Download as pdf or txt
Download as pdf or txt
You are on page 1of 40

Sebastian Mayer

Der Südkaukasus als Nachbar


der erweiterten EU:
Problemlagen, Entwicklungslinien
und Kooperationspotentiale
Der Südkaukasus als Nachbar
der erweiterten EU:
Problemlagen, Entwicklungslinien
und Kooperationspotentiale

Dr. Sebastian Mayer

Bremen, März 2007


ISBN 978-3-89892-661-4

Materialien zum Thema „Demokratieförderung“

Herausgeber: Friedrich-Ebert-Stiftung
Abteilung Internationaler Dialog
Hiroshimastr. 17
10785 Berlin

Umschlag: Pellens Kommunikationsdesign GmbH, Bonn

Herstellung: Katja Ulanowski, Friedrich-Ebert-Stiftung

Druck: bub Bonner Universitäts-Buchdruckerei


April 2007
Inhaltsverzeichnis

Vorwort ..................................................................................................................... 5

Die außenpolitischen Ziele der Staaten des Südkaukasus ..................................... 6

Die außenpolitischen Ziele Georgiens ........................................................................... 6

Die außenpolitischen Ziele Armeniens .......................................................................... 8

Die außenpolitischen Ziele Aserbaidschans ................................................................. 11

Zentrale Problemlagen und externe Großmächte im Südkaukasus ..................... 14

Die Bedeutung Regionaler Kooperation ...................................................................... 14

Russland und der südliche Kaukasus ........................................................................... 16

USA und NATO im südlichen Kaukasus ...................................................................... 18

Ausgewählte Themenfelder und Handlungsstrategien ....................................... 22

Demokratieförderung und Hilfsprogramme der EU im Südkaukasus ........................... 22

Georgien als Partner der Europäischen Nachbarschaftspolitik ..................................... 25

Bildung als Schlüssel für Entwicklung und regionale Kooperation? ............................. 26

Empfehlungen für die europäische Außenpolitik ................................................ 29

Anhang .................................................................................................................... 31

Abkürzungsverzeichnis ............................................................................................... 31

Das Programm der Tagung ......................................................................................... 32

Teilnehmerliste ........................................................................................................... 34
DER SÜDKAUKASUS ALS NACHBAR DER ERWEITERTEN EU

Vorwort

Die vorliegende Publikation wurde angeregt durch Vortragenden zurück. Die jeweiligen Abschnitte
und basiert in Teilen auf einer Expertenkonferenz sind folglich durch Nennung der Referenten
der Friedrich-Ebert-Stiftung in Berlin zum Thema kenntlich gemacht. Aus Gründen der Lesefreund-
„Ziele und Instrumente deutscher und europäi- lichkeit wurde in diesen Abschnitten jedoch über-
scher Außenpolitik gegenüber den Ländern im wiegend in direkter Rede formuliert.
Südlichen Kaukasus“, die vom 22.–23. November
2006 stattfand. Als Referenten sprachen unter ande- Ziel der Veröffentlichung ist es, einige Kernaspek-
rem die georgischen Minister für Äußeres sowie te der schnelllebigen Entwicklung im Südkauka-
für Bildung und Wissenschaft und der ehemalige sus selbst und der Debatte um Lösungsstrategien
Sonderbeauftragte des UN-Generalsekretärs und insbesondere zu den latenten Gewaltkonflikten
Leiter der UN-Friedensmission in Georgien, Dieter herauszuarbeiten und daraus eine Reihe von
Boden. Das Konferenzprogramm sowie eine Liste Empfehlungen zu destillieren. Der Bogen wurde
aller Teilnehmer finden sich im Anhang. Die Lei- dabei weit gespannt, von Außenpolitik, geopoli-
tung und Moderation erfolgte durch Günther tischen Gesichtspunkten, der Europäischen Nach-
Fichtner, Projektkoordinator der Friedrich-Ebert- barschaftspolitik sowohl auf konzeptioneller als
Stiftung im Südkaukasus. Zu danken ist allen Teil- auch auf praktischer Ebene bis hin zu humanitärer
nehmern für ihre Vorträge und oft sehr substan- Hilfe und Demokratieförderung. Die Vielzahl von
tiellen Wortbeiträge. Diese Publikation greift teil- praktisch zum oder im Südkaukasus Tätigen un-
weise, insbesondere in den Abschnitten im dritten ter den Teilnehmern war letztlich ein Garant für
Teil „Ausgewählte Themenfelder und Handlungs- die hohe Qualität der Konferenz.
strategien“ auf zentrale Thesen und Aussagen der

