e r ha t fa s t 40 Jahre da mit ve r-
bra cht, die S chrift zu korrigie re n und den Worts inn auszulegen.
Alle a nde re n s ind ihm gegenüber unwis s e nd und wis s e n nichts
da rübe r.
(145] De r siebente Grund für die Ke nntnis de r Sprachen lie gt da rin, dass
wir da durch den Worts inn e rke nne n und so auch den S piritua l-
s inn besser aus de m Worts inn a ble ite n könne n. Ma n könnte die- ;
sen Grund in zwe i [ve rschie dene Gründe ] te ile n, doch das is t nicht
üblich [sed non est jus ]. Ma n muss auch fe s tha lte n, dass ma n die-
sen sie bente n Grund mit de m sechsten gemeinsam ganz besonders i
i
be trachte n muss und noch me hr als den sechsten Grund [a lle in]. i
Denn we nn de r Buchsta be fa ls ch is t, s ind auch de r Wort- und der
S piritua ls inn fa ls ch. Da he r s ind die anderen Sprachen für die Kor-
re ktur de r Buchs ta be n für die richtige Wie de rga be dieses Sinnes
notwe ndig. We ite rhin is t e ine spezielle Sprache für das Ve rs tä nd-
nis de r be ide n S inne notwe ndig, a uch we nn de r Buchstabe schon
194 TEIL I
!
1 vera] vere, B.L.
* propter linguam ] propter totam linguam, Ti. L.
3 ad] in, B.
I 4 considerandis] om. Ti.
I
5
3
2
i
=
KAP ITEL 26 195
KAP ITEL 26
Übe r de n Nutz e n de r S prachen fiir die Kirche
I
|147] Da na ch be ha ndle ich de n Nutze n de r Sprachen für die Kirche Got-
tes; s owohl für den Gotte s die ns t als auch für die We ihunge n von i
Kirche n und Ähnliche m s owie für andere Ge heimnis s e de r ge-
samten Kirche , gemäß a lle n Ze ita lte rn [secundum omnes s tatus ]
vom Be ginn bis zum Ende e nts preche nd de r Ma cht de r Buchsta-
ben. De nn hie r da rf ke in Iota und ke in P unkt vom Gesetz hin-
we gge nomme n we rde n, bis a lle s volle nde t is t. Diese Überlegung
is t auch in Hinblick a uf vie le zukünftige Ge fa hre n durch den Anti-
chris t und a uf a ndere zu bedenkende Dinge s e hr we rtvoll, wie in
dem Buch Übe r die S amen de r S chrifte n206 ge lehrt wird, wie ich
an die se m Ort e rklä re . Hins ichtlich de r Ge me ins cha ft de r Glä u- '1
bigen is t de r Nutze n [de r Sprachen] offe ns ichtlich: s owohl für den
La ndfrie de n zwis che n uns und a ndere n als auch für die Hä ndle r
und die vie lfä ltige n Ha nde ls be zie hunge n mit anderen Lä nde rn so-
!
wie für vie le a ndere Dinge . Auch für die Be ke hrung de r Unglä u-
bigen und de r S chis ma tike r is t de r Nutze n de r Sprachen augen-
s che inlich. Doch für die Zurücks chlagung derer, die nicht be ke hrt
werden könne n, is t e r nicht e inde utig. De nn das is t eines de r Ge-
heimnisse a lle r Ge he imnis s e , das von de r Menge als ma gisch und
falsch zurückge wie s e n wird. Da be i is t es e ine philos ophis che Be- .!
j
196 TEIL I
1 e t] om. B.L.
2 auctor est] est auctor, Ti.
3 recta ] in Ti. zu certa korrigiert.
fl
y
KAP ITEL 26 197 i;
tra chtung ebenso wie e ine Übe rle gung de r He ilige n, we nn auch
die magische P ra xis und die Tä tigke ite n de r a lte n We iblein sich
mit ä hnliche n Dinge n be s chä ftige n mögen. De nn dieselbe Sache
ka nn gut und s chle cht sein, und durch dieselbe Sache könne n gute
und s chle chte Dinge e ntste he n. Ein Richte r zum Beispiel s pricht
e ine n Me ns che n na ch de m Re cht fre i, e in a ndere r ve rurte ilt ihn
.
gegen das Gesetz zum Tode. Und mit e ine m Messer ka nn ich Brot
schneiden und e ine n Me ns che n ve rle tze n. Ebenso ka nn de r Weise
durch Worte auch we ise ha nde ln, de r Ma gie r aber ma gisch, wobei
in diesen Fä lle n doch je weils e ine andere Ve rnunft und eine an- :
dere Aus führung vorherrs che n. De nn de r eine tut etwas mitte ls
de r Ma cht de r Na tur, de r andere s cha fft e ntwe de r ga r nichts ode r
de r Te ufe l is t de r Urhe be r des We rks.
