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Festschrift zum 40jährigen Jubiläum

der Dietrich-Bonhoeffer-Gemeinde
Nürnberg-Langwasser
Grußwort von Dekanin Ursula Seitz
Prodekanat Nürnberg-Ost
Liebe Dietrich-Bonhoeffer-Gemeinde, Bei aller Unter-
schiedenheit
Sie werden heuer 40 Jahre alt. Das ist ein sehe ich eine
Inhaltsverzeichnis Grund, zu feiern und dankbar zu sein. Ich ganze Reihe
freue mich, Ihnen dazu herzlich gratulie- von Verhal-
Grußwort Frau Dekanin Ursula Seitz . . 3 ren zu dürfen. tensweisen,
Grußwort Pfr. Hans-Willi Büttner . . . . . 5 Ihr Namensgeber, Dietrich Bonhoeffer, die Sie sich als
Grußwort Pfr. Thaddäus Posielek . . . . . 7 wurde mit 39 Jahren durch die Natio- Gemeinde von
Protokoll des Gemeindeausschusses . . . 9 nalsozialisten hingerichtet, auf der Höhe dem vereh-
Gründungsurkunde . . . . . . . . . . . . . . . . 11 seines Lebens, in der Blüte seiner Jahre. rungswürdigen
Berufungsschreiben des ersten Kirchen- Selbstverständlich kann man Sie beide Namensgeber
vorstands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 nicht gut miteinander vergleichen. Nur abschauen können. Folgende möchte ich
Tabellarische Gemeindegeschichte . . . 13 die Jahreszahl und den Namen haben Sie nennen:
Erinnerungen Pfr.in Helga Körtge . . . . 19 gemeinsam. Ansonsten unterscheiden Sie • Politische Verantwortung über-
Erinnerungen Edeltraud Hangele. . . . . 22 sich: nehmen: Dietrich Bonhoeffer ging
Erinnerungen Pfr. Gerhard Heinz . . . . 28 Hier ein einzelner Christ – da eine christ- einen gefährlichen Weg. Aus seiner
Erinnerungen Pfr. Friedhelm Beck . . . . 34 liche Gemeinde. Überzeugung heraus, dass es nicht
Erinnerungen Eduard Gradel . . . . . . . . 36 Hier jemand, dessen Leben mit knapp 40 genüge, Opfer von Ungerechtigkeit
Erinnerungen Pfr.in Karola Glenk . . . . 39 Jahren endet – da eine Gemeinschaft, und Gewalt zu trösten und zu heilen,
Erinnerungen Pfr. Michael Väth . . . . . 40 der (fast) alle Wege in die Zukunft offen sondern dass man sie verhindern
Erinnerungen Pfr. Saggese . . . . . . . . . . 43 stehen. müsse, also „dem Rad in die Spei-
Erinnerungen Diakon Friedrich Röttenba- Hier als Umfeld ein verbrecherisches Re- chen greifen”, entschloss er sich zur
cher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 gime – da eine dem christlichen Glauben Mitwirkung am Attentat auf Hitler.
Erinnerungen Pfr. Winfried Vogt . . . . . 54 freundlich gesonnene Politik und Gesell- Er nahm damit sehenden Auges die
Die „Wiege“ der Gemeinde im Wandel der Festschrift der Kirchengemeinde der schaft. Schuld eines Mordes auf sich, um ei-
Zeit von Ingrid Huml . . . . . . . . . . . . . . . 57 Dietrich-Bonhoeffer-Kirche, Nürnberg Aber Sie nennen sich nach ihm. Ein höchst ner anderen Schuld nicht zu erliegen.
Diakonie in Langwasser im Wandel der zum 40jährigen Gemeindejubiläum interessantes Bild in Ihrem Gemeindezen- Wegsehen von der Ermordung der
Zeit von Markus Feix . . . . . . . . . . . . . . . 59 Idee: Edeltraud Hangele trum erinnert Sie bei jedem Eintreten an Opfer des verbrecherischen Regimes
Schlusswort Pfr.in Dr. Griet Petersen und Umsetzung und Layout: Daniel Szemerédy ihn. Er ist Ihnen – soweit ich das beurtei- wollte er nicht. Viele mit solchem
Pfr. Daniel Szemerédy . . . . . . . . . . . . . 62 Auflage 300 Stück len kann – Vorbild. Mut gab und gibt es nicht. Aber die
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Grußwort von Pfarrer Hans-Willi-Büttner
Paul-Gerhardt-Kirche, Langwasser

Christenheit braucht sie. fängnis Berlin-Tegel: „Wer bin ich”, Wir sind Evangelische Kirche in Langwas-
• Zu seiner Berufung stehen: Dietrich in dem er die beiden Seiten seines ser! Als die Zahl der Menschen, die im
Bonhoeffer hätte sein Leben und Wesens beschreibt: eine zitternde Stadtteil lebten, weiter wuchs und neue
seine Arbeit retten können. Er war Seele im Innern gepaart mit sicherer Siedlungsbereiche erschlossen wurden,
bereits im Exil in England, hatte dort Ausstrahlung nach außen. Stark und war es klar, dass „Wir” etwas tun muss-
gute Freunde gefunden und eine schwach sein zugleich – das kennen ten, um den Menschen nahe zu sein. Wie
große Karriere vor sich. Aus Verant- wir auch. Das rückhaltlose sich Gott darum einst die Paul-Gerhardt-Kirche aus
wortung für die Kirche in Deutsch- Überlassen „Wer ich auch bin, du St. Paul an der Bauernfeindstraße hervor-
land kam er zurück und stellte sich kennst mich, Dein bin ich, o Gott!”, ging, so wurden in Langwasser aus der
dem, was ihn erwartete. Er tat es aus das können wir von Dietrich Bon- einen Gemeinde zwei Gemeinden, dann che als der Muttergemeinde sprechen
seinem Glauben heraus. hoeffer lernen. drei, schließlich vier. darf, dann freut sich die Mutter über
• Mit Bruchstücken leben: Dietrich • Im Ende den Anfang sehen: Das ist Dietrich-Bonhoeffer war die dritte. Auch das gedeihende Kind, besonders aber
Bonhoeffer fand die Frau seines Le- mehr als die Chance in der Krise. Es wenn sich jede Gemeinde vornehmlich darüber, dass daraus ein lebendiges und
bens erst mit 37 Jahren. 2 Jahre lang ist das Wissen um die Auferstehung auf das eigene Gemeindeleben konzen- erwachsenes Miteinander der Gemeinden
war er mit Maria von Wedemeyer aus allem Bösen und jedem Tod. Bei triert – dazu ist sie ja da –, haben wir uns geworden ist. Darüber freuen wir uns und
verlobt – 2 Jahre, die er im Zucht- Bonhoeffer verdichtet es sich in den doch dieses „Wir” in Langwasser bewahrt, danken der Bonhoeffer-Kirche für den
haus verbrachte, so dass ihr Kontakt Worten, mit denen er in den Tod geht haben es sogar in den letzten Jahren sys- nun schon 40 Jahre dauernden Bund! Wir
überwiegend auf Briefverkehr be- „Das ist das Ende – für mich der Be- tematisch ausgebaut. Unser gemeinsamer sehen gemeinsam und hoffnungsvoll auf
schränkt war. Zwischen Hoffnung ginn des Lebens”. Gemeindebrief macht das Gemeinsame die Zukunft.
und Resignation bewegt sich diese Liebe Bonhoeffer-Gemeinde, meine wie das Eigene in guter Weise sichtbar.
intensive Beziehung. Die Zuversicht Glückwünsche zu Ihrem Jubiläum paaren Wenn man von der Paul-Gerhardt-Kir- Pfarrer Hans-Willi Büttner
behält in seinen Briefen die Ober- sich mit den Wünschen für die Zukunft,
hand. die ich der Biografie Ihres Namensgebers
• Als Schwacher stark sein: Was entnommen habe. Mögen Sie ihm alle
Paulus 2. Korinther 12,10 schreibt, Ehre machen! Gott segne Sie!
gießt Dietrich Bonhoeffer in das
wunderbare Gedicht aus dem Ge- Ihre Dekanin Ursula Seitz
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Grußwort von Pfarrer Thaddäus Posielek
Menschwerdung Christi, Langwasser

Es gibt keine größere Liebe,


als wenn einer sein Leben
für seine Freunde hingibt!
Johannes 15,13

Liebe Geschwister der Gemeinde


Dietrich Bonhoeffer!

Sie feiern in diesen Tagen den 40. Ge- - mal näher, mal weiter entfernt vonein-
burtstag Ihrer Gemeinde. ander - 40 Jahre Bereitung, Bewährung,
Als Nachbargemeinde und aus geschwis- 40 Jahre mit der gemeinsamen Sehnsucht,
terlicher Verbundenheit dürfen wir Ihnen das „Gelobte Land” zu betreten.
herzlich zu diesem Fest des Lebens gratu-
lieren. Unsere Gemeinden - gelobtes Land?
Ja, mit allen Höhen und Tiefen!
Nicht nur unsere Nachbarschaft und un- Ja, weil Gott uns vorangeht und mitten
sere fast zeitgleiche Gemeindewerdung unter uns wohnt. Ja, weil wir im alltäg-
verbinden uns, vor allem sind wir EINS in lichen ökumenischen Miteinander die
Christus Jesus, der gekommen ist, damit Früchte des Glaubens, der Hoffnung, der
wir das Leben haben (Johannes 10,10) Liebe und Geschwisterlichkeit in vielfälti-
ger Weise kosten und erleben!
Dieses gemeinsame Schauen und Hören
auf IHN macht uns für immer zu Ge- Möge unsere Freude und Offenheit für
schwistern, die auf ein gemeinsames Ziel das Miteinander-auf-dem-Weg-sein be-
Bilder des 4KV-Tages am
3. April 2004 in der Dietrich- zugehen und aus derselben Mitte leben. harrlich wachsen!
Bonhoeffer-Kirche, der die jün- Möge unser gemeinsames Christsein zum
gere Kooperation der vier Lang-
wasserGemeinden begründete. 40 Jahre gehen wir schon Seit‘ an Seit‘ Zeugnis gelingenden Lebens werden - für
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die Menschen in Langwasser und darüber Mit herzlichen Glück- und Segenswün-
hinaus. schen

Und wenn unsere Ökumene- und Frie- Im Namen der Kath. Kirchengemeinde
densglocke läutet, dann soll sie ein klang- Menschwerdung Christi
voller Ruf der Sehnsucht nach Einheit in
Christus sein! Thaddäus Posielek, Pfarrer

Seit einigen Jahren tauschen die Schwestergemeinden am Ostermorgen „Geschwister“ der jeweiligen Osterkerzen.
(3. von links Gemeindereferentin Margit Maderstein, dann Pfr. Thaddäus Posielek, 4. von rechts Religionspäd-
agogin Rebekka-Chiara Hengge, Vikar Norbert Ehrensperger, Pfr. Daniel Szemerédy und Pfr.in Griet Petersen)