5
FRIEDRICH-EBERT-STIFTUNG

Die außenpolitischen Ziele der Staaten des Südkaukasus

Die außenpolitischen Ziele Georgiens Aserbaidschan) aus geostrategischen, zunehmend


aber auch aus ökonomischen Überlegungen her-
Die geopolitische Lage, die beiden Sezessionskon- aus sicherheitspolitisch zu stabilisieren. Mit der
flikte in Abchasien und Südossetien und die Hege- Eröffnung einer Ölpipeline von Baku ins geor-
monialstellung des nördlichen Nachbarn Russland gische Supsa im April 1998 zielte Präsident
sind zentrale Determinanten der Außenpolitik Schewardnadse darauf ab, seinem Land neue wirt-
Georgiens. Neben den baltischen Republiken war schaftliche und außenpolitische Optionen zu er-
das Land der einzige Nachfolgestaat der ehema- öffnen.
ligen UdSSR, der im Dezember 1991 nicht der Ge-
meinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) beitrat Georgien entschied sich für eine dezidierte West-
und dadurch versuchte, sich besonders konse- orientierung, die sich an den Mitgliedschaften in,
quent von dem sowjetischen Erbe zu lösen. Nach- sowie der moralischen, politischen wie auch
dem die Moskauer Regierung den Abchasienkon- finanziellen Unterstützung durch verschiedene
flikt durch taktisches Handeln verschärfte und in- Organisationen und Staaten ablesen lässt. So las-
strumentalisierte, sah sich Georgien Ende 1993 sen sich vier Kernprioritäten der georgischen Au-
dazu gezwungen, der GUS doch beizutreten und ßenpolitik nennen, die zusammengenommen das
überdies die Einrichtung russischer Militärbasen Attribut „pro-westlich“ gerechtfertigt erscheinen
auf seinem Territorium zuzulassen. Ferner wur- lassen: erstens die Suche nach Sicherheitsgaran-
den russische Soldaten unter der Ägide der GUS tien im Westen und der Wunsch nach einer NATO-
in den beiden sezessionistischen Landesteilen sta- Mitgliedschaft; zweitens ein Ost-West-Transport-
tioniert. Teile der außen- und sicherheitspoliti- korridor, der die wirtschaftliche und politische
schen Elite Moskaus zeigen bis heute die Tendenz, Unabhängigkeit gegenüber Russland vergrößert;
„kontrollierbare Instabilitäten“ zu provozieren und drittens die Suche nach westlicher Hilfe bei der
zu diesem Zweck Akteure zu unterstützen, die Lösung der innenpolitischen Konflikte, insbeson-
solche Unsicherheit schaffen. Dazu kommen die dere in Abchasien und Südossetien; viertens west-
starke Energieabhängigkeit von Russland sowie liche Investitionen.1
die Tatsache, dass der nördliche Nachbar einen
der größten Absatzmärkte für georgische Produk- Ende April 1999 wurde Georgien als erste Kauka-
te darstellt. In der Summe macht dies das Land sus-Republik Mitglied des Europarats. Dieses Er-
besonders verwundbar. Daher gehört der Wunsch eignis hatte Schewardnadse als „Rückkehr nach
nach einer Wiederherstellung der territorialen In- Europa“ gedeutet.2 Im Juni 2000 trat Georgien,
tegrität und einer Konsolidierung der Unabhän- ebenfalls als erster Staat des Südkaukasus (im Fol-
gigkeit zu den wichtigsten Konstanten der geor- genden: SK), der Welthandelsorganisation (WTO)
gischen Außenpolitik. bei. Von einzelnen Ländern und internationalen
Organisationen hat Georgien seit seiner Unabhän-
Mitte der 1990er Jahre rückte das Land vor dem gigkeit bis Anfang der 2000er Jahre etwa 1,5 Mrd.
Hintergrund einer sich konkretisierenden Öl- und US-Dollar Finanzhilfe erhalten. Allein die USA ha-
Gasförderung im Kaspischen Becken, bei der sich ben dem Land in dieser Dekade etwa 800 Mio.
eine Auflösung des russischen Energie-Transport- US-Dollar zur Verfügung gestellt und machen
monopols abzeichnete, noch stärker in das Interes- Tbilisi damit zu einem der größten Pro-Kopf-
senfeld Moskaus. Westliche externe Akteure, vor Empfänger amerikanischer Auslandshilfe.3
allem die USA, versuchten, Georgien (und auch