1148] Da her we rde ich nun a uf a ndere Wurze ln da rübe r eingehen, was
ich a us führlich im zwe iten We rk e rlä ute rt habe, wo ich die Him-
me ls dinge be ha nde lt habe. De nn wir müssen bedenken, dass
Worte eine a uß e rge wöhnlich groß e Ma cht besitzen; und nahezu
a lle Wunde r, die s e it Be ginn de r We lt ge wirkt worde n sind, s ind
durch Worte be wirkt worde n. De nn das vorzüglichs te We rk der
Seele is t das Wort, a n de m sie auch die größte Freude ha t. We nn !
Worte aus tie fer Eins icht, mit groß e m Wuns ch, mit e hrliche r Ab- {
Seele he ilig ode r s ündig is t, wird das Ents tehe n de r species und der
S timme ve rä nde rt; das hä ngt auch davon ab, ob die Seele wohl-
wolle nd ode r übe lwolle nd is t. So wird die Kra ft e ine r gute n oder
schle chte n Seele, s ta rk ve rvie lfä ltigt, in de r S timme und in de r
sie umge be nde n Luft s ta rk ve rkörpe rlicht und e inge drückt. Auf
diese Weise wird die Luft durch die S timme ge formt und trä gt eine
starke species de r Ve rnunfts e e le mit s ich, die durch diese Kra ft
[die Umgebung] zu ä nde rn ve rma g. So ve rände rt die Luft auch die
in ihr e ntha lte ne n Dinge a uf vie le Arte n und bringt verschiedene
Wirkungen he rvor.
[149) In ä hnliche r We ise bringt e in Körpe r e ine stä rke re species aus den
Übe rle gungen, Wüns che n, de r Abs icht und de m Se lbstve rtra uen I
s e iner Seele he rvor. De nn auch we nn de m Wesen nach dieselbe
species aus de m Körpe r und de r Seele he rvorgeht, ge horcht die Na-
tur des Körpe rs doch de n Übe rle gunge n de r Seele und e rs cha fft
eine stä rke re species, die da nn a uf die durch die S timme ge formte
Luft übe rtra ge n wird: so wird die Luft durch eine körpe rliche spe-
cies ebenso wie durch e ine species de r Seele ve rä nde rt und ve rä n-
de rt da ra ufhin ihre rs e its die Dinge , die in ihr e ntha lte n s ind. Die
Wirkung in de r Luft und in de n ve rs chie de ne n Dinge n hä ngt je-
doch davon ab, ob die Seele e ine gute ode r eine schle chte Zus am-
me nse tzung ha t.
[150] Die dritte Ve rände rung re s ultie rt aus de r Wirkung de r Himme ls- I
körpe r: De nn die S te llunge n de r Himme ls körpe r ve rä nde rn zu je - ;
de r Stunde die Dinge a uf de r Erde; und die Werke, die sich hie r
a uf de r Erde e re igne n, ve rä nde rn s ich je nach de r Ve rs chie de n-
he it der himmlis che n Kons te lla tione n, was auch für die We rke de r
Me dizin, de r Alche mie und für alles andere gilt. Da her e rhä lt die
durch die S timme ge formte Luft in de m Mome nt des Vortra ge ns
auch die Kra ft des Himme ls , wird gemäß dieser Kra ft ve rände rt
und ve rände rt die Dinge . Aus dies e r ve rvie rfa chte n species und
Kra ft: also de r S timme , die die Luft formt, de r gute n ode r s chle ch-
ten Ve rnunfts e e le , de r körpe rliche n Seele und de r Ste llunge n de r
Himme ls körpe r, könne n e ine Me nge ungla ubliche r und wunde r-
volle r Effekte in de r Luft und in de n in ihr e ntha lte ne n Dinge n
200 TEIL I
rebus conte ntis; e t hoc si e ligatur te mpus bonae cons te lla tionis vel
malae, secundum qua lita te m a lte ra tionis quae cogita tur, e t1 inte n-
ditur, e t2 desideratur, e t fortite r spe ra tur. Na m tunc fie t a lte ra tio
certa secundum conditione m cons te lla tionis cum a djutorio a lia-
rum virtutum ope rantium; s icut me dicus pe ritus qui juxta desi-
de rium purga ndi choleram, quae est causa morbi, qua e rit de bita m
conste lla tione m in a liqua hora ut fia t quod inte ndit; e t s ic e s t hic.