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40 Jahre Dietrich-Bonhoeffer-Gemeinde
Tabellarische Gemeindegeschichte
13. September 1968 Namensgebung „Dietrich-Bonhoeffer-Kirche“ durch den Ge-
meindeausschuss für Neuselsbrunn und Nachbarschaft U
1. November 1968 Dienstantritt von Vikarin Helga Körtge
10. Juni 1969 Datum der Gründungsurkunde
15. Juni 1969 Einweihung der Montagekirche, Zugspitzstr. 9
1. September 1969 Gründung der Gemeinde mit Dienstantritt von Pfr. Oskar
Lützow
5. April 1970 1. Konfirmationsgottesdienst der jungen Gemeinde
8. November 1970 Dienstantritt von Pfr. Gerhard Heinz auf der neu errichteten 2.
Pfarrstelle
17. März 1972 Gründungsversammlung des Gemeindebauvereins (Vorsitzen-
der Herr Ernst Wiendl)
2. Juli 1973 Pfr. Oskar Lützow verlässt die Gemeinde
25. Juli 1973 Gründungsversammlung des Kindergartenvereins
1. August 1973 Wechsel von Pfr. Gerhard Heinz auf die 1. Pfarrstelle
1. Dezember 1973 Dienstantritt von Pfr. Traugott Richter auf der 2. Pfarrstelle
9. März 1974 Landeskirchenrat genehmigt Bau der Dietrich-Bonhoeffer-Kir-
che (Baukosten: DM 3.200.000,-)
30. Juni 1974 Erster Spatenstich für den Neubau
24. November 1974 Grundsteinlegung
26. Juni 1975 Richtfest
1. August 1976 Eröffnung des Kindergartens
10. Oktober 1976 Einweihung des Gemeindezentrums
13. bis 17. Juni 1979 Deutscher Evangelischer Kirchentag in Nürnberg
31. August 1980 Pfr. Gerhard Heinz verlässt die Gemeinde
1. Januar 1981 Dienstantritt von Robert Schmidt als Langwasser-Jugendleiter
1. Juli 1981 Dienstantritt von Pfr. Friedhelm Beck auf der 1. Pfarrstelle
1. April 1982 Ordination von Pfr.in Karola Glenk
31. März 1984 Pfr. Traugott Richter verlässt die Gemeinde
1. April 1984 Pfr.in Karola Glenk übernimmt die Pfarrstelle in der neu ge-
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gründeten Martin-Niemöller-Gemeinde stand
1. November 1984 Dienstantritt von Pfr. Michael Väth auf der 2. Pfarrstelle 1. September 1999 Dienstantritt von Pfr.in Dr. Verena Grüter als Elternzeitvertre-
11. Januar 1985 Glockenguss terin für Pfr.in Dr. Griet Petersen
1985 Einweihung der neuen Glocken 1. Oktober 1999 Dienstantritt von Josef Forster als Hausmeister und Mesner
1. Dezember 1985 Jugendleiter Robert Schmidt beendet seinen Dienst 20. Dezember 1999 Pfr. Wolfgang Löffler verstorben
1986 Errichtung des Glockenturmes 1. April 2000 Dienstantritt von Markus Feix als Leiter der Diakoniestation
1. Juni 1988 Pfr. Väth verlässt die Gemeinde Langwasser
1. September 1988 Dienstantritt von Pfr. Alberto Saggese auf der 2. Pfarrstelle Juni/Juli 2000 Pfr.in Ute Böhne arbeitet in unserer Gemeinde als Krankheits-
12. Februar 1990 Erster Hilfstransport nach Rumänien vertretung für Pfr. Friedhelm Beck.
1. September 1990 Dienstantritt von Diakon Friedrich Röttenbacher als Gemein- Juli 2000 Unser früherer Vertrauensmann Konrad Lösel ist verstorben.
dediakon (Jugend und Familienhilfe) 18. November 2000 Verleihung des Ferdinand-Drexler-Preises an Schwester Grete
13. Oktober 1991 Einweihung der neuen Orgel Eppelein
30. September 1993 Pfr. Saggese verläßt die Gemeinde 31. Dezember 2000 Ruhestandseintritt von Frau Edeltraud Hangele als Pfarramts-
1. Oktober 1993 Dienstantritt von Pfr. Wilfried Vogt auf der 2. Pfarrstelle sekretärin
1. Januar 1995 Frau Ingrid Huml übernimmt die Leitung des Kindergartens 14. Januar 2001 Pfr.in Dr. Grüter verlässt die Gemeinde
9. April 1995 50. Todestag von Dietrich Bonhoeffer 4. Februar 2001 95. Geburtstag Dietrich Bonhoeffers
Mai 1995 Einbruch in Pfarramt und Kindergarten 15. Juli 2001 Pfr. Friedhelm Beck verlässt die Gemeinde
31. Mai 1995 Brand in unserem Jugendhaus 1. April 2002 Dienstantritt von Pfr.in Dr. Griet Petersen und Pfr. Daniel Sze-
15. Oktober 1995 Erste Silberne Konfirmation in DBK meredy auf der 1. Pfarrstelle
11. Juli 1997 Neue Photovoltaikanlage auf dem Kirchendach September 2002 Dienstantritt von Rel.päd. Christine Kölbl mit 4 Stunden zur
31. Juli 1997 Pfr. Wilfried Vogt verlässt die Gemeinde Integration von Spätaussiedlern
16. Januar 1998 Dienstantritt von Pfr.in Dr. Griet Petersen auf der reduzierten 1. November 2002 Dienstantritt von Pfr.in z. A. Veronika Dressel auf der 2. Pfarr-
2. Pfarrstelle (50%) stelle (50%)
1. Februar 1998 Dienstantritt von Pfr. Wolfgang Löffler als Wiedereingliede- 1.-5. Oktober 2003 Eduard Gradel, Klaus Styhler und Jürgen Schuller begleiten
rungsmaßnahme nach Krankheit den bisher letzten Rumänentransport mit dem PKW (Hilfsgüter
7. März 1998 Grundsteinlegung für das neue Jugendhaus per Spedition am 30. September vorausgeschickt)
11. Oktober 1998 Einweihung des neuen Jugendhauses “Phönix” 5. Oktober 2003 Verabschiedung unseres Organisten Gunter Metscher (seither
18. April 1999 Erster Gottesdienst von Pfarrverwalterin Helga Wutzler zur wechselnde Honorarkräfte)
Aushilfe Dezember 2003 Erste Ausgabe des neu gestalteten gemeinsamen Gemeinde-
September 1999 Hausmeisterehepaar Käthe und Michael Krauss geht in Ruhe- briefes “Evangelisch in Langwasser”
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6. Mai 2004 konstituierende Sitzung des LangwasserAusschusses als be- des Diakonie an Edeltraud Hangele für ihren Einsatz im Verein
schließendem Ausschuss der 4 Langwasser-Kirchenvorstände über 34 Jahre
zur Gestaltung der Kooperation 8. Mai 2008 Baubeginn des 1. Bauabschnitts der Sanierung des Gemein-
16. Mai 2004 Abschied von Pfr.in Veronika Dressel und Streichung der 2. dezentrums Dietrich-Bonhoeffer-Kirche (Heizung/Lüftung des
Pfarrstelle Gemeindezentrums und Dach Fassade des Kirchenraumes)
16. Juni 2004 Verabschiedung von Frau Ingeborg Gradel als Pfarramtssekre- 25. Mai bis
tärin in den Ruhestand 28. September 2008 Gottesdienste im Jugendraum wegen der Kirchensanierung
Juli 2004 Verbschiedung von Christine Kölbl 1. Juli 2008 Jugendhaus Phönix geht in die Trägerschaft der Evangelischen
1. Januar 2005 Gründung des gemeinsamen Büros der vier Langwasserge- Jugend Nürnberg über und bildet seither die Zentrale der Ju-
meinden mit gemeinsamer Finanzierung des reduzierten Ver- gendarbeit in Langwasser
waltungs- und Hauspersonals – die 4 Langwasser-Pfarrämter 26. September 2008 Abbruch des Glockenturm zur Räumung der Glockenwiese für
sind nur noch Filialen mit begrenzter, teilweise ehrenamtlicher den Verkauf zur Finanzierung des 1. Bauabschnitts der Sanie-
Öffnung rung des Gemeindezentrums
8.-10 April 2005 Gedenkwochenende zum 60. Jahrestag der Ermordung Diet- 5. Oktober 2008 Wiedereinweihung der Kirche nach erfolgter Sanierung
rich-Bonhoeffers mit Übergabe des Bildes “dietrich_die_son- 7. Mai 2009 Erster vorläufiger Bescheid, dass der Kindergarten mit Mitteln
ne_geht_auf” und Performance von Karsten Neumann im aus dem Konjunkturpaket II zur energetischen Sanierung rech-
Foyer des Gemeindezentrums nen darf (Baubeginn voraussichtlich Mai 2010)
Januar 2006 Schwester Grete gibt den Feierabendkreis nach 16 Jahren ab
4. Februar 2006 Festgottesdienst zum 100. Geburtstag Dietrich Bonhoeffers gesammelt von Edeltraud Hangele und ergänzt von Daniel Szemerédy
11. Juni 2006 Pfr. Oskar Lützow verstorben
1. April 2007 Kindergarten geht in die Trägerschaft der neu gegründeten
dekanatlichen EKiN gemeinnützige GmbH über
April 2007 Reduzierung der Hausmeisterstunden in DBK und Übernahme
von Hausmeistertätigkeiten in ganz Langwasser durch Josef
Forster nach dem Ruhestandseintritt von Helmut Kraus (Mar- „dietrich_die_sonne_geht_
tin-Niemöller-Kirche) auf“ von Karsten Neumann:
Dieses Kunstwerk wurde
Mai 2007 Mesnerdienst in allen LangwasserGemeinden durch Ehrenamt- am 9. April 2005 zum 50.
liche Jahrestag der Ermordung
Dietrich Bonhoeffers mit
26. Juni 2007 Beschluss der Mitgliederversammlung zur Auflösung des Kin-
einer Performance im Foyer
dergartenvereins und Verleihung des Goldenen Kronenkreuzes fertiggestellt.

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Erinnerungen von Pfarrerin Helga Körtge
1968-1978