1 Interview: Archil Gegeshidze, Senior Fellow, Georgian Foundation for Strategic and International Studies, Tbilisi, und ehemaliger Nationaler Sicher-
heitsberater in Georgien; Oktober 2002.
2 „Georgien wird 41. Mitglied des Europarats“, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 28.4.1999, S. 1.
3 Archil Gegeshidze, „A Strategic Vision for Georgia“, The Washington Times, 13.9.2002, S. 5.

6
DER SÜDKAUKASUS ALS NACHBAR DER ERWEITERTEN EU

Die EU gehört für Georgien zu den wichtigsten gien am größten. Unter den EU-Mitgliedstaaten
internationalen Organisationen, an die sich das sind die Bundesrepublik Deutschland, Großbri-
Land mit dem Fernziel einer Mitgliedschaft ziel- tannien, die Niederlande, die Türkei, Frankreich
strebig anzunähern sucht. Seit 1992 ist Tbilisi im und Italien die wichtigsten Geldgeber.6
Rahmen von Tacis4 Empfänger unterschiedlicher
länderspezifischer wie auch grenzüberschreiten- Über eine enge Annäherung an die NATO besteht
der Programme, die anfangs als Instrument zur in der georgischen politischen Elite ein breiter
Hilfestellung bei Problemen eingesetzt wurden, Konsens, und der Pro-NATO-Kurs der Regierung
welche unmittelbar nach der Erlangung der Un- wird von 75 Prozent der Bevölkerung unterstützt,
abhängigkeit der SK-Staaten auftraten. In den Jah- wie Außenminister Beschuaschwili in seiner Rede
ren 1994–1996 hat die Nahrungsmittel- wie huma- hervorhob. Seit 1994 ist das Land Mitglied der
nitäre Hilfe der EU praktisch zum „Überleben“ Partnerschaft für den Frieden (PfP) und in die
Georgiens und zu einer Weiterführung der Refor- Euroatlantische Partnerschaft (EAP) der NATO
men beigetragen.5 Die Schärfung des politischen eingebunden, 1999 trat es aus dem GUS-Sicher-
Profils der EU im SK Ende der 1990er Jahre wird heitspakt aus. Bis Mitte 1999 waren georgische
von der georgischen Regierung ausdrücklich be- Hinweise auf eine mögliche NATO-Vollmitglied-
grüßt. Die 1999 in Kraft getretenen Partnerschafts- schaft eher von taktischem Kalkül geprägt. 2001
und Kooperationsabkommen sehen in vielen Be- hatte das erste PfP-Manöver in der Kaukasusre-
reichen (z. B. Investitionsförderung, Verkehr, Um- gion in Georgien stattgefunden, und in der zwei-
weltschutz, Energieversorgung und industrielle ten Jahreshälfte 2002 gewann das Thema NATO-
Zusammenarbeit, bei der Bekämpfung von Straf- Beitrittsgesuch an Dynamik. Auf dem Prager
taten und illegaler Einwanderung) eine Anglei- NATO-Gipfel im November 2002 hat Präsident
chung der Rechtsvorschriften an EU-Normen vor. Schewardnadse schließlich einen offiziellen Bei-
So formulierte der georgische Außenminister Be- trittsantrag gestellt. Seit 2004 ist Georgien mit der
schuaschwili in seiner Rede in Berlin im Novem- NATO durch einen Aktionsplan zur Mitgliedschaft
ber 2006, Georgien wolle ein „Modell für einen verbunden, in dem konkrete Maßnahmen benannt
Nachbarn in Europa“ werden, ein „Leitlicht, wie werden, die für einen Beitritt notwendig sind. Zu-
Europa sich weiterentwickeln kann“. dem wurde ein so genannter Individueller Partner-
schaftsaktionsplan unterzeichnet, der umfassende
Hinsichtlich der Lösung der genannten Sezessions- und spezifisch zugeschnittene Maßnahmen bein-
konflikte versucht die georgische Regierung, die haltet, die Georgien auf die Erreichung politischer
EU als Vermittler stärker einzubinden und die be- und ökonomischer Ziele festlegen und dabei un-
trächtliche russische Militärdominanz in Südosse- terstützen. Die georgische Regierung hat angekün-
tien und Abchasien durch eine Internationalisie- digt, ihre NATO-Beitrittsaktivitäten unter ande-
rung der Friedenssoldaten zu relativieren. Die rem mit Aserbaidschan zu koordinieren. Mitt-
damalige georgische Außenministerin Salome lerweile erscheint es nicht ausgeschlossen, dass
Zourabishvili erklärte im Oktober 2004 auf einer Georgien 2009 tatsächlich Vollmitglied des Bünd-
internationalen Konferenz der Friedrich-Ebert-Stif- nisses wird.7
tung in Tiblisi, das georgische Hauptinteresse an
dem Engagement der EU in der Region sei die Neben der Sicherheitsgarantie, die sich Georgien
Hoffnung und Erwartung, dass diese bei den of- von einer NATO-Vollmitgliedschaft erhofft, sind
fenkundigen geostrategischen Interessenkonflik- die NATO-Partnerschaftsprogramme (wie auch
ten zwischen den USA und Russland eine mode- die bilateralen Militärkooperationen) ferner ein
rierende Rolle mit dem Ziel größerer Stabilität attraktives Mittel, um die Streitkräfte vergleichs-
spielen werde. Die Erwartungshaltung in Bezug weise rasch und vor allem kostengünstig zu mo-
auf die EU ist innerhalb der SK-Staaten in Geor- dernisieren. Im Jahr 2000 betrug der Anteil der