(151] Et per hanc via m ve rborum a e s tima vit Avicenna in s e xto Na tu-
ra lium, quod prophetae e t sapientes a ntiqui a lte ra ba nt ma te ria m
mundi, ad pluvias et siccitates e t alias a ltera tione s a e ris. Et a e s ti-
maverunt philos ophi quod sic contingit a llice re homine s e t a nima-
lia bruta, et serpentes, et dracones de cavernis, e t fuga re s e cundum
libitum hominis3, et uti iis . Et hic oritur omne genus fa s cina tionis ;
non quod fa s cina tio dica tur per s olum ve rbum ca s ua lite r prola-
tum, non in te mpore debitae cons te lla tionis , nec cum forti cogi-
tatione animae, e t desiderio confide nti, e t inte ntione ce rta , sed ad
nutum loque ntis, sic est s tulta conside ra tio, e t ma gica , e t ve tula -
rum, et e xtra considerationem sapientum, e t nihil ope re tur, ne c fit
a liquid4, nis i diabolus propter peccata hominum ope retur la te nte r.
Sed si virtute s qua tuor praedictae concurra nt5 cum quinque con-
ditionibus animae, s cilice t forti cogita tione , de s ide rio ve he me nti,
inte ntione ce rta et6 firma spe, bonita te animae ve l ma litia , e t cum
complexione corporis mala vel bona, tunc e rit a lte ra tio, quocun-
que modo vocetur, seu fa scina tio sive aliud.
* e t] om. Ti.
i 2 e t] om.Ti.
: 3 hom inis ] om.Ti.
\ 4 nec fit aliquid] om.Ti.
i
i 5 concurrant] contracurrant, B.
1 6 e t] om. B.
I
1
]
1
KAP ITEL 26 201
[152] Et hic oritur tota conside ra tio ca rminum e t inca nta tionum e t cha -
ra cte rum; quia characteres s unt figura e lite ra rum ad invice m con-
gregatae in figura m una m, se cundum quod a liqua e na tione s Orie n-
tales s cribunt, ut in tra ctatu De re gionibus Mundi cons crips i in
fine mathematicae. Si igitur hujus modi voces quae voca ntur inca n-
tationes e t ca rmina , non fia nt cons ide ra tis speciebus qua tuor, e t
conditionibus animae et corporis , sed a casu e t s e cundum nutum
cujus libet, tunc s unt magica; et non ha be nt virtute m na tura le m
a ltera ndi; sed si est operatio tunc daemones fa ciunt. Si ve ro fia nt
secundum species e t conditiones dictas, tunc s unt philos ophica e t
sapientis inca nta ntis sapienter; ut re cita t Da vid prophe ta. Sed haec
materia est difficilior quae s it in philos ophia , e t minus proba bilis
propte r hoc, quod possunt haec inte lligi magice et philosophice .
[153] Sed in Opere Minore ubi de coelestibus tra cta vi, e xpos ui ma gis
ista, ubi ma xima secreta naturae te tigi, quae non s unt cuilibe t
exponenda, sed solis sapientissimis viris. Et in Ope re Ma jore in
hoc loco te tigi aliqua; et s imilite r a libi te tigi pa rum de fa s cina tione ,
sed incomple te . Na m proposui addidisse multa s e cundum te no-
rem illius conside ra tionis, quam fa cio hic, e t in Se cundo Ope re;
sed tra didi oblivioni. Et cum exponam inte ntione m ma thema tica e
tangam de his.
[154] Praeterea considerare oporte t dilige nte r1 Tra cta tum de Speciebus
et Virtutibus Age ntium quem duplicite r mis i vobis; e t te rtio modo
incepi, sed non potui consummare. Hae quide m species fa ciunt
omne m mundi a lte ra tionem et corporum nos trorum e t a nimarum.