Als ich am 1. November 1968 nach Lang-


wasser kam, bestand die Dietrich-Bon-
hoeffer-Gemeinde noch nicht. Sie war
jedoch bereits im Werden begriffen und
gab schon kräftige Lebenszeichen von
sich. Noch gehörten die Evangelischen in
Neuselsbrunn zur Gemeinde St. Paul, die
Evangelischen in der Nachbarschaft U,
dem Neubaugebiet rechts und links von
Wetterstein- und Karwendelstraße, zur
Am 15 Juli 1969 wurde die erste Kirche der jungen Paul-Gerhardt-Gemeinde. In der Nach- aus, den sie zuvor in einer Privatwoh-
Gemeinde im wachsenden Stadtteil an der Zugspitz-
str. 9 eingeweiht. Seit 1984 als Jugendhaus genutzt barschaft U sollte ich zunächst arbeiten. nung abgeholt hatten. Ein Kreis junger
und am 31. Mai 1995 abgebrannt. Seit Dezember 1966 waren hier viele Häu- Ehepaare traf sich reihum in den Wohn-
ser bezogen worden. Noch überwogen zimmern. Eigentlich sollte ich nun damit
aber Baustellen und unbebaute Flächen. beginnen, in meiner Wohnung Gruppen
Eine Kirche und Versammlungsräume wa- zum Gespräch zu versammeln. Wegen des
ren nicht vorhanden. Sehr bald lernte ich Einspruchs der anderen Hausbewohner
Gemeindeglieder kennen, die sich auf die war das aber nicht möglich. So bestand
zukünftige Gemeinde freuten und bereit meine Hauptaufgabe zunächst darin,
waren, in ihr mitzuarbeiten. bei Hausbesuchen die evangelischen Ge-
meindeglieder kennenzulernen und zur
Gelegentlich traf sich der „Kirchenaus- Gemeinde einzuladen.
schuss”, eine Art provisorischer Kirchen-
vorstand, um Pläne zu machen und Wün- Ein großes Ereignis war es, als in der of-
sche zu formulieren. Ihm gehörten u. a. fiziell noch nicht vorhandenen Gemein-
Herr Konrad Lösel, Frau Maria Hochlech- de die ersten Gottesdienste stattfinden
ner und Frau Edeltraud Hangele an. Einige konnten. Sie trugen die Bezeichnung
1. Konfirmation der
jungen Gemeinde am Damen und Herren trugen schon den „Familienandachten”, weil Gottesdienste
5. April 1970 mit Pfr. Gemeindebrief der Paul-Gerhardt-Kirche von Frauen damals in Bayern noch nicht
Oskar Lützow
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gehalten werden durften. Der katholi- Die Festpredigt hielt Dekan Fritz Kelber. der Gemeindebücherei Paul-Gerhardt-
sche Pfarrer Stephan Dierig hatte seinen Liebevoll waren die Feierlichkeiten von Kirche eingerichtet. Zusätzlich zum
evangelischen Nachbarn freundlicher- Gemeindegliedern vorbereitet worden. Hauptgottesdienst wurde im Frühjahr
weise die Mitbenutzung der katholischen Weil kein Geld für Kirchenschmuck vor- 1970 ein Frühgottesdienst eingeführt.
Behelfskirche angeboten. So traf sich handen war, mussten wir die Blumen halt Zahlreiche neue Veranstaltungen fanden
die evangelische Gemeinde erstmals am auf der um uns liegenden Heidelandschaft statt: Gemeindeabende, ein Kurs für
Abend des 19. Dezember 1968 zu Lied, pflücken. häusliche Krankenpflege, Gespräche um
Gebet und Predigt. Ich sprach über das die Bibel. Ein Kirchenchor wurde vor dem
Wort „Bereitet dem Herrn den Weg“ aus Die Montagekirche befand sich dort, Weihnachtsfest durch Frau Lützow ins Le-
Jesaja 40. Dies war der Wochenspruch, der wo heute das Jugendhaus „Phönix” ben gerufen. Feste spielten bereits im Jahr
nun zum Programm der nächsten Monate steht. Neben ihr wurde ein einfacher 1970 eine große Rolle. Manchmal wurde
wurde. Herr Georg Purzner, der erste Mes- Glockenträger errichtet, von dem aus es im Montagehaus sehr eng. Aber das
ner unserer Gemeinde, waltete damals nun Sonntag für Sonntag die Glocke hatte auch sein Gutes. Man kam einander worden wäre. Der Rücktritt wurde – Gott
bereits seines Amtes. Einen Organisten aus dem ehemaligen Valka-Lager zum näher und lernte sich kennen. sei Dank – nicht nötig.
hatten wir nicht einmal bei der ersten Haupt- und Kindergottesdienst rief. Auch
Christvesper. Der Gemeindegesang kam andere Veranstaltungen konnten jetzt Ich selber durfte weiterhin in der Ge- Am 15. November 1970 kam Pfarrer Ger-
dafür aus vollem Herzen. stattfinden. Die Mitarbeiter trafen sich zu meinde arbeiten. Diese ersten Jahre in hard Heinz neu in die Gemeinde. Über die
Besprechungen. Zahlreiche Kinder kamen Langwasser waren für mich eine sehr weiteren Ereignisse werden wohl andere
Ganz besonders beeindruckt hat mich am zu den Jungschargruppen. Einmal waren bewegende und beglückende Zeit. Zu Mitarbeiter berichten. Für mich persön-
23. Januar 1969 der erste ökumenische es sechsundvierzig. Der Feierabendkreis sehen, wie aus dem Nichts etwas wuchs, lich war es besonders erfreulich, dass ich
Gottesdienst. Das 1965 zu Ende gegan- und ein Mütterkreis kamen regelmäßig bereitete mir ungeheuere Freude. Obwohl am 20. Juni 1976 nach langen Jahren des
gene Zweite Vatikanische Konzil hatte ihn zusammen. damals in der Bayerischen Landeskirche Wartens endlich meine Ordination bege-
möglich gemacht. Es war bewegend zu er- Frauen noch nicht ordiniert werden konn- hen konnte. Zwei Jahre blieb ich danach
leben, dass evangelische und katholische Am 1. September 1969 trat Pfarrer Oskar ten, durfte ich im Wechsel mit Pfarrer noch in Langwasser.
Christen gemeinsam singen, beten und Lützow seinen Dienst auf der neu er- Lützow regelmäßig Gottesdienste halten.
auf Gottes Wort hören konnten. richteten Pfarrstelle an. Zugleich wurde Sehr dankbar bin ich dem ersten Kirchen- Der Dietrich-Bonhoeffer-Gemeinde wün-
an diesem Tag die Dietrich-Bonhoeffer- vorstand, der meinen Dienst ausdrücklich sche ich für ihr Fest alles Gute und für die
Am 15. Juni 1969 war es dann endlich so Gemeinde offiziell gegründet. Schritt für wünschte und sogar bereit gewesen wäre, Zukunft in den jetzt schwieriger werden-
weit: Unsere Montagekirche, auf die wir Schritt konnte nun die Kirchengemeinde geschlossen zurück zu treten, wenn mir den Zeiten Gottes Segen.
so lange gewartet hatten, wurde durch weiter aufgebaut werden. Noch im Herbst das Predigen untersagt worden wäre oder
Oberkirchenrat Hans Luther eingeweiht. wurde eine Gemeindebücherei als Zweig ich sogar aus der Gemeinde abberufen Helga Körtge, Pfarrerin i. R.
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Erinnerungen von Edeltraud Hangele
Pfarramtserinnerungen ... - oder man glaubt nicht, wie
schnell die Zeit vergeht
nen Kindern in einer Öde ohne Anschluss. ich daran zurück, wie wir unsere erste schreiben, und auch Abrechnungen
Da musste ich mir etwas suchen und habe Andacht in der katholischen Nachbar- müssten erledigt werden.” Erst machte ich
eines Tages gelesen, dass hier auch eine gemeinde Menschwerdung Christi -die diese Aufgaben natürlich ehrenamtlich,
neue Kirchengemeinde gegründet werden katholische Kirche war sehr viel schneller denn ich war fest überzeugt, sowie meine
sollte. als wir- halten konnten. Kinder aus dem Gröbsten heraus sind bzw.
Von Haus aus war ich kirchlich erzogen Von dem Aufbau einer evangelischen wenn ich einen Kindergartenplatz finden
und so ging ich zum Gottesdienst in die Kirchengemeinde hatte ich nicht viel bzw. würde, kehre ich auf meine alte Stelle in
Paul-Gerhardt-Kirche. Dort war ein sehr gar keine Ahnung, und so war es nahe- einer großen Nürnberger Versicherung
rühriger Siebenbürger-Pfarrer, Pfarrer liegend, sich erst einmal zu informieren, zurück.
Wenzel, der am liebsten alles auf einmal um auch etwas Beständiges zu schaffen. Aber alles kam völlig anders. Aus der
aufgebaut hätte. Er besuchte ununter- Mein ehemaliger Gemeindepfarrer in der ehrenamtlichen Arbeit ging eine feste
Dreißig Jahre habe ich in unserem Pfarr- brochen zusammen mit seiner Vikarin, Reformationskirche half mir bei vielen Anstellung mit 12 Stunden in der Woche
amtsbüro, in der Gemeinde und im Kir- Frau Helga Körtge, alle jungen Familien Gesprächen sehr. im Pfarramt hervor, denn einen kleinen
chenvorstand gearbeitet und rückblickend und versuchte viele Neuankömmlinge zu Die ersten Jahre erzählt Frau Körtge ja Zuschuss für unsere Familienkasse konnte
möchte ich sagen, es war eine Lebensauf- gewinnen, um seine Pläne für Junge und schon auf einer anderen Seite dieser klei- ich auch gut gebrauchen. So begann es
gabe. Gerne erinnere ich mich, als ich mit Alte schnellstmöglichst durchzusetzen. nen Festschrift. und was ist daraus geworden???
meiner jungen Familie am 1. August 1967 Leider hatte er aber in seiner Euphorie Am 1. September 1969 kam Pfarrer Oskar Ich möchte Sie nicht mit meinem Lebens-
nach Langwasser in die Watzmannstraße nicht mit der obersten Kirchenleitung Lützow mit seiner Familie aus Brasilien zu lauf langweilen, aber einige große, wie
gezogen bin. Die ganze Nachbarschaft U gerechnet. So schnell schießen die Fran- uns. Das war etwas besonderes, der brach- sagt man, „Highlights” möchte ich doch
war eine einzige Baustelle und alle unsere ken nicht. te neuen frischen Wind mit. Gottesdienste erzählen.
Freunde haben uns für verrückt erklärt, in Unsere junge Vikarin, Frau Körtge, sam- mit anschließendem Mittagessen, einen Vor allem war da der Kirchenneubau an
ein Gebiet ohne öffentliche Verkehrsmit- melte mit großem Elan die jungen Frauen Kirchenkaffee und vor allem eine Kinder- der Zugspitzstraße mit allem, was eine
tel oder Einkaufsmöglichkeiten zu ziehen. und Kinder. Wir trafen uns reihum am stunde in unserer kleinen Montagekirche neue Kirchengemeinde brauchte: Kirche,
Keine Schule und vor allem, was für die frühen Abend bei den einzelnen Familien waren schon etwas ganz Neues. Versammlungsräume, Kindergarten, Di-
neuzugezogenen Familien sehr zum zu Andachten und Gebeten und machten Natürlich gab es da viel Organisatorisches akoniestation, ein Haus für alleinerzie-
Nachteil war, kein Kindergarten. große Pläne. zu erledigen und eines Tages fragte er hende Mütter mit Kindern, Läden und
Ich war nicht berufstätig, mein Mann war Hier fand ich also schon nach kurzer Zeit mich: „Sagen Sie einmal, Sie sind doch vieles andere mehr sollten in dieses neue
auf Montage und kam damals nur alle eine Aufgabe, wo ich meine überschüssi- eine gelernte Kontoristin, könnten Sie Haus. Aber auch schon damals hatte die
paar Wochen heim und ich mit zwei klei- gen Kräfte ausleben konnte. Gerne denke nicht einmal einige Briefe für mich Kirche kein Geld, und so wurden viele,
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viele Abstriche gemacht. Was daraus aber ohne unsere modernen Pfarrer, wie sent sein und auch die neue Form des Aber o je, an diesem Freitag goss es in
geworden ist, erleben Sie ja jetzt selbst. Pfarrer Richter und später Pfarrer Beck, „Feierabendmahls” durfte bei unseren Strömen. Ich weiß nicht mehr, wie wir es
Pfarrer Lützow konnte es nicht erwarten und einem aktiven Kirchenvorstand konn- Aktivitäten nicht fehlen. Einen Quartier- geschafft haben, dieses große Ereignis in
und meldete sich auf eine andere Stelle, ten diese Vorhaben nicht durchgeführt meister mussten wir auch suchen, denn unser, ach so volles, Gemeindezentrum
aber Pfarrer Gerhard Heinz hatte sehr viel werden. das Motto hieß: „Im Stehen schläft sich’s zu verlegen, denn zu diesem Gottesdienst
mehr Stehvermögen. Unermüdlich setzte Dann kam er!! Der Deutsche Evangelische schlecht.” In unserer Gemeinde haben wir gehörte nicht nur eine Abendmahlsfeier
er sich für seine Gemeinde und die neue Kirchentag kommt 1979 nach Nürnberg!! mehr als 400 Gäste beherbergt und waren in ganz moderner Form, sondern auch ein
Kirche ein, und ich möchte sagen, er war Noch dazu wurde als Tagungsort das neue sehr stolz, so viele Quartiere bei privaten riesiges Abendessen-Buffet für alle Besu-
unser Baupfarrer. Ohne ihn und die vielen Messezentrum ausgewählt, das ja zu un- Familien, in unseren Jugendräumen und cher. Mit Hilfe der ganzen Nachbarschaft,
rührigen Gemeindeglieder wie Herrn Lösel serer Gemeinde gehört. bei den Nachbarn gefunden zu haben. ob katholisch oder evangelisch, haben wir
oder Herrn Wiendl wären wir nie zu einem Fast zwei Jahre wurden diverse Gottes- Sogar einige Einfamilienhäuser wurden an diesem Abend nicht nur einen sehr
Gemeindezentrum gekommen. Der Vor- dienste, Diskussionen und Veranstaltun- uns kostenlos zur Verfügung gestellt (die beeindruckenden Gottesdienst gefeiert,
sitzende des Gemeindebauvereins, Herr gen, die in unserem Gemeindezentrum Familien waren im Pfingsturlaub) und sondern auch die 1000 Besucher in unse-
Wiendl, sammelte jeden Pfennig, und wie stattfinden sollten, vorbereitet. Natürlich dort brachten wir die Pfarrer der Bremer rem Zentrum bewirtet.
viele Aktionen, Feste und Gottesdienste wollten wir auf dem Markt der Mög- Seemannsmission unter. Die katholische Am Ende dieser Festwoche waren alle
wir für die Einrichtung des Nachbargemeinde übernahm die Kinder geschafft, aber noch heute denken wir
neuen Zentrums veran- aus unserem Kindergarten und die Erzie- gerne an diesen Kirchentag zurück.
stalteten, weiß ich heute herinnen bewirteten täglich zum Früh- Mir kommen bei diesem Rückblick viele
nicht mehr. Wir waren stück mehr als 100 Gäste. Den ganzen Tag Erinnerungen in den Sinn, denn in mei-
damit zufrieden, als wir über fanden viele Vorträge, Diskussionen ner Zeit als Pfarramtssekretärin gab es
am 10. Oktober 1976 unser und Gottesdienste bei uns statt. Immer kaum ein kirchliches Fest (Einführung
neues Zentrum einweihen wieder musste unsere flexible Kirche und Verabschiedung von PfarrerInnen,
konnten. verändert werden. Alle PfarrerInnen und Kircheneinweihung, Glockenweihe, Bon-
Viele Familienfreizeiten MitarbeiterInnen waren den ganzen Tag hoeffer-Gedenktage usw.), das wir nicht
führten uns ins benach- gefordert. Und dann kam es, das große gemeinsam vorbereiteten und durch-
barte Ausland, wir suchten Feierabendmahl. Es sollte im Freien statt- führten. Die Einbrüche in unserem Büro
neue Gottesdienstformen finden, auf einer großen Bühne, und Herr und im Kindergarten und der Brand des
und mancher Familiengot- Gradel, der Verantwortliche für dieses Jugendhauses haben manchmal trübe
tesdienst endete mit einem gemeinsamen lichkeiten im Messezentrum mit dem Fest, war Tag und Nacht unterwegs, um Stunden in unseren Alltag gebracht. Aber
Mittagessen. Ich spreche immer von wir, Thema „Kirche in der Neuen Stadt” prä- alles zu organisieren. mit Gottes gutem Geleit haben wir das
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auch geschafft. Viele unserer Gemein- lich waren wir Bonhoefferer da sofort dass dieser Überschwung an Gefühlen ich denke doch, hier spart die Kirche an
deglieder durften wir bei traurigen, aber dabei. Viele Telefonate habe ich geführt, nicht bis jetzt angehalten hat. falscher Stelle, denn die Pfarrer sind für
auch schönen Zeiten begleiten. um Matratzen, Schlafsäcke, Betten und die Seelsorge, den sehr wichtigen Reli-
Am 9. November 1989 waren Herr Pfr. Decken von den Familien unserer Ge- Zum Schluss sei mir noch Folgendes er- gionsunterricht, die Gottesdienste und
Saggese, Frau Gradel und ich auf ei- meinde und meines Verwandten- und Be- laubt zu sagen: Kasualien zuständig und nicht für die
nem Computerkurs, denn auch in unser kanntenkreises zu organisieren. In diesen Wie Sie alle wissen, hat die Landeskirche organisatorischen Aufgaben in einer Kir-
Büro sollte die neue Technik einziehen. „heißen” Nächten haben wir oft in allen die Stellen für Pfarramtssekretärinnen in chengemeinde.
Beim Frühstück kam die Nachricht „Die Räumen Übernachtungsgäste beherbergt, Langwasser stark reduziert, denn in der Und darum bitte ich Sie herzlich: Lassen
deutschen Grenzen sind offen!“ und alle viele Abendessen und Frühstücke auf die heutigen modernen Zeit wurde analy- Sie uns auch weiterhin zeigen, dass wir
ostdeutschen Landsleute können herüber Beine gestellt. Besonders begehrt waren siert, dass in einer Kirchengemeinde mit eine christliche Gemeinde sind, die alle
und hinüber fahren, so oft sie wollen. natürlich Obst, Schokolade und Joghurt ca. 2.500 Gemeindegliedern nicht mehr Höhen und Tiefen miteinander trägt.
Erinnern Sie sich auch noch an diesen und ich muss sagen, nie sind so viele Geld- so viele Bürostunden anfallen dürfen.
denkwürdigen Tag, der unser Land so gra- spenden und Hilfen aus unserer Gemeinde Fazit ist, die vier evangelischen Lang- In alter Verbundenheit
vierend beschäftigen sollte? Nie hätte ich eingegangen wie in diesen Tagen. In aller wasser-Gemeinden haben sich zu einer
gedacht, wie sich alles verändern würde. Frühe fuhr ich schon in die Metro und Kooperation zusammengeschlossen, aber Ihre Edeltraud Hangele
Aber zunächst kam das Naheliegendste. habe alles eingekauft, damit dann alle
Aus unserer Partnerstadt Gera kamen Hungrigen und Durstigen gespeist werden
viele Sonderzüge nach Nürnberg, denn konnten. Manches Gemeindeglied steckte
jeder bekam ja 100,- DM Begrüßungsgeld, mir einen Geldschein zu, damit ich z. B.
und damit konnte man alles kaufen. Die 100 Tafeln Schokolade besorgen konnte.
vielen BesucherInnen überschwemmten Natürlich stand am Abend der ganze
unsere Stadt. Man durfte kostenlos mit Kirchenvorstand, die Pfarrer und viele
Im Rahmen der letzten
den öffentlichen Verkehrsmitteln fahren, rührige Gemeindeglieder zu Gesprächen Mitgliederversammlung
aber unsere Landsleute mussten auch ver- mit den neuen Landsleuten bereit, und des Kindergartenvereins
am 26. Juni 2007 wurde
köstigt werden, und auf der Straße konn- noch heute bestehen zu manchen Ost- Edeltraud Hangele das
ten sie auch nicht schlafen. Also gab der Freunden aus diesen Tagen noch freund- goldene Kronenkreuz der
Diakonie für ihren 34 Jahre
Nürnberger Dekan die Devise aus: „Macht schaftliche Beziehungen. andauernden Einsatz ver-
alle Gemeindehäuser für Übernachtungen Von dieser Grenzöffnung können wir liehen. (links: Erich Eberlein,
2. Vorsitzender des Vereins;
und Aufenthalte für Familien mit kleinen noch heute unseren Kindern und Enkeln
rechts: Ingrid Huml, Leiterin
Kindern und alte Menschen auf!“ Natür- erzählen und manchmal bedauere ich, der Kindertagesstätte)