4 Technical Assistance for the Commonwealth of Independent States.


5 Hinweis eines EU-Kommissionsbeamten, Deutsche Presse-Agentur, 16.2.2001.
6 Archil Gegeshidze, „A Strategic Vision for Georgia“, The Washington Times, 13.9.2002, S. 5.
7 „Georgia: NATO Membership by 2009?“, Eurasia Insight, 27.2.2007, http://www.eurasianet.org/... (download 5.3.2007).

7
FRIEDRICH-EBERT-STIFTUNG

Militärausgaben am Bruttosozialprodukt lediglich überwinden. Wenn die Türkei Teil Europas wird,
0,59 Prozent und war damit selbst im Vergleich dann sei dies auch im georgischen Interesse. Aller-
mit den beiden andern SK-Staaten äußerst gering.8 dings machte er auch darauf aufmerksam, dass
Georgien sieht sich im Zusammenhang mit der die Türkei - obwohl sie eigentlich eine Freihandels-
Verteidigungskooperation auch als eine Speerspit- vereinbarung mit Georgien abschließen möchte –
ze gegen den internationalen Terrorismus sowie an die Zollunion mit der EU gebunden ist. Dies
als verlässlicher Transportkorridor: „Wir wollen müsste in den bilateralen Verhandlungen mit An-
ein Bollwerk der Europäischen Sicherheit werden. kara und der EU noch gelöst werden. Dieter Bo-
(…) Wir wollen, als Weg für die westlichen Märk- den verwies in seinem Referat auch auf die sicher-
te, zum Kaspischen Meer und zur zentralasia- heitspolitische Rolle der Türkei im SK. Der ehema-
tischen Region fungieren“, so Außenminister Be- lige türkische Präsident Demirel hatte einen Süd-
schuaschwili in seiner Rede vom November. kaukasus-Plan vorgelegt, und überdies ist eine
Aufnahme der Türkei in die Gruppe der Freunde
In den bilateralen Beziehungen nimmt die Part- des Generalsekretärs der Vereinten Nationen zum
nerschaft mit den USA als größtem bilateralen Ge- Abchasienkonflikt diskutiert worden.11 Georgien
ber9 eine herausragende Stellung ein. Das Land und Aserbaidschan eint eine kritische Haltung
hilft Georgien bei seiner Einbindung in die NATO gegenüber russischen Destabilisierungsversuchen
und ergänzt diese seit 1994 durch Unterstützung im SK. Vor dem Hintergrund der intensiven Ko-
im militärischen Bereich, so z. B. bei der Terroris- operation der drei Staaten im Energiebereich kann
musbekämpfung, aber auch in anderen Feldern. zweifellos von einer strategischen Partnerschaft
Die Kooperation zwischen den amerikanischen gesprochen werden, denn es bestehen weitgehend
Joint Chiefs of Staff und georgischen Militärs reicht gleichgerichtete Interessen im Zusammenhang mit
zurück bis zum Beginn der neunziger Jahre. Die der Pipeline-Kooperation. Die bereits in Betrieb