(152) Hie ra us e nts te ht die gesamte Dis kus s ion übe r Za ube rs prüche ,
Be s chwörunge n und Za ube rforme ln. De nn Za ube rforme ln s ind
ge me insa m in e ine r Figur zusammengefasste Buchstabenzeichen
in de r Art, wie in e inige n orie ntalis che n Lä nde rn geschrieben wird,
wie ich in me ine r Abha ndlung übe r die Gebiete de r Erde gegen
Ende des Te ils übe r die Ma the ma tik ge schrie be n habe209. We nn
da he r s olche S timmä uß e runge n - die Za ube rs prüche und Be-
s chwörunge n ge nannt we rde n - nicht gemäß de r vie r be re its ange-
sproche ne n Arte n und ohne die e ntspre che nde n Verfassungen de r
Seele und des Körpe rs ausgesprochen we rde n, s onde rn nur durch
Zufa ll und a uf Ge he iß von je ma nde m, da nn ha nde lt es sich um ma-
gische P raktike n, die nicht die na türliche Ve rä nde rungs kra ft inne -
haben. We nn hie r doch e ine Ve rä nde rung s ta ttfinde t, da nn s ind es
Dä mone n, die das be wirke n. We nn die Za ube rs prüche abe r unte r
den schon ge na nnte n Ums tä nde n ges prochen werde n, s ind es phi-
losophische Sprüche , die de r Weise a uf e ine weise Art vorbringt.
Von die s er Art s ind die Sprüche , die de r P rophe t Da vid re zitie rt.
Doch dieses Thema ge hört zum S chwie rigs te n in de r P hilos ophie
und is t zugleich we nige r gla ubha ft, we il die Za ube rs prüche s owohl
ma gisch als auch philos ophis ch ve rs ta nden we rde n könne n.
[1531 Abe r im Opus m inus brachte ich da, wo ich von den Himme ls-
körpe rn ha nde lte , me hr von diesen Dinge n a n de r Ste lle , a n de r
ich die größte n Na turgehe imnis s e besprach, die ma n nicht je de m,
sonde rn nur den weise ste n Mä nne rn da rle ge n da rf. Auch im Opus
m aius s chrie b ich hie rzu einiges an derselben Stelle; und ebenso an
e ine m a nde re n Ort e in we nig übe r die Za ube rei, aber nur unvoll-
s tä ndig.210 De nn ich ha tte vor, vie le s na ch Art je ne r Be tra chtunge n
hinzuzufüge n, wie ich sie hie r und im zwe ite n We rk a nste lle : aber
da nn vergaß ich es. We nn ich a uf das Zie l de r Ma thema tik zu s pre-
chen komme n werde, we rde ich e twas übe r diese Dinge sagen.
(154) Ferner muss ma n me ine Abha ndlung übe r die Ve rvie lfältigung de r
species und ihre r Kräfte 211 genau bedenken, die ich Euch zwe ifa ch
gesandt habe. Ich habe auch e ine dritte Ve rs ion begonnen, die ich
je doch nicht a us führe n konnte . Die species be wirke n gewiss je g-
liche Ve rä nde rung in de r We lt, in uns e re m Körpe r und uns e re m
204 TEIL I
Sed quia haec multiplica tio spe cie rum non est nota vulgo s tude n-
tium, nec a licui nis i tribus vel qua tuor La tinis , e t hoc in pe rs pe cti-
vis, s cilice t in multiplica tione spe cie rum lucis et coloris usque ad
visum, ideo mira bile s actiones naturae, quae tota die fiunt1 in no-
bis, et in rebus cora m oculis nos tris non pe rcipimus ; sed a e s ti-
mamus eas fieri vel2 pe r specialem ope ra tione m divina m, ve l pe r
angelos, vel pe r daemones, vel a casu e t fortuna . Et non est ita , nis i
secundum quod omnis operatio creaturae est quoda mmodo a Deo.
Sed hoc non e xcludit quin operationes fia nt s e cundum ra tione s na-
turales; quia na tura est ins trume ntum divina e ope ra tionis .