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Erinnerungen von Pfarrer Gerhard Heinz
1973-1981
Der Anfang war einigermaßen chaotisch: gab kaum festgelegte Traditionen. Vieles sind für alle unvergesslich, die damals
Die Wohnung noch nicht fertig. Eine In- war möglich und vieles konnte erprobt dabei waren.
terimswohnung am Hummelsteiner Weg. werden. Es galt die ständig wachsende Erst als wir die Pfarrwohnung im Schnee-
Täglich bei Tagesanbruch Fahrt in die Gemeinde erst einmal zu sammeln. Besu- fernerring bezogen, konnte auch meine
Gemeinde, wo zwar eine Menge Arbeit che bei den Neuzugezogenen waren also Frau in der Gemeinde tatkräftig mitwir-
wartete, aber eigentlich kein Raum zur ein wichtiger Arbeitsschwerpunkt. Ein ken. Frauenkreis, Kinderstunde, Flöten-
Verfügung stand, um sich vorzubereiten rühriger Kirchenvorstand beriet, plante kreis und Musikgruppe mit Orffschen
oder sich zu sammeln, bevor nach Reli- und ebnete die Wege für ein vielfältiges Instrumenten, Gitarrenbegleitung in den
gionsunterricht, Gemeindebesuchen und Gemeindeleben, das vor allem auch durch Jugendgottesdiensten waren einige ihrer
Konfirmandenstunde Abendveranstaltun- die vielen ehrenamtliche Mitarbeiter ge- wichtigsten Aktivitäten. Als Frau Lützow
gen zu bewältigen waren. tragen wurde. mit ihrem Mann die Gemeinde verließ,
Zwei winzige Räume in der „Notkirche” Zum Glück gab kümmerte sich meine Frau um den Kir-
waren Schaltzentrale für die Koordination es schon Pfar- chenchor und das Orgelspiel. 1978 wurde
der Arbeit in einer täglich wachsenden rerin Körtge sie als nebenamtliche Kirchenmusikerin
Gemeinde, Besprechungsraum für die – damals noch angestellt.
Mitarbeiter, Gemeindeküche Büro für Pfarrvikarin, Die in der Stellenausschreibung beton-
Frau Hangele und Frau Gradel. Auch das weil manche te Zusammenarbeit mit den anderen
Amtszimmer des Pfarramtsführers war Kirchenoberen Langwassergemeinden funktionierte am
dort untergebracht, solange er mit seiner meinten, Frauen dürften keinen richti- Besten in der Alten- und Krankenpflege.
sechsköpfigen Familie in einer Dreizim- abende, Bibelstunden, Kirchenvorstands- gen Pfarrersdienst ausüben – und Pfarrer Schwester Grete hatte einen rührigen
merwohnung wohnte. sitzungen und vieles andere mehr. Sonn- Lützow, der von seiner vorigen Tätigkeit diakonischen Helferkreis um sich gesam-
Die drei größeren Räume waren durch tags hatten Herr Purzner und seine Frau in Brasilien melt, mit dessen Hilfe sie die vielfältigen
Schiebetüren wenigstens optisch vonein- die Räume für den Gottesdienst gerichtet gelernt hatte Aufgaben auf diesem Gebiet für ganz
ander trennbar. Da trafen sich morgens und all das quirlige Treiben der Werktage ungewohnte Langwasser bewältigte.
die Kindergruppen – ein Ersatz für den war für einige Zeit einer konzentrierten Wege der Durch regelmäßige Begegnungen mit den
eigentlich notwendigen Kindergarten. Am Atmosphäre gewichen, in der gesungen, Gemeinde- kommunalen Sozialdiensten in Langwas-
Nachmittag waren sie Unterrichtsräume gebetet und auf das Wort Gottes gehört sammlung ser war auch die Arbeit in den sozialen
für die Konfirmanden, Sammlungsort werden konnte. zu gehen. Ich Brennpunkten der Gemeinden gewähr-
für die Jungschar- und Seniorengruppen. Ich kam also in eine Gemeinde, in der denke, die von leistet, obwohl die kirchliche Präsenz
Am Abend gab es Jugendgruppen, Eltern- vieles improvisiert werden musste. Es ihm eingeführten großen Sommerfeste auf diesem Gebiet spürbar eingeschränkt
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war, nachdem die Stadtmission ihre So- nach und nach aufgegeben, nachdem gewährleistet war. 1973 verließ Pfarrer Lützow die Gemeinde,
zialarbeit mit Herrn Matthiesen und die der „Motor der Zusammenarbeit” Pfarrer Für die vielen Kinder war ein Kindergarten um einen Ruf der Norddeutschen Mission
Gemeinwesenarbeit durch Frau Deubel Wenzel als Dekan nach Weiden berufen dringend nötig. Deswegen entschloss sich anzunehmen. Für ihn kam gerade noch
einstellte. worden war. der Kirchenvorstand den Kindergartenbau rechtzeitig vor Weihnachten Pfarrer Rich-
Auch in der Jugendarbeit funktionierte Viel Arbeitskraft erforderte die Durch- vorzuziehen. Bereits 1970 war ein Mon- ter mit seiner Familie. Er brachte neue,
die Zusammenarbeit der drei evangeli- setzung der Kirchbaupläne. Zwar gab es tagehaus dafür geplant. Die Ausführung besinnliche Töne ein und bereicherte so
schen Langwassergemeinden. Durch den bereits seit 1966 erste Überlegungen für scheiterte aber am Einspruch der Nach- das quirlige Gemeindeleben mit seinen
Jugenddiakon Hannes Schneider war die das erforderliche Raumprogramm eines barn, die den Kinderlärm fürchteten. Sie besonderen Begabungen.
zentrale Koordination gegeben. Er sorgte Gemeindezentrums für die evangelischen konnten die Baumaßnahme auch deswe- 30. Juni 1974 konnte der erste Spaten-
für die Zurüstung der ehrenamtlichen Bewohner der Nachbarschaft U und Neu- gen stoppen, weil das Kirchenbauamt ver- stich für das Bonhoefferzentrum erfolgen.
Mitarbeiter. Er organisierte die großen selsbrunn, und am 1. November 1968 säumte, rechtzeitig die Baugenehmigung Bereits am 24. November wurde unter
Jungscharfreizeiten und die Jugendlager erhielt Architekt Albin Hennig den ersten einzuholen. großer Anteilnahme der Bevölkerung der
und Fahrten. Er kümmerte sich um den Preis für seinen Entwurf im Architekten- Grundstein gelegt. Am 26. Juni 1975 wur-
Jugendausschuss, dem Mitglieder aus al- wettbewerb. Bis es jedoch zum Baubeginn de Richtfest gefeiert. Der Kindergarten
len drei Gemeinden angehörten. Vor Ort und zur Fertigstellung kam, vergingen nahm am 1. August 1976 seine bis heute
gab es dann die verschiedensten Gruppen, viele Jahre mit immer neuen Änderungen so segensreiche Arbeit auf und am 10. Ok-
die von ehrenamtlichen Mitarbeitern und Abstrichen im Raumprogramm. tober 1976 wurde das Gemeindezentrum
geleitet wurden. In der Bonhoefferge- Große Verdienste auf dem Weg zum neu- eingeweiht.
meinde war Frau Pfarrerin Körtge für die en Gemeindezentrum erwarb sich Herr Endlich war die Voraussetzung geschaf-
weibliche Jugend zuständig, während ich Wiendl als Vorsitzender des Kirchbau- fen, die vielfältigen längst geplanten
mit tatkräftiger Unterstützung von Horst vereins, der Aktionen ohne die bisherige räumliche
Springer aus dem Kirchenvorstand die erhebliche Enge durchzuführen und auszubauen.
männlichen Jugendlichen sammelte und Summen an Von Anfang an lebte die Gemeinde unter
die für Langwasser so wichtige „offene Geld sam- den neu gegebenen Bedingungen auf. Die
Jugendarbeit” organisierte. melte, damit Bewährungsprobe für das neue Zentrum
Bei allen anderen Gemeindeaktivitäten nach Fertig- kam aber mit dem Kirchentag 1979.
erschien eine Konzentration auf die eige- stellung des Sowohl in der alten „Notkirche” als auch
ne Gemeinde vordringlich. Die anfänglich Gebäudes im neuen Zentrum fanden Kirchentags-
regelmäßige Dienstbesprechung aller auch die veranstaltungen statt. Für die Bonhoef-
Hauptamtlichen in Langwasser wurde Ausstattung fergemeinde gab es wohl vier Schwer-

30 31
den Tag gestärkt wurden.
Ein Stand am Markt der Möglichkeiten
war unter dem Thema „Kirche in der neu-
en Stadt” zusammen mit Pfarrer Hülser
und seinen Mitarbeitern aus einer Kölner
Trabantenstadt thematisch vorbereitet
worden. Mit vielen engagierten Mitarbei-
tern zeigten die beiden Gemeinden den
Kirchentagsgästen etwas von dem vielge-
staltigen Leben in ihrer neu entstandenen
und immer noch wachsenden Gemeinde.
Der absolute Höhepunkt aber war wohl
das Feierabendmahl in der neuen Kirche.
Fröhlich beschwingt und zugleich mit
tiefem Ernst wurde ein Festgottesdienst
gefeiert, bei dem sich die vielen Gäste
gegenseitig das gesegnete Brot und der
Kelch des Abendmahls reichten, einander
punkte: Segensworte zusprachen und sich mitrei-
An einem Stand beim Eröffnungsabend ßen ließen von den Liedern der Posaunen
wurden die Kirchentagsgäste mit Ge- und des Kirchenchors. Eine besondere
tränken und Brezeln begrüßt. Natürlich Zugabe waren die Choräle und Songs des
wurde dabei auch zu den Veranstaltungen renommierten Seemannschores aus Kiel.
vor Ort eingeladen. Viele sind in den drei Ich denke bis heute gibt es viele Gemein-
Tagen der Einladung gefolgt und zu uns deglieder in der Bonhoeffergemeinde, die
gekommen. damals erlebt haben, was die Kirchen-
Im Kindergarten war ein Nachtquartier tagslosung formulierte: Wir sind „zur
eingerichtet, wo die - meist jungen - Gäs- Hoffnung berufen” durch Jesus Christus,
te auf Luftmatratzen schlafen konnten unseren Bruder und Herrn.
Gerhard Heinz Kirchentag 1979 in Nürnberg und
und mit einem ordentlichen Frühstück für der Dietrich-Bonhoeffer-Kirche