Luftangriffe gegen Jugoslawien 1999 hatte Geor- genommene Baku-Tbilisi-Ceyhan-Rohrleitung so-
gien als einziges SK-Land vorbehaltlos unter- wie die kurz vor der Vollendung stehende Gas-
stützt, und im Irak ist Georgien mit mehreren pipeline Baku-Tbilisi-Erzurum sichern Georgien
Hundert Soldaten vertreten. Nach dem friedlichen wichtige Transiterlöse und zugleich Energieliefe-
Regierungswechsel im November 2003 haben die rungen zu ermäßigten Tarifen. Zusammen mit stei-
USA Georgien in den überschaubaren Kreis von genden Handelsvolumina mit der Türkei erlaubt
Ländern aufgenommen, die von dem finanziell dies eine schrittweise Herauslösung aus der Ab-
umfassenden Millennium Challenge Account profi- hängigkeitsbeziehung mit der Russischen Födera-
tieren. In diesem Rahmen werden innerhalb der tion. Symbolisch für die trilaterale Interessenge-
nächsten Jahre nichtmilitärische Projekte im Um- meinschaft steht auch eine geplante Eisenbahn-
fang von fast 300 Mio. US-Dollar finanziert. Ein verbindung zwischen Achalkalaki (Süd-Georgien)
bilaterales Übereinkommen lässt amerikanischem und Kars in der Nordost-Türkei.
Militär- und Zivilpersonal Privilegien zukommen,
die ihnen eine Immunität ähnlich der von Bot- Die außenpolitischen Ziele Armeniens
schaftsangehörigen gewährt sowie den Besitz und
das Tragen von Waffen auf georgischem Territori- Die Außen- und Sicherheitspolitik Armeniens ist
um ermöglicht.10 wesentlich durch den ungelösten Konflikt um die
Enklave Berg-Karabach mit Aserbaidschan und
Zu den unmittelbaren Nachbarn Türkei und Aser- die damit verbundene Handelsblockade durch
baidschan pflegt das Land enge Kontakte. Archil den östlichen Nachbarn sowie durch die Türkei
Gegeshidze wies in seinem Vortrag darauf hin, geprägt. Auf keines der drei SK-Länder hat das
dass die Türkei Georgien Anfang der 1990er Jahre Ausbleiben einer nachhaltigen Konfliktlösung
dabei geholfen hat, die Blockade Russlands zu wohl so unmittelbare, negative Folgen wie auf Ar-

8 Im Vergleich dazu lag der Anteil Armeniens bei 6,5 Prozent (Jahr 2001) und der von Aserbaidschan bei 2,6 Prozent (Jahr 1999), The CIA World Fact-
book 2002, Georgia, http://www.odci.gov/cia/publications/factbook/ (download 5.3.2007).
9 Seit 1992 mehr als 1,5 Mrd. US-Dollar Entwicklungshilfe, derzeit etwa 200 Mio. US-Dollar jährlich.
10 „US-Georgian Military Accord Ratified“, in: Civil Georgia, 21.3.2003.
11 Zu dieser Gruppe gehören Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Russland und die USA.