[155) Post haec a ddidi inte ntione m a lte rius pa rtis gra mma tica e quae non
est adhuc composita apud La tinos nec trans la ta ; e t est utilis s ima
in scientialibus, qua ntum ad inquire ndum e t s cie ndum omne s ve -
ritates speculativas philosophiae et theologiae. Et est de compos i-
tione 3 lingua rum, et de impos itionibus vocum ad s ignifica ndum,
et quomodo s ignifica nt per impos itione m et pe r4 a lia s via s. Et quia
haec non possunt s ciri nis i homo sciat ra tione s e t modos s ignifi-
t candi ideo aggressus sum illos modos ostendere, s icut Augus tinus
docet in libro secundo et te rtio De Doctrina Chris tia na , quod s i-
gna quaedam s unt na tura lia , et quaedam data ab a nima .
(156J Et illa quae sunt na tura lia s unt duplicite r; quaedam s unt pe r con-
comita ntia m signa torum, ut habere magnas e xtre mita te s e s t s i-
!
1
1 1 tota die fiunt] fiunt tota die, Ti.
2 ve l] om. Ti.
* compositione] compositionibus, Ti.
4 per] om. Ti.
1
=S
i
KAP ITEL 27 205
KAP ITEL 27
Übe r s prachliche Zeichen
(155] Da na ch habe ich de n Inha lt eines we ite re n Te ils de r Gra mma tik
be hande lt, de r be i de n La te ine rn bis her we der zus a mme nge s te llt
noch übe rs e tzt worde n is t. Er is t ä uß e rs t nützlich für die Wis s e n-
s cha fte n, s owe it ma n durch ihn na ch a lle n s pe kula tive n Wa hrhe i-
te n de r P hilos ophie und de r The ologie fra ge n und sie wis s e n ka nn.
Er ha nde lt von de r Kompos ition de r Sprachen und davon, wie ge-
sproche ne Ze iche n durch Eins e tzung212 [pe r impos itione m ] etwas
be ze ichne n, und a uf we lche We ise sie durch Eins e tzung und a uf
a ndere Arte n be ze ichne n.213 Da ma n hie rübe r nichts wis s e n ka nn,
we nn ma n nicht die P rinzipie n und die ve rs chie de ne n Arte n des
Bezeichnens ke nnt, bin ich a uf diese Arte n nä he r eingegangen, so
wie auch Augus tinus im zwe ite n und dritte n Buch de r chris tliche n
Bildung214 le hrt, dass e inige Ze iche n na türlich, a ndere hinge ge n
von de r Seele ge se tzt sind.
(156) Die na türliche n Ze iche n s ind zwe ifa ch: Die e ine n Ze iche n be zeich-
nen durch das gle ichze itige Vorha nde ns e in mit de m Bezeichneten,
204 TEIL I
Sed quia haec multiplica tio spe cie rum non est nota vulgo s tude n-
tium, nec a licui nis i tribus vel qua tuor La tinis , e t hoc in pe rs pe cti-
vis, s cilice t in multiplica tione spe cie rum lucis e t coloris us que ad
visum, ideo mira bile s actiones naturae, quae tota die fiunt1 in no-
bis, e t in rebus cora m oculis nos tris non pe rcipimus ; sed a e s ti-
mamus eas fie ri vel2 per specialem ope ra tione m divina m, ve l pe r
angelos, vel per daemone s, vel a casu e t fortuna . Et non e st ita , nis i
secundum quod omnis ope ra tio creaturae est quodammodo a Deo.
Sed hoc non e xcludit quin operationes fia nt s e cundum ra tione s na-
turales; quia na tura est ins trume ntum divina e ope ra tionis .
(155] Post haec a ddidi inte ntione m a lte rius pa rtis gra mma tica e quae non
est adhuc composita apud La tinos nec tra ns la ta ; e t est utilis s ima
in scientialibus, qua ntum ad inquire ndum e t s cie ndum omne s ve -
ritates spe cula tivas philosophiae et theologiae. Et est de compos i-
tione 3 linguarum, et de impos itionibus vocum ad s ignifica ndum,
et quomodo s ignifica nt per impos itione m e t pe r4 a lia s via s. Et quia
haec non possunt s ciri nis i homo sciat ra tione s e t modos s ignifi-
candi ideo aggressus sum illos modos ostendere, s icut Augus tinus
docet in libro secundo et te rtio De Doctrina Chris tia na , quod si-
gna quaedam sunt na tura lia , et quaedam data ab a nima .
(156] Et illa quae sunt na tura lia sunt duplicite r; quaedam s unt pe r con-
comita ntia m signa torum, ut habere magnas e xtre mita te s e s t s i-
:
!