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Erinnerungen von Pfarrer Friedhelm Beck
1981-2001
junge Familien; dabei wohnen in unserer zunehmen und Angebote zu schaffen, die in die Gemeinde hineingewachsen und
Gemeinde doch sehr viele!” diese Menschen mit Gemeinde und damit gehörten dazu.
Diese Wahrnehmung stand am Anfang eben mit dem Evangelium in Kontakt Dies sind nur zwei Schlaglichter aus
einer ganz wichtigen Gemeindeentwick- bringen sollte. der gemeinsamen Arbeit von 20 Jahren
lung. Ein erster Versuch in diese gemein- Zu dieser Form, Gemeinde in der Ge- Dietrich-Bonhoeffer-Gemeinde. Aber ich
debauliche Richtung war die Gründung genwart zu leben, als Zeitgenossen der glaube, sie beleuchten sehr gut, was uns
des Familienkreises, der nach und nach zu Bewohner von Langwasser, gehörte auch in diesen Jahren wichtig war: Dem Glau-
einem wichtigen Motor und Mitarbeiter- unsere Rumänienaktion. Diese Hilfsfahr- ben an Jesus Christus Atem und Gestalt
pool für viele Bereiche der Gemeindear- ten nach Rumänien hatten natürlich in zu geben in der Wirklichkeit des Alltags
beit wurde. Anfang der achtziger Jahre erster Linie das Ziel, den Menschen in dem in Langwasser. Wir haben nicht mehr nur
gründete meine Frau mit Anna Meyer völlig heruntergekommen Land zu helfen, darauf gewartet, dass die Menschen eben
den ersten Miniclub – damals noch in was uns ja mit Hilfe vieler Spender auch in die Kirche kommen, weil sie das als
der Spielwohnung am Euckenweg. Diese gelungen ist. Ein zweiter, nicht weniger gute Christen ja tun müssten, sondern,
Miniclubarbeit – anfangs von vielen noch wichtiger Aspekt aber war die Wirkung wir sind – im Bild gesprochen – auf die
etwas kritisch beäugt, weil die Frauen, dieser Aktion in unsere eigene Gemeinde Straßen und an die Zäune der Menschen
die da kamen, nicht auch gleichzeitig hinein. Mit dieser Aktion hatten wir Ver- gegangen und haben sie eingeladen, ih-
20 Jahre Bonhoeffer - meine Aufgabe soll regelmäßig in den Gottesdiensten präsent antwortung übernommen für Menschen nen Angebote gemacht, um sie vertraut
darin bestehen, ein paar Schlaglichter auf waren. jenseits unseres alltäglichen Horizontes zu machen mit der Gemeinde und dem
diese spannende und intensive Zeit der Mit der Zeit aber zeigte sich, dass diese und haben so christlicher Nächstenliebe Glauben an Jesus Christus. Ich habe diese
Gemeindeentwicklung zu werfen. Aber Investition langfristig und tragend war, sehr konkret Atem und Gesicht gegeben. Zeit sehr schön und intensiv in Erinnerung
wo soll ich anfangen und wo soll ich denn aus den nun entstehenden Mini- Und ein dritter Aspekt war für unseren und freue mich, sie mit meiner Familie zu-
aufhören? Was soll in diesem Bericht zur clubs ging eine Frauengruppe hervor und Gemeindeaufbau durchaus wertvoll und sammen in Langwasser erlebt zu haben.
Sprache kommen und was lasse ich weg? später eine Männergruppe, die unsere wichtig. Nur durch diese Aktion haben Ich grüße alle, die sich noch an uns erin-
Ich muss gestehen, eine schwierige Auf- Gemeinde belebten und bereicherten, Menschen zur Gemeinde gefunden, die nern, und wünsche der Gemeinde für die-
gabe, denn da kommen so viele Gesichter die an allen Ecken und Enden mit halfen den übrigen gemeindlichen Angeboten ses große Fest des 40. Geburtstages Mut
und Begegnungen, so viele Ereignisse und und sich sehr wohl in den Familiengottes- nur sehr distanziert gegenüber standen. und Kraft, Phantasie und Gehorsam und
Geschichten in der Erinnerung hoch. Des- diensten zuhause fühlten. Hier waren sie mit ihren Fähigkeiten natürlich und vor allem Gottes Segen.
halb nur ein paar Blitzlichter aus diesen Ziel unseres gemeinsamen Gemein- gefragt und wichtig und brachten sich
zwanzig Jahren: deaufbaues war es, die Bedürfnisse der intensiv ein. Und sie sind auf diese Weise Pfarrer Friedhelm Beck
“Es gibt bei uns in der Gemeinde so wenig Menschen in unserem Wohngebiet wahr-
34 35
Erinnerungen von Eduard Gradel
Langjähriger Kirchenvorstand und Chorleiter

sche Gemeinde zu gründen. gend Sängerinnen und Sänger sucht. Da lerweile bereits den Feierabendkreis, Kin-
wir beide schon immer gerne gesungen der- und Jugendgruppen, Kinderstunde
Im Jahre 1969 war es dann haben, ließen wir uns nicht lange bitten (statt Kindergarten mit Frau Amon) und
so weit. Plötzlich wurde eine und gingen mit zur Chorprobe. Damit be- den Chor.
Behelfskirche gebaut und wir gann für uns ein ganz besonderer Weg in
bekamen eine Pfarrerin, Frau der Zusammenarbeit mit der Kirche. Frau Hangele wurde die erste Sekretärin
Körtge. Sie hatte nach dama- im Büro. Doch bald schon brauchte Sie
ligem Kirchenrecht zwar kaum Der Chor wurde von Frau Lützow geleitet, Verstärkung, weil die Aufgaben immer
kirchliche Befugnisse, aber sie und es machte viel Spaß unter ihrer Lei- mehr wurden und von einer Kraft nicht zu
konnte Gottesdienste halten, tung zu singen. Ganz nebenbei lernten wir bewältigen waren. So kam es, dass meine
predigen, und sie konnte beim auf diese Weise einige Leute kennen, was Frau für die Finanzangelegenheiten ein-
Aufbau der Gemeinde helfen. uns half, uns in unsere neue Umgebung gestellt wurde. Diese Aufgabe war für sie
Liebe Gemeinde,
Dafür setzte sie sich mit ihrer schneller einzugewöhnen. Unseren ersten wie geschneidert, da sie schon immer ger-
ganzen Kraft ein. Einen Namen hatte die “Auftritt” hatten wir dann am Heiligen ne in der Buchhaltung gearbeitet hatte.
als wir 1968 nach Langwasser in die
Gemeinde auch schon. Sie hieß: Evang.- Abend 1969 in der Christmette. Die Noten
Nachbarschuft “U” zogen, war hier noch
Lutherische Kirchengemeinde Dietrich- wurden von Frau Lützow noch mit der Die Gemeinde wuchs und wuchs und die
nicht viel los. Wir waren jung (die Familie
Bonhoeffer-Kirche. Ihr wurde bald ein Hand(!) auf Matrizen geschrieben und Behelfskirche wurde zu klein. Deshalb
bestand aus drei Personen, meine Frau
Pfarrer zugeteilt, der dann die Geschäfte abgezogen. betrieb Herr Pfarre Lützow den Bau eines
Ingeborg, unsere Tochter Sabine und ein
der Gemeinde führen sollte, und das war großen Gemeindezentrums. In ihm sollten
zweites Kind war unterwegs), voller Ener-
Herr Lützow mit seiner Familie. Die „Baracke”, wie wir unsere Behelfskir- mehr Räume für Gruppenarbeit vorhan-
gie und Pläne für die Zukunft und freuten
che nannten, wurde bald ein wichtiger den sein, ein Kindergarten war nötig
uns auf unsere neue Heimat.
An uns ging dies erstmal alles vorbei. Auch Mittelpunkt für uns und für die Gemein- geworden, ein Seniorenheim sollte dabei
wenn wir beide schon in unseren Heimat- de. Durch die räumliche Enge waren wir sein und eine Diakoniestation.
Es gab für den Einkauf die Fa. Hutzelmeier
gemeinden guten Kontakt zur Kirche hat- gezwungen möglichst nahe zusammen-
in Neuselsbrunn sowie einen Konsum in
ten, konnten wir nicht gleich Anschluss zurücken. Junge und Alte waren unter Bald wurde jedoch klar, dass dieses Vor-
einer Baracke. Von einer Kirchengemeinde
an die neue Gemeinde finden. Doch eines einem Dach vereint und es war gar nicht haben die finanziellen Mittel bei weitem
oder gar einer Kirche war nichts zu sehen.
Tages erzählte uns unsere Nachbarin, Frau so einfach Termine so zu legen, dass sich übersteigt. So wurde von Seiten der Kir-
Und doch bildete sich bereits eine Gruppe
Wollenschläger, dass sich in der Gemeinde die einzelnen Gruppen nicht gegenseitig chenbehörden gestrichen und gestrichen,
von Christen mit dem Ziel, eine evangeli-
ein Chor gegründet hat und dieser drin- in die Quere kamen. Es gab nämlich mitt- bis der Bau, wie er heute steht, genehmigt
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Erinnerungen von Pfarrerin Karola Glenk
1981-1984: Lang ist‘s her, aber nicht vergessen
wurde. Herrn Lützow hatte dieses ständi- Auf Herrn Heinz folgte dann als 1. Pfarrer ich die Wohnungstür von Luise Seubert
ge Hin und Her sehr mitgenommen. Noch Herr Pfarrer Beck. In seine Amtszeit fiel in Neuselsbrunn. Sie selbst war in dieser
bevor mit dem Bau begonnen wurde, dann die wohl wichtigste Aufgabe für Zeit nicht da und hatte ihren Wohnungs-
verließ er uns mit seiner Familie Richtung mich. Herr Beck bot mir an, die Leitung schlüssel ans Pfarramt abgegeben. Mich
Bremen. des Kirchenchores zu übernehmen. Es hatte sie noch nicht gesehen. Ein Zimmer
war eine schwere Entscheidung für mich, war leer geräumt und hier blieb ich das
Der inzwischen eingestellte 2. Pfarrer, fehlte mir doch die Erfahrung und Praxis folgende Vierteljahr. So offen und gast-
Herr Heinz, hatte nun die Aufgabe den für diese Arbeit. Gott sei Dank ließ Herr freundlich erging es mir oft in den vielen
Neubau zu erstellen. Herr Heinz wurde Beck nicht locker, und so wurde ich im Jahren, die ich dort war.
Dietrich-Bonhoeffer-Kirche! Ich erinnere Fast alle Türen, an denen ich klingelte,
zum 1. Pfarrer gewählt und hatte somit September 1987 Leiter des Kirchenchores
mich genau, als ich im Sommer 1981 im wurden mir geöffnet. Die Menschen
alle Befugnisse die Verhandlungen mit der Dietrich-Bonhoeffer-Gemeinde. Diese
Landeskirchenamt in München erfuhr: Sie waren erstaunt, dass sie besucht wur-
Architekten, Kirchenbauamt, Gesamt- Entscheidung habe ich nie bereut.
kommen nach Langwasser in die Dietrich- den. Aber meistens freuten sie sich. Auf
kirchengemeinde und Kirchenvorstand
Bonhoeffer-Kirche. Vor meinem Auge eine Tasse Kaffee war ich oft eingeladen.
zu führen. Ihm wurde dann Herr Pfarrer So schloss sich der Kreis in meiner Arbeit
erschienen riesige Hochhäuser und ich Verschiedenste Traditionen trafen hier
Richter zur Seite gestellt. für unsere Gemeinde. Mit der Kirchenmu-
wünschte mir, mindestens im 10. Stock- aufeinander. Aber das erstaunte mich: die
sik begann alles; mit der Kirchenmusik
werk zu wohnen. Menschen waren bereit, sich miteinander
Eines Tages fragte mich Herr Heinz, ob ich wird mein Wirken eines Tages enden.
Kurze Zeit später stand ich im Gemeinde- auf den Weg zu machen. Sie bauten ganz
mir vorstellen könnte, im Kirchenvorstand
zentrum. Edeltraud Hangele, das „Urge- neu Gemeinde! Und wir, Pfarrer Friedhelm
mitzuarbeiten. Nach einem persönlichen So wünsche ich der Dietrich-Bonhoeffer-
stein” von Dietrich-Bonhoeffer, empfing Beck und zu Anfang Pfarrer Traugott
Gespräch und einiger Bedenkzeit habe ich Gemeinde Nürnberg-Langwasser zu ihrem
mich mit offenen Armen. Richter, waren dazu ein eingespieltes
dann zugesagt. Aus dieser Zusage wurden 40-jährigen Jubiläum Gottes reichen Se-
„Eine Wohnung haben wir noch nicht, Team.
dann fast 30 Jahre Kirchenvorstandsar- gen und hoffe, dass sich auch in diesen
aber das kriegen wir schon!” Ich denke sehr gern an meine Zeit in
beit, davon 15 Jahre als Vertrauensmann, momentanen schwierigen Zeiten immer
Ein paar Wochen später, an meinem Ge- Langwasser zurück.
mit den dazugehörigen Ausschüssen. Es genügend Leute finden, die bereit sind,
burtstag, stand vor der Haustür meiner Den Menschen in der Dietrich-Bonhoef-
machte immer Spaß am Wohl der Ge- sich für die Sache Gottes, und damit auch
Vikariatsbleibe ein riesiger, wunderschö- fer-Kirche wünsche ich, dass sie daran
meinde mitzuwirken. für diese Gemeinde, einzusetzen.
ner Blumenstrauß – das ist ein perfektes festhalten, so offen und gastfreund-
Pfarramt und eben Edeltraud Hangele, schaftlich weiter zu gehen!
Ihr Eduard Gradel
wie sie alle kennen. In diesem Sinn!
Und dann – am 1. November öffnete Karola Glenk
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Erinnerungen von Pfarrer Michael Väth
1984-1988
Liebe Dietrich-Bonhoeffer-Kirchenge-
meinde, „Bei Gott bin ich zuhause” – dieses Motto wird immer wieder für viele Menschen ein
einer der zahlreichen jährlichen Kinderbi- Zeichen und eine Einladung dafür sein,
zu Ihrem 40-jährigen Jubiläum beglück- belwochen drückt für mich bis heute aus, dass in allen Zeiten der Entwicklung und
wünsche ich Sie und gratuliere Ihnen was mich unter vielem anderen an die Veränderung eines fest und sicher bleibt:
recht herzlich. Vier von den insgesamt Dietrich-Bonhoeffer-Gemeinde erinnert. dass Menschen ein Zuhause haben bei un-
40 Jahren durfte ich bei Ihnen als Pfarrer serem Gott und in seiner Gemeinde.
tätig sein; das war in den Jahren von 1984 Inzwischen sind viele Jahre vergangen
bis 1988. Vier von vierzig Jahren sind seit meiner damaligen Zeit. Ich war da- Mit den besten Wünschen für die weitere
nicht viel. Aber es war eine sehr prägende nach Pfarrer in Fürth-Burgfarrnbach, war Zukunft
Zeit: meine erste “Pfarrstelle” nach dem das war damals ein Leitgedanke unse- stellvertretender Landesjugendpfarrer Ihr ehemaliger Pfarrer
Vikariat. Und das in einer sehr lebendigen rer Arbeit in der Kirchengemeinde. Wir im Amt für evangelische Jugendarbeit
und aktiven Kirchengemeinde. Ich denke haben signalisiert: “Ihr, die Menschen in in Nürnberg, war Referent im Landeski- Michael Väth
gerne daran zurück. Nicht nur, wenn ich Langwasser, seid eingeladen zu kommen chenamt in München und wohne inzwi-
mal auf dem Weg nach Nürnberg an und einladend gehen wir zu Euch und schen am Chiemsee und arbeite in zwei
Langwasser vorbeifahre und Erinnerun- auf Euch zu. Wir sind offen, transparent Diakonischen Werken hier in Südbayern.
gen aufkommen: Hier hat´s im Pfarrh- und vielfältig – nicht nur für die Men- Bei dem beigefügten, aktuellen Bild von
ausgarten am Nebelhornring schon im schen, sondern und vor allem mit den mir werden manche – die mich noch
Hochsommer nach Lebkuchen gerochen, Menschen.” Nicht nur, weil wir, die haupt- von damals kennen – vielleicht zwei-
wenn der Wind entsprechend wehte. Da und vielen ehrenamtlich Mitarbeitenden mal hinsehen müssen. Und mir würde
hatte ich bei manchem Besuch von den der Dietrich-Bonhoeffer-Gemeinde, das es umgekehrt sicher auch so gehen. Bei
hohen Häusern in Neuselsbrunn einen interessant und schick finden. Sondern den äußerlichen und innerlichen Verän-
herrlichen Blick bis zur Nürnberger Burg. weil wir damit Gottes gute Botschaft ver- derungen durch Zeit, Erfahrungen und
Und dann sind die Erinnerungen wieder kündigen und lebendig machen: er lädt Eindrücke auf unseren Wegen im Leben
ganz präsent und lebendig. An die vielen uns ein als Mensch bei den Menschen zu ist es aber immer gut, auch „Heimat” zu
Menschen, an Gesichter, Ereignisse – freu- sein. Deswegen haben wir gefeiert: Got- haben. Vier von vierzig Jahren war die
dige wie traurige -, an Begegnungen, Ge- tesdienste und Abendmahl, Gemeinde- Dietrich-Bonhoeffer-Gemeinde für mich
spräche, persönliche Begleitung. und Sommerfeste. Wir haben damals den Heimat. Aber bereits vierzig Jahre gehört
Kirchturm eingeweiht und manche waren diese Ihre Kirchengemeinde zum Bild und
“Heimat finden” und “zuhause sein”, dabei, wie die Glocke gegossen wurde. zum Leben von Langwasser. Sie war und
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Erinnerungen von Pfarrer Alberto Saggese
1988-1993 - Am Anfang war die Edeltraud