8
DER SÜDKAUKASUS ALS NACHBAR DER ERWEITERTEN EU

menien, da die Blockaden für das Land angesichts Armeniern in den Jahren 1915-16. Der damalige
der notwendigen Umwege hohe Transportkosten- Präsident Lewon Ter-Petrosjan hatte sich jedoch –
anteile für Export- wie auch Importgüter bedeu- zunehmend erfolgreich – um eine pragmatischere
ten. Erschwerend kommt hinzu, dass Armenien Politik der Türkei gegenüber bemüht, und in den
über keine nennenswerten fossilen Brennstoffe letzten Jahren begannen die bilateralen Bezie-
verfügt, aus der Transportlogistik für die Energie- hungen zwischen den Ländern pragmatische For-
träger aus dem Kaspischen Raum komplett ausge- men anzunehmen. Vor allem die amerikanische
schlossen ist und so weder von Transiterlösen Regierung war für eine Annäherung der beiden
noch von einem damit verknüpften vergünstigten Staaten eingetreten.
Bezug von Öl oder Gas profitieren kann. Dem
Kernkraftwerk Medsamor,12 das zwischen 1988 Auch eine Intensivierung der Kooperation mit
und 1995 aufgrund von gravierenden Problemen Georgien gehörte zu der außenpolitischen Neuaus-
abgeschaltet war, kommt insofern eine zentrale richtung. Ein stabiles Georgien ist speziell deshalb
Bedeutung als Energieproduzent zu. Ferner hat im armenischen Interesse, da eine Schienenverbin-
Armenien mit dem Iran sowie mit Russland Ver- dung, die ehedem über Georgien und Abchasien
träge zur Lieferung von Energie geschlossen. eine wichtige Handelsroute nach Russland dar-
stellte, aufgrund der Situation in Abchasien seit
Mit der Unterzeichnung eines Abkommens über Jahren unterbrochen ist. Für das von Russland ge-
Partnerschaft und Zusammenarbeit mit der EU im ographisch getrennte Armenien stellt sie aber eine
April 1996 und dem Inkrafttreten eines umfas- wichtige Transportverbindung dar, zumal das
senden Freundschaftsvertrages mit Russland im Land weder Zugang zum Schwarzen noch zum
August 1997 zeichnete sich eine zweigleisige Au- Kaspischen Meer hat. Auch ist Georgien vor dem
ßenpolitik der Komplementarität ab: Einerseits Hintergrund der belasteten Beziehungen zur Tür-
soll die traditionelle Anlehnung an Russland nicht kei und zu Aserbaidschan aus der Perspektive
gefährdet werden, auf der anderen Seite steht das Jerewans der neutralste US-Alliierte in der Re-
Ziel einer stärkeren Einbindung in EU-Strukturen. gion.14 Armenien hat mit Georgien daher ein Ko-
Auch wurde die Aufnahme des Landes Ende Ja- operationsabkommen unterzeichnet, das den Rah-
nuar 2001 in den Europarat als ein Zeichen der men für die bilateralen Beziehungen in den nächs-
positiven Entwicklung des Landes in Richtung ten 15–20 Jahren vorgeben soll. Danach soll keines
Demokratie und Marktwirtschaft gewertet. der beiden Länder ein für die jeweils andere Seite
„feindliches“ Abkommen mit Drittstaaten unter-
Trotz in der Regel zweistelliger Zuwächse des zeichnen.
Bruttosozialprodukts in den letzten Jahren bleibt
die ökonomische Entwicklung des Landes deut- Die Beziehungen zur EU sind – wie mit den ande-
lich unterhalb ihres Potentials und wird auch poli- ren SK-Ländern – durch eine Reihe technischer
tisch negativ durch das Ausbleiben einer umfas- Hilfsprogramme geprägt, die im Falle Armeniens
senden Konfliktlösung mit dem östlichen Nach- einen besonderen Fokus auf die Verringerung der
barn sowie die schlechten Beziehungen mit der Energieabhängigkeit legen. Hierfür wurde etwa
Türkei beeinträchtigt. Diese Belastungen waren der Gassektor umstrukturiert und ein Sanierungs-
offenbar ein wesentlicher Anlass für eine erneute plan für das Gasnetz des Landes entworfen. In
Justierung der armenischen Außenpolitik Anfang Jerewan ist zudem das einzige EU-Energiezen-
der 2000er Jahre. Der damalige Außenminister: trum des SK als Bestandteil der Energiezentren in-
„We will try to liven our communication with Tur- nerhalb der GUS aufgebaut worden. Die EU-Kom-
key (…) Armenia must keep the channels open for mission drängte im Rahmen der technischen Zu-
the dialogue with Turkey.”13 Die angespannten Be- sammenarbeit darauf, die Energieimportstruktur
ziehungen mit der Türkei wurzeln neben der aus des Landes zu diversifizieren, alternative Quellen
Solidarität mit Aserbaidschan motivierten Han- zu erschließen um damit die Voraussetzungen zur
dels- und Transportblockade auch in historischen Abschaltung des Kraftwerkes Medsamor zu schaf-
Belastungen angesichts des Massenmordes an den fen. Zu diesem Zwecke wurde auch eine Gaslei-