5
zz 1 tota die fiunt] fiunttota die, Ti.
-f 2 ve l] om. Ti.
□ * compositione] compositionibus, Ti.
4 per] om.Ti.
ä
KAP ITEL 27 205
KAP ITEL 27
Übe r s prachliche Ze iche n
[155] Da na ch habe ich de n Inha lt eines we ite re n Te ils de r Gra mma tik
be ha nde lt, de r be i de n Late inern bis he r we der zus a mme nge s te llt
noch übe rs e tzt worde n is t. Er is t ä uß e rs t nützlich für die Wis s e n-
s cha fte n, s owe it ma n durch ihn na ch a lle n s pe kula tive n Wa hrhe i-
te n de r P hilos ophie und de r The ologie fra ge n und sie wis s e n ka nn.
Er ha nde lt von de r Kompos ition de r Sprache n und davon, wie ge-
sprochene Ze iche n durch Eins e tzung212 [pe r impos itione m ] etwas
be ze ichne n, und a uf we lche We ise sie durch Eins e tzung und a uf
andere Arte n be ze ichne n213 Da ma n hie rübe r nichts wis s e n ka nn,
we nn ma n nicht die P rinzipie n und die ve rschie de ne n Arte n des
Bezeichnens ke nnt, bin ich a uf diese Arte n nä he r eingegangen, so
wie auch Augus tinus im zwe ite n und dritte n Buch de r chris tliche n
Bildung214 le hrt, dass e inige Ze iche n na türlich, a ndere hinge ge n
von de r Seele ge se tzt sind.
[156] Die na türliche n Ze iche n s ind zwe ifa ch: Die e ine n Ze iche n be zeich-
nen durch das gle ichze itige Vorha nde ns e in mit dem Bezeichneten,
206 TEIL I
I
1
I
i
:
E
= 1 modorum J om. B.
2 quomodo) quae, B.
3 connotata] convocata,B.U.
4 connotari ] convocari, B. U.
KAP ITEL 27 207
ritua le m cum lite ra li, e t quibus modis s igni; e t quomodo sensus Ii-
te ra lis s ignifica t s pirituale m; e t quomodo Ve tus Te s ta me ntum est
signum Novi; et quomodo sacramenta s unt signa; e t multa inte r-
mis cui difficilia; ut de lingua prima Adae e t qua lite r de dit nomina
rebus; e t an pue ri in deserto nutriti a liqua lingua pe r se ute re ntur,
et si obvia re nt sibi invice m quomodo mutuos indica re nt a ffe ctus ;
et multa a lia quae non possum modo e xplica re . Unde re puto ha nc
pa rte m gra mma tica e summe necessariam the ologia e , e t philo-
sophiae, e t toti sapientiae. Et probo quod s it pars gra mma tica e e t
non a lte rius scientiae. Et ta me n non indico proba tione m e x Augu-
s tino de secundo e t te rtio libro Doctrina e Chris tia na e , cum ta me n
ipse ista tra cte t grammatice, ut pa te t ex serie s ui tra cta tus .
KAP ITEL 28
Übe r die Mathe matik (Opus m aius , Te il IV)
(158] Nun muss zur Erlä ute rung des vie rte n Te ils [des Opus m aius]
übergegangen we rde n, de r die Ma cht de r Ma the ma tik be ha n-
de lt.217 S pra chke nntnis is t das erste Tor zur We is he it, besonders
für die La te ine r, die ke ine anderen the ologis che n ode r philos ophi-
schen Te xte be sitze n als solche, die sie aus fre mde n Sprachen ha -
ben. Da he r s ollte je de r Me ns ch die Sprachen kennen, sie s tudie re n )
und ihre Regeln verstehen, da ma n sie nicht von Na tur aus ke nne n
ka nn, we il sie von de r Ge wohnhe it des Me ns che n [ad placitum
hom inis ] a bhä ngig und de m Wille n de r Me ns chen e nts pre che nd
ve rs chie de n s ind. De nn die na türliche Erkenntnis kommt vor de r
Erfindung und de r Le hre, und was wir als erstes durch sie le rne n,
is t e in gewisses Ve rs tä ndnis von e ine r Sprache, das wir uns durch
Unte rwe is ung aneignen. Abe r die e rs te n Urhe be r de r Sprachen ha-