Turmabbruch am 26. September 2008


zur verkaufsgerechten Räumung der
„Glockenwiese“: Der Erlös ist zur Finan- Am Anfang war die Edeltraud… und So habe ich das Fotoalbum wieder her-
zierung des Eigenanteils am Bauabschnitt obwohl so viel Zeit vergangen ist, es ausgeholt, das mir zum Abschied ge-
1 der Sanierung des Gemeindezentrums
vorgesehen. war Edeltraud, die mich – nach drei schenkt wurde; ich blättere darin, aber
Adressenänderungen – wieder ausfindig jedes einzige Bild ist eine eigenartige
gemacht hat und gebeten hat (aufgefor- Erinnerung, ich riskiere, ewig auf diese
dert, befohlen?) einen Beitrag zu den 40 Fotos zu blicken, ohne was Konkretes zu
Jahren Dietrich-Bonhoeffer-Gemeinde zu schaffen: Jedes Bild musste mit Wohllust
schreiben. genossen werden…. die Augen fest zudrü-
Die Dietrich-Bonhoeffer-Gemeinde…. cken, das römische Verkehrsgeräusch aus-
Zuerst viele Gesichter, dann – nach und schalten, sich die Ahörner vor der Kirche
nach – auch viele Namen, gewiss nicht vergegenwärtigen… und wann komme ich
alle, aber alle mit einem bestimmten Er- zum Schreiben?
eignis verbunden. Na nu, irgendwann muss es los gehen…
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Erstes Blatt: Die Einführung am 4. die immer noch die alten Daten enthiel- an einen alten Chaplinfilm zu denken und Bier. Ludwig Neunsinger und seine Frau
September 1988. Der Zug zur Kirche, ten. Wer weiß, wie viele Verstorbenen ein man hat sie: Schneeregen fällt auf die ganz mit Würstchen und Hähnchen be-
Gemeindevorsteher an der Spitze, dann paar Wochen nach ihrer Beerdigung noch Unglücklichen, ein paar rutschen dauernd schäftigt! Eine ganze fröhliche Zeit, und
die Vikarin (wie geht es, Frau Eber?) und einmal die Geburtstagsgrüße von uns auf dem glatten Boden, alle fliehen in alle doch…. wie oft habe ich dich geärgert,
schließlich die Eminenzen. Ich spielte bekommen haben! Nie Computerdaten Himmelsrichtungen, als der Baum endlich Ludwig, mit meinem falschen Blasen?
dabei keine große Rolle, meine ganze zu sehr ernst nehmen! Ein Computer ist zu Boden kracht. Ich schäme mich heute noch…. Darum,
Aufgabe in dem langen Gottesdienst schließlich auch nur ein Mensch! Wir sind Aber das schönste kommt noch: der Baum schnell zur nächsten Seite.
bestand darin, auf eine lange Anrede des alle fehlbar. Darum, stillschweigend ging der D.B.G. war immer und regelmäßig Die neue Orgel und Herr Metscher! Herr
Dekans, die Antwort zu sprechen: Ja, mit die Arbeit per Hand weiter. größer als jede Eingangstür der Kirche! Metscher mit erhobenem Arm erklärt, wie
Gottes Hilfe! Das nächste Blatt zeigt mir die Weih- Aber bekanntlich kommt auch ein Kamel die Orgel aufgebaut wird.
Was zur Überzeugung der ganzen Ge- nachtskrippe von Herrn und Frau Lösel. durch Nadelöhre, was wahrscheinlich Dann die Einweihung:
meinde führte, ich hätte den Satz aus- Ein warmes Licht beleuchtet sie… auch leichter ist. Dekan Friedrich sitzt in der vordersten
wendig gelernt, aber sonst kein Wort Aber dahinten thront der Weihnachts- Eine Tanne hat bekanntlich keine Blätter Reihe… und da merke ich, wie alt und
Deutsch verstehen und sprechen können. baum stolz und – für mich – voll von (trotz dem Lied), sondern Nadeln. Und verkalkt ich geworden bin. Bei der jüngs-
Im Kapitel 2 sehe ich mich als Gast der Erinnerungen. Nadeln stechen, überall. Und die mutige ter Einweihung unserer neuen Räume in
Seniorengruppe bei der Langwasser Kirch- Es gibt viele Geschichten um die Weih- Gruppe, die stößt, drängt, schiebt, wird Rom war als Gast auch Bischof Friedrich
weih: das große Bierzelt, die bekannten nachtsbäume, ich erzähle euch die Ge- überall gestochen, auch an den unsagba- hier und ich habe ihn angesprochen um
Gesichter, die Freunde, die mich in die schichte der Weihnachtsbäume in Lang- ren Stellen. Und das tut weh! ihm mitzuteilen, dass ich die Vorlesungen
Geheimnisse der fränkischen Sprache wasser: Also… Aber endlich ist der Baum in der Kirche! seines Vaters in Erlangen besucht hatte.
eingeführt haben. Eine Gruppe von mutigen Menschen (und Ahaaaaaa! Er hat sich gefreut und sich mit mir eine
Ich blättere schnell weiter…. 9. November vielleicht auch ein bisschen schwach- Ich bin und bleibe auf jeden Fall der Mei- ganze Weile unterhalten…. und erst heute
1989, Puschendorf: Da sitzen Inge und sinnig veranlagt) marschiert durch die nung, dass beim Suez- und Panamakanal merke ich, aus diesem Bild, dass wir schon
Edeltraud hinter einem Computer und ich Gegend. An der Spitze Herr Krauss mit der die Sache schneller und einfacher ging. einmal nebeneinander und länger als eine
stehe dahinter mit einem misstrauischen elektrischen Säge, dann folgen die Muti- In das Album habe ich dann auch eigene Stunde gesessen waren….!
Blick. Das primitive DOS System wurde in gen (Herr, vergib ihnen, denn sie wissen Bilder eingeschoben: Fest auf der Insel Ich blättere weiter: Die Mitarbeiterausflü-
der Gemeinde eingeführt. Und was für ein nicht was sie tun!), bis die ganze Gruppe Schütt mit Fred, Edeltraud, Kathi… ich ge, ganz vorne Herr Krauss mit Frau, dann
Erfolg! Aus München kamen regelmäßig den Garten erreicht, wo der Baum gefällt bin selten auf den Bildern, weil meine marschiert der Bob mit einer riesigen Tüte
die Listen der neuen anagrafischen Daten werden soll. Frau (mit Recht) meint, sie kann nicht (Reiseproviant?), Eduard mit… und... und..
(nach dem wir schon längst die Verstorbe- Die darauffolgende Szene braucht nicht fotografieren. und....
nen aus unseren Listen gestrichen hatten), beschrieben zu werden, man braucht nur Nächste Seite: Sommerfest und großes Und dann die Werbeaktion für das Som-

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Erinnerungen von
Diakon Friedrich (Bob) Röttenbacher
1986 bis heute

merfest mit Posaunenchor und Rosen- selbst hineingeklebt. Es ist die freche Die Teestube
verteilung und dann… und dann… und Nina. So frech, dass ich ihr einmal in der 1984 wird „Die Teestube” das Jugendhaus
dann… Schule gesagt habe: Ich habe dich ent- der Dietrich-Bonhoeffer-Kirche (DBK) in
Aber das darf keine Chronik der Gemeinde larvt, du bist nicht die Nina, sondern Pippi der alten Montagekirche Zugspitzstr. 9.
werden, ich bin schon längst aus der Zeit Langstrumpf, die sich heimlich in diese Eine Sozialpädagogin ist für die Teestu-
hinaus, die Glocken läuten, der Gottes- Schule eingeschlichen hat, um Unruhe be als „Arbeitsbeschaffungs-Maßnahme”
dienst ist schon beim Vater Unser ange- zu stiften! über das Arbeitsamt angestellt.
langt, die fleißigen Frauen wissen, dass Prompt darauf – ein paar Tage später 1986-1990 leitete ich die Jugendarbeit in
es Zeit ist, die Kartoffeln ins kochende – bekam ich von ihr das schöne Bild. der DBK als Jugendleiter für die Martin-
Wasser zu werfen: Männchen ist bald zu Ich hatte doch recht gehabt! Niemöller-Kirche mit 75 % und DBK mit Jugendlichen besucht wie auch die er-
Hause! 25 % meiner Stelle. Anstellungsträger war gänzenden Angebote, Kulturabend, zwei
Nur ein letztes: Das letzte Bild habe ich Alberto Saggese die Evangelische Jugend Nürnberg. Mitarbeiterseminare jährlich usw.
Im Jugendhaus der Gemeinde gab es 1987/1988 wurde Diakon Jürgen Blum
Mitte der 80er Jahre Kindergruppen, die mit der offenen Jugendarbeit in der DBK
von ehrenamtlichen GruppenleiterInnen beauftragt und damit zuständig für das
geleitet wurden und offene Jugendtreffs Teestubenteam. Der Jugendausschuss der
am Abend in der Teestube. Ehrenamtliche Gemeinde wurde monatlich durchgeführt
waren u. a. Ilse Schwarz, Renate Opitsch, und hatte regen Zulauf über die gewähl-
Sabine Gradel. In den offenen Treffs ten VertreterInnen hinaus.
der Teestube waren dies u. a. Michael 1994 wurde an einem Wochenende das
Wellnhammer, Walter Stöhr, Frank Kepler, 10jährliche Bestehen gebührend gefei-
Markus Sonntag, Michaela und Sabine ert. Bei einem Gemeindeabend wurde
Gradel, Silvia Schüller, Markus Kneißl, die Entwicklung der Jugendhauses von
Klaus Birnbacher. Jugendpfarrer war da- der Behelfskirche zum Jugendhaus in
mals Michael Väth. Die „Teestube” hatte der Baracke dargestellt. Der Kulturabend
dreimal wöchentlich am Abend von 19 mit Günter Stössel, dem Nürnberger Lie-
bis 22 Uhr geöffnet. Sie wurde gerne von dermacher, und dem Bluesbarden Klaus

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Brandl ist sicherlich noch vielen in Erin- Zwei Jugendliche waren in der Nacht in Brand des Jugendhauses (ehemalige
Montagekirche) am 31. Mai 1995
nerung. das Jugendhaus eingebrochen, hatten in
Der Kirchenvorstand der Dietrich-Bon- der Bibliothek Papierrollen entzündet und
hoeffer-Kirche hatte sich die Unterstüt- ausgehend von diesem Raum das gesamte
zung der Familien in der Gemeinde zur Jugendhaus niedergebrannt. Vorausge-
Aufgabe gemacht. Mit sozialen Hilfen gangen waren zwölf Einbruchsdiebstähle
und Besuchsdienst wurden die Familien im gesamten Stadtteil Langwasser.
unterstützt. Entlassungen bei Grundig Am Tag danach Lösch- und Aufräumungs-
und in industriellen Großbetrieben hatten arbeiten. Die Landeskirche stellte der
den Kirchenvorstand dazu bewogen, sich Jugendarbeit 10.000 DM Soforthilfe zur
intensiver um die davon betroffenen Fa- Verfügung. Oberkirchenrat Claus Meyer
milien zu kümmern. überbrachte die Nachricht und besich- Trauer um das Jugendhaus