12 Es ist das einzige Kernkraftwerk im Südkaukasus.


13 „Armenian Foreign Policy Is About to Change“, Civil Georgia, 16.4.2002.
14 „Armenian Foreign Policy Is About to Change“, Civil Georgia, 16.4.2002.

9
FRIEDRICH-EBERT-STIFTUNG

tung aus dem Iran unterstützt, die kurz vor der politischen Elite zum Verhältnis des Landes mit
Fertigstellung steht. Die EU-Hilfsprogramme un- der NATO derzeit kein Konsens zu bestehen. In-
terstützten Armenien ferner dabei, die Vorausset- wiefern beide Prioritäten tatsächlich vereinbar im
zungen zum WTO-Beitritt zu erfüllen. Sinne einer komplementären Außenpolitik sind
oder sich vielmehr ein bedenklicher Zielkonflikt
Eine Rolle als aktiver Protagonist bei der Lösung abzeichnet, ist derzeit noch offen.
des Karabach-Disputs spielt die EU indes nicht,
da die Verhandlungen ausschließlich im Kontext Die Beziehungen zu den USA sind eng, nicht zu-
des OSZE-Minsk-Prozesses stattfinden, an dem letzt aufgrund der armenischen Diaspora15 und
die Union als Akteur nicht beteiligt ist. In der deren Lobbytätigkeiten, die zeitweise einen erheb-
Summe ist Armenien um enge Beziehungen zur lichen Einfluss auf die amerikanische Politik ge-
EU bemüht, legt dabei jedoch eine pragmatischere genüber dem SK zu nehmen vermochten. So wur-
Haltung als der westliche Nachbar an den Tag. de mit Verweis auf die aserbaidschanische Han-
Eine Vollmitgliedschaft wird nicht explizit ange- delsblockade ein Verbot amerikanischer Hilfsleis-
strebt, zugleich jedoch eine Angleichung der Ge- tungen an Baku durchgesetzt.16 Trotz des zuneh-
setzgebung im Rahmen des Acquis der EU voran- menden wirtschaftlichen Interesses der USA an
getrieben. Bis zur georgischen „Rosenrevolution“ der Ölförderung in und an einer Zusammenarbeit
Ende 2003 war die Bilanz der Reformanstrengun- in der Terrorismusbekämpfung mit Aserbaidschan
gen in Armenien unter den SK-Staaten noch am gelang es den armenischen Lobbygruppen, zu-
besten. mindest bis 2002 eine Aufhebung dieses Verbotes
zu verhindern. Die USA gehören zu den größten
In den vergangenen Jahren haben sich die Bezie- Investoren in Armenien und das Land profitiert –
hungen zur NATO etwas intensiviert. So wurden wie Georgien – von dem gut dotierten Millennium
in Armenien gemeinsame größere NATO-Manö- Challenge Account des amerikanischen Außenmi-
ver durchgeführt, und das Land hat 2006 – wie nisteriums. Ohnehin ist Armenien einer der größ-
auch Georgien – einen Individuellen Partnerschafts- ten Pro-Kopf-Empfänger amerikanischer Entwick-
aktionsplan mit dem Bündnis unterzeichnet. Des- lungshilfe.
sen ungeachtet wird offiziell weder von einem
