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Wi22 1 LesenGriechen
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Dezember 2022
Kati Brunner, Deutschpraxis und Translatorische Kompetenz 1
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Forschungsprojekt zu Arbeitsmigratio
Maike Wöhler sagt: „Es ist wichtig, dass man diesen Teil der Geschichte nicht
vergisst.“ Sie interviewt ca. 100 ehemalige Gastarbeiterinnen und Gastarbeiter. So
nannte man die Menschen, die in den 1950er und 1960er Jahren zum Arbeiten nach
Deutschland kamen. In dieser Zeit ging es der griechischen Wirtschaft nicht gut.
Viele Menschen waren arbeitslos oder bekamen einen sehr geringen Lohn. Man sagte
sogar: Griechenland ist das Armenhaus von Europa. Die deutsche Wirtschaft dagegen
hatte in dieser Zeit ein großes Wachstum. Man nennt diese Epoche auch
Wirtschaftswunderzeit. Aber in Deutschland gab es zu wenig Arbeitskräfte. Teilweise
CHNU, Lehrstuhl für Germanische, angewandte und vergleichende Sprachwissenschaft 6. Dezember 2022
Kati Brunner, Deutschpraxis und Translatorische Kompetenz 1
hängt das mit dem 2. Weltkrieg zusammen. Also beschloss die Politik, Menschen aus
anderen Ländern für eine Weile zur Arbeit nach Deutschland einzuladen. Die
deutsche Regierung machte mit den Regierungen von Italien, Griechenland, Spanien,
Portugal, Marokko, Tunesien und mit der Türkei so genannte Anwerbe-Abkommen.
Ca. eine Million Griechinnen und Griechen verließen in dieser Zeit ihre Heimat und
kamen nach Deutschland. Das ist ein Zehntel der griechischen Bevölkerung.
Die Bedingungen für die Gastarbeiterinnen und Gastarbeiter waren alles andere als
paradiesisch. Bevor sie überhaupt arbeiten durften, mussten die von Olympia
angeworbenen Griechinnen und Griechen einen Gesundheitscheck bestehen. Dafür
mussten Sie sich vor dem Werksarzt nackt ausziehen. Er untersuchte alle „auf Herz
und Nieren“. Wer bestand, kam sofort an ein Produktionsband. Es gab keine
klassische Einarbeitung, auch wegen der Sprachbarriere. Es gab nur Hinweisschilder
in den Heimatsprachen der neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Man arbeitete
viel und hart. Die eigene Kultur, Sprache, Musik, die eigenen Traditionen waren in
dieser Zeit ein wichtiger Halt. Man fastete, feierte Namenstage, Familienfeste und die
orthodoxen Feiertage.
1973 trat Griechenland der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft bei. Das war eine
Vorgängerin der EU. Damit endete die organisierte Anwerbung von Arbeiterinnen
und Arbeitern aus Griechenland. Sie hat Spuren sowohl in Griechenland als auch in
Deutschland hinterlassen. Schreibmaschinen werden heute in Roffhausen nicht mehr
hergestellt. Stattdessen ist in die ehemaligen Werkshallen ein großes Call-Center
eingezogen.