1990 erhielt die DBK eine ganze Dia- tigte die Brandstelle. Die Kinder, Jugend-
konenstelle, die mir übertragen wurde. lichen und Erwachsenen in der Gemeinde
Fortan sollte ich in der Gemeinde den waren schockiert.
Schwerpunkt Jugendarbeit im Jugend- Ein Notprogramm wurde für die Kinder
haus betreuen und sozialpädagogische und Jugendlichen im Gemeindezentrum
Familienhilfe anbieten. der Dietrich-Bonhoeffer-Kirche angebo-
Gerne wurden auch Diakonenpraktikanten ten. Zwei offene Jugendtreffs und eine
der Rummelsberger Diakonenausbildung Kindergruppe “Biester” versuchten die
zum Berufspraktikum in die Jugendarbeit Jugendarbeit aufzufangen. Ehrenamtliche
der DBK gesendet. 1991 hieß der erste MitarbeiterInnen zusammen mit mir und
Diakonenpraktikant für 1 Jahr Gerhard den Pfarrern versuchten die Situation zu
Gehringer. 1992/93 folgten Angela Senft, meistern. Im “Containerbüro” vor dem
1993/94 Mathias Kippenberg und 1994/ Hintereingang der DBK wurde ein provi-
1995 Annette Deyerl. sorischer Arbeitsplatz für mich und den
Diakonenpraktikanten eingerichtet.
Jugendhaus abgefackelt
Am 31. Mai 1995 wurde das Jugendhaus Ein neues Jugendhaus
der DBK durch eine Brandstiftung zerstört. Der Kirchenvorstand sprach sich für die Neubau 1998

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Errichtung eines neuen Jugendhauses Am 7. Februar 1998 erfolgt die Grund- meindezentrum wurde von den Mitar- desstellenplan sind die hauptamtlichen
aus, nachdem sich die Versicherung zur steinlegung durch den damaligen Dekan beiterInnen in fast vier Jahren weiterhin Mitarbeitenden der Jugendarbeit in Lang-
Schadensregulierung in Höhe von bis Dr. Johannes Friedrich. Der Bau des Ju- durchgeführt. Die Kindergruppen und wasser seit Jahren stetig reduziert wor-
zu 750.000 DM entschlossen hatte. Mit gendhauses in Fertigbauweise durch die Jugendtreffs hatten den kleinen Ju- den. Seit 2003 wird dieser Prozess durch
einem dekanatlichen Zuschuss und einer Firma Rötzer aus Rötz im Bayerischen gendraum als regelmäßigen Treff zur konzeptionelle Überlegungen vorbereitet
Eigenbeteiligung der Gemeinde konnte Wald kann beginnen. Bereits im März Verfügung. Bei größeren Veranstaltungen und begleitet. Gegenwärtig arbeiten in
dann die Finanzierung des Jugendhauses folgte das Richtfest und im Juli die Fertig- wie Kinderübernachtung, Parties und Fei- Langwasser zwei halbe Gemeindediakone
(1,1 Millionen DM) gesichert werden. stellung. Schon am 14. September 1998 ern wurde der große Jugendraum mitbe- in der Jugendarbeit (Diakon z. A. Jochen
Nach vielen Besprechungen und Trauerar- konnte das neue Jugendhaus eröffnet nutzt oder in die Kirche ausgewichen. Schmidt und ich) sowie seit September
beit wurde geplant für ein neues Jugend- werden und seinen Betrieb aufnehmen. Die Zusammenarbeit zwischen Gemeinde 2008 eine halbe Kollegin zur Förderung
haus: Versicherung, Finanzierung, Baupla- In einem Preisausschreiben unter den und Jugend war in dieser Zeit sehr ausge- der offenen Jugendarbeit im Phönix,
nung, Baugenehmigung, Raumprogramm, Kindern und Jugendlichen wurde für das prägt. Die Unterstützung war auch in der deren Stelle durch Mittel des Kreisjugend-
Nachbarnunterschriften, Einsprüche, Jugendhaus ein geeigneter Name gesucht. Öffentlichkeit sehr vorhanden. Dies wurde ringes finanziert wird. Seit Juli 2008 ist
Genehmigung, Inneneinrichtung. Frank Kepler hatte die Namensbezeich- auch durch das Spendenaufkommen für die Trägerschaft des Phönix auf die Evan-
Doch halt, so einfach war die Geneh- nung “Jugendhaus Phönix” eingereicht das neue Jugendhaus deutlich. gelische Jugend Nürnberg übergegangen
migung eines Jugendhauses nun doch und das Preisausschreiben damit gewon- Erwachsene und jugendliche Mitarbeite- und der Bestand unabhängig von den
nicht. Die Bauordnungsbehörde verlangte nen. Das neue Jugendhaus war wie der rInnen hatten fast vier Jahre die Jugend- schwindenden Mitteln der Kirchenge-
1996 von der DBK ein Lärmschutz-Pro- Vogel Phönix aus der ägyptischen Sage arbeit der Dietrich-Bonhoeffer-Kirche meinden gesichert. Die Kirchengemeinden
gnose-Gutachten. Die Nachbarn hatten aus der Asche entstiegen. Dieser Phönix weiter geführt, sich den anstehenden in Langwasser tragen jährlich einen Be-
Bedenken zu den Öffnungszeiten im ist als Sinnbild der Auferstehung auch Aufgaben gestellt und viel erreicht. Nicht triebskostenzuschuss von 10.000 Euro.
Jugendhaus. Ergebnis: Die Gemeinde ließ im Portal der Lorenzkirche zu sehen. Von nur, dass wieder ein neues Jugendhaus Die Konzeption einer Langwasser-weiten
ein Prognose-Gutachten erstellen und die jetzt an hieß der Jugendtreff “Jugendhaus entstanden ist. Erwachsene und Jugend- Jugendarbeit versucht die Balance zwi-
Nachbarn waren froh, dass das Jugend- Phönix der Dietrich-Bonhoeffer-Kirche”. liche hatten erfolgreich miteinander schen der Entwicklung und Begleitung
haus mit entsprechenden Auflagen keinen Mit Kindernachmittag und Disko am gearbeitet, hatten einander vertraut, der Jugendarbeit im zentralen Jugend-
unzumutbaren Lärm verursacht. Samstag und Gottesdienst in der DBK und füreinander Verständnis entwickelt und haus Phönix und der Entwicklung und
Die Bauordnungsbehörde genehmigte Empfang im Jugendhaus am Sonntagvor- hatten gemeinsam ein Ziel erreicht. Begleitung von Jugendarbeit in den Ju-
das Jugendhaus im November 1996 mit mittag wurde das Jugendhaus Phönix am gendräumen der jeweiligen Gemeinden
Schallschutzauflagen. Damit war der 11. Oktober 1998 durch Dekan Dr. Fried- Neukonzeption einer Langwasser-wei- u.a. durch Mitarbeiterbildung und -be-
Weg frei für die Errichtung eines neuen rich Birkel eingeweiht. ten Jugendarbeit seit 2003 gleitung, Kinder- und Jugendfreizeiten,
gemeindlichen Jugendhauses. Die Kinder- und Jugendarbeit im Ge- Durch diverse Kürzungsrunden im Lan- Jugendausschüsse in den Gemeinden. Die

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Jugendarbeit der DBK findet weiter im Die Arbeit mit Kindern hauptsächlich in Besonderes und ein „Schatz der Kirche”, Zum Verfasser:
Friedrich Röttenbacher ist Rummelsberger Diakon
Jugendhaus Phönix statt. den Gemeinden bzw. für DBK im Jugend- für den wir dankbar sind.
(Jahrgang 1955) und mit einer halben Stelle Leiter
Ferdinand-Drexler-Preis für das Phö- haus Phönix belassen und unterstützt. Es des Jugendhauses Phönix und seit 1986 mit unter-
nixteam waren aber auch langwasserweite “Ein- Friedrich Röttenbacher schiedlichen Dienstaufgaben in Langwasser tätig.
Die Ehrenamtlichen des Jugendhauses brüche” zu beobachten. MitarbeiterInnen 1986-1990 Jugendleiter in der Dietrich-Bonhoef-
fer- und Martin-Niemöller-Kirche
Phönix erhielten 2008 den Ferdinand- beendeten ihr Engagement.
1990-2006 Gemeindediakon in der DBK, Jugend-
Drexler-Preis für ihr ehrenamtliches In der Dietrich-Bonhoeffer-Kirche wie arbeit und Familienhilfe
Engagement und den Einsatz bei der auch in den anderen Gemeinden ist die 2006 bis heute Jugendhaus Phönix (50%) und
drohenden Schließung des Jugendhauses Jugendarbeit zum Thema der Gemeinde- Aussiedlerseelsorger im Prodekanat
Nürnberg-Ost (50%)
wegen Einsparmaßnahmen. Der Preis von arbeit geworden. Erwartungen und Erfah-
500 Euro wurde in eine Musikanlage im rungen wurden und werden besprochen.
Bistro investiert. Die Preisträger waren Kinder, Jugendliche und Erwachsene in
Volker Feitsch, Jochen Feitsch, Anna einer Gemeinde haben ihre Erfahrungen
Röttenbacher, Sabrina Meyer, Jennifer und Erwartungen aneinander. Dieser
Büttner, Nina Gundacker, Ralph Krauss Tatsache soll mit Gesprächsbereitschaft
und Alexander Meyer. und im Aufeinanderzugehen Rechnung
getragen werden.
Ergebnisse und Erkenntnisse Die Konzeption der Evangelischen Ju-
Die Zeit war geprägt durch die vielen gendarbeit in Langwasser soll an die Situ-
Einsparungen und Reduzierungen von ation der Jugendarbeit angepasst werden
Personal und Arbeitsmitteln. Der Kirchen- und muss ergänzt werden um den Bereich
vorstand und der Jugendausschuss gerie- Offene Jugendarbeit.
ten in ihrer jeweiligen Verantwortung in
Auseinandersetzungen um den Erhalt des Mein Fazit:
Jugendhauses Phönix. Die Kinder- und Jugendarbeit in der Diet-
Die Ehrenamtlichen, Hauptberuflichen rich-Bonhoeffer-Kirche ist im Jugend-
und die Jugendlichen haben sich auf die- haus Phönix, auch in neuer Trägerschaft
se Situation eingestellt. Langwasserweite der EJN, gut aufgehoben und versorgt.
Veranstaltungen der Mitarbeiterbildung Ein eigenes Jugendhaus für Kinder und
und für Jugendliche wurden angeboten. Jugendliche in einer Gemeinde ist etwas

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Erinnerungen von Pfarrer Wilfried Vogt
1993-1997
ich mich an meine Zeit als Pfarrer z.A. in Die Kirche auch als Probe- und Konzer- Nach kurzer Trauerphase ging es dann
der Dietrich-Bonhoeffer-Gemeinde zu- traum für unsere Band – mit Chrissi, aber voller Elan an die Neuplanung. Und
rückerinnere, dann war da Würze drin! Till, Stefan, Peter und mir. Wie viel Spaß alle zogen an einem Strang! Auch das war
machte uns das gemeinsame Musizieren eine Stärke der Bonhoeffer-Gemeinde!
Mir fallen zuallererst viele Begegnungen und die Auftritte – ob bei Gottesdiens-
mit unterschiedlichen Menschen ein. In ten oder auch mal bei einem Konzert! Mit dem Namensgeber der Gemeinde,
der doch etwas anonymen Trabantenstadt Anfangs hatten wir nur eine Minimalaus- dem Theologen Dietrich Bonhoeffer, hatte
gab es viele persönliche Gespräche, Kon- stattung und ein paar Bongos mussten als ich mich während meines Studiums schon
takte und Freundschaften, gelungenes Schlagzeug herhalten. intensiv beschäftigt. Dies wurde in der Zeit
Miteinander und gemeinsam gelebten bei Ihnen in Bonhoeffer noch verstärkt.
Liebe Gemeindeglieder der Dietrich- Glauben. Diese lebendige Gemeinde Jesu Christi, sie Ich denke zurück an unsere Vortragsreihe
Bonhoeffer-Gemeinde! wurde auch erfahrbar im Seniorenkreis, über Dietrich Bonhoeffer und an die ge-
Ich erinnere mich gerne zurück an die im Bibelkreis, bei Krabbel- und Kindergar- meinsame Fahrt nach Flossenbürg.
Zum 40-jährigen Jubiläum Ihrer Gemein- besonderen Gottesdienste in Neusels- tengottesdiensten, in der Jugendarbeit,
de gratuliere ich ganz herzlich. brunn oder am Moritzberg, an fröhliche beim Kreis Junger Erwachsener, bei viel- Mit vielfältigen Angeboten und Veran-
40 Jahre Bonhoeffergemeinde – im Ver- und bunte Familien-, Jugend- und Mo- fältigen Feiern ... staltungen haben wir versucht, seinem
gleich mit vielen anderen fränkischen torradgottesdienste, Kinderbibelwochen, Vermächtnis gerecht zu werden.
Kirchen eine noch junge Gemeinde – an- feierliche Gottesdienste an den Fest- und Natürlich gab es auch herbe Rückschläge.
dererseits sind diese 40 Jahre bunt und Feiertagen. Ich denke mit Schrecken zurück an die Bonhoeffers Ansatz: “Die Kirche ist nur
vielfältig. Brandstiftung im Jugendhaus – die bange Kirche, wenn sie für andere da ist” sowie
Besonders und für mich bisher einzigartig Sorge: Ist noch jemand drin nach der Ju- Bonhoeffers politisches Engagement ge-
Von 1993 – 1997 habe ich das bei Ihnen ist die Gestaltungsmöglichkeit der Kirche: gendausschusssitzung und die Erleichte- gen Hitler und den Nationalsozialismus
und mit Ihnen in der Gemeinde erlebt. Nach dem Gottesdienst ein kurzer Umbau rung, als die Feuerwehr sagte: alles leer! bleiben für uns Wegweisung und machen
Persönlich war diese Zeit für uns beson- und schon konnte gemeinsam gefeiert deutlich, wie wir in der heutigen Zeit als
ders geprägt durch die Geburt unserer werden. Die Passionsandachten im Raum Wochenlang musste meine Frau beim Gemeinde Jesu Christi bei allen Umbrü-
beiden Söhne Christoph und Pascal. vor dem Kreuz; Arbeit, Singen und Basteln Kochen ganz besonders aufpassen – denn chen und Veränderungen unseren Weg im
mit den Kindern bei der Kinderbibelwoche wenn etwas auch nur ein bisschen an- Glauben gehen können.
“Lieber würzig mit vierzig als ranzig mit in den verschiedenen Räumen der Kirche gebrannt schmeckte, konnte ich es nicht
zwanzig” – so habe ich eine Predigt zur und des Gemeindehauses. essen, weil dann gleich wieder die Schre- So wünsche ich Ihnen als Bonhoeffer-Ge-
Silberkonfirmation begonnen. Und wenn ckensbilder in mir aufstiegen! meinde für die Zukunft alles Gute, Gottes
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Die „Wiege“ der Gemeinde im Wandel der Zeit
Von der Kinderbetreuung zur frühkindlichen Förderung
Segen, weiterhin ein gutes und vertrau- In alter Verbundenheit grüßt Sie ganz 40-Jahre Kirchengemeinde Dietrich-Bon- letzten
ensvolles Miteinander getragen von der herzlich hoeffer und die Entwicklung der Bildung, Jahre
Glaubensgewissheit, wie sie Dietrich Bon- Erziehung und Betreuung der Kinder im zu einer
hoeffer ausgedrückt hat: Ihr Pfr. Wilfried Vogt mit Monika Siebert- Gebiet Langwasser-Nord - eine Geschich- großen
Vogt, Christoph, Pascal und Mirjam te der Kirchengemeinde und ihres dazu Kinder-
Von guten Mächten wunderbar geborgen, gehörigen Kindergartens oder „Die Wiege tage-
erwarten wir getrost was kommen mag. der Gemeinde im Wandel der Zeit”. stätte
Gott ist mit uns am Abend und am Morgen Schon bei Gemeindegründung war klar, mit 96
und ganz gewiss an jedem neuen Tag.
dass Kinder und Jugendliche im Gemein- Kindern
dealltag und im Grundverständnis der im Alter von 2 1⁄2 bis ca. 9 Jahren gewan-
Gemeinde eine wichtige und große Rolle delt. Die Öffnungszeiten wurden immer
spielen. Bereits in den provisorischen An- ausgedehnter, so dass wir heute täglich
fängen des Gemeindelebens war eine der von 7 bis 17 Uhr (Fr. 16 Uhr) durchgehend
ersten Handlungen die Gründung einer geöffnet haben.
Kinderbetreuung für Kinder im Vorschul- Fast alle unserer 96 Kinder bleiben von
alter. Viele können sich noch gut an die morgens bis abends bei uns und werden
einfachen Anfänge in der Montagekirche mit warmem Mittagessen versorgt. Wir
erinnern. Eine der “Pionierinnen” der Kin- sind seit über 30 Jahren einer der wenigen
derbetreuung war Ursula Amon, die dann Kindergärten im Dekanat, der eine eigene
im Kindergarten des Gemeindezentrums Köchin beschäftigt und frisch kocht. Je-
bis zu ihrem Ruhestand einige Generatio- den Tag zaubert unsere Köchin Frau Hahn
nen von Gemeindekindern betreute. (nach Frau Eckardt und Frau Bräuer) ein
Vom Kindergarten zur Kindertagestätte in leckeres und gesundes Mittagessen.
einer großen Gemeinschaft: Viel hat sich Seit September 2006 bringen unsere
verändert während dieser Zeit in unserer Schulkinder frischen Wind in die Einrich-
Einrichtung. Von unseren Anfängen mit tung und lassen uns teilhaben an ihrer
75 Kindern zwischen 3 und 6 Jahren in Freude zu lernen – obwohl Hausaufgaben
drei Gruppen und einer Öffnungszeit von für unsere Großen schon manchmal eine
6.30 bis 11.30 Uhr und dann wieder von 14 echte Herausforderung sind. Aber Kinder
bis 16.30 Uhr haben wir uns im Laufe der werden bei uns aufs Leben vorbereitet
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Diakoniestation Langwasser - eine starke Truppe
Von der Gemeindeschwester zum ambulanten Pflegedienst
und da heißt es “ohne etwas Anstrengung Ort, um Kinder mit Sprech- und Sprach- Die Diakoniestation des Evangelischen deutet nicht, dass uns der „diakonische
lernt man nicht dazu”. Gerade für unsere problemen zu unterstützen. Dienstes Nürnberg-Langwasser e.V., des- Gedanke” abhanden gekommen ist. Un-
Kleinsten ist die Aufnahme bei uns noch Die größte Umstellung für das Kindergar- sen Vorstand sich aus Mitgliedern der sere „Geschäftsführung” besteht nach wie
viel mehr als früher eine der ersten ganz tenteam und die Mitgliedern des Kinder- vier evangelischen Langwassergemeinden vor aus einem “ehrenamtlich” arbeitenden
großen Herausforderungen. Vorausset- gartenvereins war die Übergabe der Be- zusammensetzt, kann auf einen stolzen Vorstand, unsere sehr engagierten Mitar-
zung ist deshalb die komplette Sauberkeit triebsträgerschaft an die ekin gGmbH im Werdegang zurückblicken. beiter erbringen Leistungen weit über das
(ohne Pampers) und die nötige seelische April 2007. Große Ängste und Vorbehalte Schon vor der Entstehung des ersten neu- von ihnen laut Arbeitsvertrag Erwartete
Reife, um ohne Eltern täglich regelmäßig gab es vor allem bei den Mitarbeiterinnen, en Kirchenbaus in Langwasser vor über hinaus.
ein paar Stunden im Kindergarten zu ver- die mit dem Wechsel negative Struktur- 40 Jahren gab es einen Diakonieverein, Gerade auf diesem Hintergrund muss
bringen. veränderungen befürchteten – aber es dessen Aufgabe es war, Helfer zu finden, hervorgehoben werden, dass ohne die
Als eine der wenigen Einrichtungen sind kam ganz anders: Durch die Abgabe die in Nachbarschaftshilfe alte und kran- finanzielle Unterstützung durch die
wir seit ein paar Jahren in allen Gruppen der personellen und wirtschaftlichen ke Mitbewohner pflegten. Später kam, Mitglieder des Diakonievereins manche
mit Computern ausgestattet und selbst Verantwortung rückten Kindergarten wie allen bekannt, aus Neuendettelsau Zuwendung in den Wohnungen unserer
die Kleinsten arbeiten hier schon mit und Kirchengemeinde durch das hohe Schwester Grete Eppelein, die die Diako- Patienten kaum mehr möglich wäre.
einem Sprachtrainingsprogramm Wir Engagement unseres Pfarrer-Ehepaares niestation kontinuierlich den wachsenden Deshalb ist es wichtig und sinnvoll, trotz
dürfen uns offiziell “Schlaumäuse-Kin- fast noch näher zusammen als in der al- Bedürfnissen der Hilfesuchenden nach Pflegeversicherung alles zu tun, um den
dergarten” nennen. ten Konstellation. Man nimmt sich noch aufbaute. Schwester Marianne Clausecker Fortbestand des „Evangelischen Dienstes
Vormittags sind alle Kindergruppen mit bewusster war und ist füreinander im führte dieses Werk fort, entsprechend den Nürnberg-Langwasser e.V.” zu sichern.
der Erfüllung des nun vorgeschriebenen Gemeindeleben da, wenn man gebraucht auch in den Jahren mehr und mehr hin- Dies ist nur möglich durch Spenden oder
ganzheitlichen Bildungs- und Erzie- wird. Das ist ein schönes Gefühl und so zukommenden gesetzlichen Änderungen eine Mitgliedschaft.
hungsplans beschäftigt. Nachmittags ist unsere Einrichtung für uns alle – Kin- und Bestimmungen. Die Mitgliederzahl ist in den letzten
finden täglich zusätzliche Förderkurse der, Eltern, Haupt- und Ehrenamtliche in Heute kann man die Diakoniestation Jahren kontinuierlich zurückgegangen:
der verschiedensten Art statt wie z.B. Tan- Kindergarten und Gemeinde- ein Ort des Langwasser als ein regelrechtes Ge- langjährige Mitglieder sind verstorben,
zen, Englisch, Sprachkurs Deutsch oder Wohlfühlens und der Zugehörigkeit. schäftsunternehmen bezeichnen, in dem neue lassen sich nicht in gleicher Zahl ge-
Kreativangebote. Musikunterricht bietet So wünschen wir uns viele weitere ge- derzeit 23 Mitarbeiterinnen und Mitar- winnen. Gepflegt in den Wohnungen wird
zusätzlich zum Programm eine studierte meinsame Jahre zu verbringen zum Wohle beiter ihr tägliches Brot verdienen. ja nicht nach Ansehen der Person oder
Musikpädagogin an. Freitags kommt au- der Menschen in unserem Stadtteil. Got- Die Bezeichnung „Geschäft” mag zwar Mitgliedsausweis, sondern nach Notwen-
ßerdem regelmäßig unsere Tanzlehrerin tes Segen für unsere Kirchengemeinde im Zusammenhang mit diakonischem digkeit und ohne Abweisung. Aber das
Claudia zum Unterricht. Alle 14 Tage ist Handeln hart klingen, aber es entspricht brauchen wir weiterhin: die wohlwollende
unsere Logopädin Frau Lengenfelder vor Ihre Ingrid Huml den heutigen Gegebenheiten und es be- Solidarität, dieses alte selbstverständliche
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christliche Miteinander, das der guten Sa- sie auch schon liebevoll als “Pflegefeuer-
che die Zukunft sichert. wehr” bezeichnet.
Dass die Diakoniestation Langwasser trotz Neben den 13 examinierten Kranken-
der heutzutage schwierigen Bedingungen schwestern/-Pflegern und Altenpflegerin-
menschlich arbeitet, spricht sich herum. nen, sowie den 8 Hauswirtschaftskräften
Nicht ohne Grund versorgen wir tagtäg- haben wir seit November 2008 auch im
lich in Langwasser ca. 160 Mitbürger, egal ehrenamtlichen Bereich Mitarbeiter hin-
welcher Konfession oder Muttersprache. zugewonnen: 6 engagierte Frauen betreu-
Mehr als 50 davon werden sogar zwei bis en zur Zeit stundenweise pflegebedürfti-
dreimal, manchmal sogar viermal täglich ge Patienten, während die pflegenden
besucht. Und es werden immer mehr. Angehörigen Arztbesuche, Ämtergänge
Um diese Besuche alle durchführen zu erledigen oder auch mal was für sich tun.
können, verfügen wir über sieben PKW, Durch unsere Verwaltungskraft ist auch
die nicht steril weiß, sondern freundlich von Montag bis Freitag von 8.00 bis 14.00
und auffällig rot lackiert sind. Man hat Uhr ein direkter Ansprechpartner in der

Station zu erreichen. Für unsere Patienten Gesprächsbedarf für Probleme gibt.


ist ohnehin immer eine Schwester über Unser größter Wunsch, eine neue, größere
Handy erreichbar – rund um die Uhr. Diakoniestation, geht zur Zeit in Erfül-
Beibehalten wurde über Jahre hinweg je- lung. In der Glogauer Straße wird kräftig
den Dienstagnachmittag die Sprechstun- gearbeitet und wir hoffen, dass wir bis
de der Pflegedienstleitung. Daran wird Herbst unsere neuen Räumlichkeiten be-
sich auch künftig nichts ändern. Es hat ziehen können.
sich gezeigt, auch wenn die Schwestern
vor Ort immer ein offenes Ohr für die Pa- Markus Feix, Pflegedienstleiter
tienten haben, dass es oft noch viel mehr

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Schlusswort von

Beim „Betriebsausflug“ der haupt- und ehrenamtlich Mitarbeitenden im Jahre 2009 nach Burgweinting und Regensburg fuhren auch noch
Pfr.in Dr. Griet Petersen und Pfr. Daniel Szemerédy
gegenwärtiges Pfarrersehepaar

Auf 40 Jahre blickt unsere Gemeinde Feierabendmahl, Feste, Einsatz für andere,
zurück – eine Zahl, die biblisch gesehen gutes, gelingendes Miteinander von Men-

Mitarbeitende der ersten Stunde mit.


Wüsten-Zeiten benennt. Harte, mühsame schen, die ihre Fähigkeiten mit Freude
Strecken, Hunger und Durst, beständiges einbringen.
Murren kennzeichneten diese Jahre – das
ist aber nur die eine Seite. Denn der Weg Immer wieder löst sich „Festgefahrenes”
des Volkes Israel durch die Wüste war und ein neuer Weg wird frei. Gott hilft
zwar entbehrungsreich, aber doch ge- weiter. Das haben auch wir in unseren 11
rade zugleich geprägt von wunderbaren bzw. 7 Jahren in dieser Gemeinde erlebt:
Rettungs- und Begleitungs-Erfahrungen: bei der Sanierung des Gemeindezentrums,
Wasser aus dem Felsen, Himmelsbrot, Got- bei der Entwicklung der Kooperation mit
tes Bund mit den Menschen. Es war ein den anderen Gemeinden in Langwasser,
Weg aus der Sklaverei hinein in die Frei- in mancher persönlichen Begegnung mit
heit, ein gemeinsamer Weg. Nie hat das Menschen dieser Gemeinde.
Volk Israel diese Zeit vergessen, sondern
ihrer in Dankbarkeit gedacht. Dass Gott mitgeht, davon lassen Sie uns
anlässlich „unseres” 40. Geburtstags er-
Solche Erfahrungen hält auch diese zählen und im Vertrauen darauf gemein-
Festschrift fest. Neben manchen Rück- sam in die Zukunft gehen.
schlägen, Kürzungen an Finanzen und
Personal und diversen Umstrukturierun- Ihre
gen leuchten die „Oasen” auf: Kirchentag, Griet Petersen und Daniel Szemerédy

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