lang- noch gar mittelfristigen Ziel einer Mitglied- Die USA gehören zu den Ko-Vorsitzenden der
schaft gesprochen. In einer im Verteidigungsmi- Minsk-Gruppe und haben sich in dieser Funktion
nisterium entstandenen Konzeption zur natio- nachdrücklich für eine Verhandlungslösung im
nalen Sicherheit des Landes wird eine Mitglied- Karabach-Konflikt eingesetzt, unter anderem mit
schaft kategorisch ausgeschlossen, wie Stepan der Ausrichtung von hochrangigen Gesprächen
Grigorjan in seinem Vortrag berichtete. Dieses im Frühjahr 2001 in Key West/Florida. Angesichts
Konzept soll dem Parlament zur Diskussion vor- der ausgeprägten wirtschaftlichen Zusammenar-
gelegt werden. Grigorjan selbst sprach sich gegen beit Armeniens mit dem Iran, vornehmlich Ener-
eine solch kategorische Ablehnung aus und wies giekooperationen betreffend, wird jedoch die Am-
ferner darauf hin, dass das Interesse der poli- bivalenz der armenisch-amerikanischen Beziehun-
tischen Kräfte des Landes an der NATO (und auch gen ersichtlich. Einerseits finden bereits seit 1998
an der EU) allgemein zunehme. Auch Artur Bag- bilaterale Sicherheitsdialoge auf Regierungsebene
dassarjan, der ehemalige armenische Parlaments- statt, es wird im Bereich der Verteidigung zusam-
vorsitzende, plädierte im Mai 2006 in dieser Funk- mengearbeitet, und Mitte 2000 wurde ein Abkom-
tion nicht nur für eine konsequente EU-Integra- men gegen eine Verbreitung von Massenvernich-
tion seines Landes, sondern auch für die Option tungswaffen abgeschlossen. Andererseits verhäng-
einer NATO-Mitgliedschaft, die jedoch nicht ge- te die US-Regierung im Frühjahr 2002 Sanktionen
gen die guten Beziehungen mit der Russischen gegen eine Reihe armenischer Unternehmen, die
Föderation ausgespielt werden dürfe. Aufgrund der Unterstützung Irans bei der Beschaffung von
dieser Bemerkung musste er später von seinem Mitteln für die Herstellung von Massenvernich-
Amt zurücktreten. Insofern scheint innerhalb der tungswaffen bezichtigt wurden. Daher sieht sich

15 Sie umfasst rund eine Million Menschen.


16 Festgehalten ist dies in Abschnitt 907 des Freedom Support Act von 1992.

10
DER SÜDKAUKASUS ALS NACHBAR DER ERWEITERTEN EU

die armenische Regierung vor die schwierige Auf- Ölgesellschaft SOCAR erste Förderverträge mit
gabe gestellt, die guten bilateralen Beziehungen einem internationalen Konsortium ab. Obwohl
mit Amerika durch die enge und vielschichtige das Land seine Außenpolitik in der Summe nach
Kooperation mit Russland und durch die Zusam- Westen ausrichtete und folglich vor allem Unter-
menarbeit mit dem Iran nicht aufs Spiel zu setzen. nehmen aus der EU und den USA berücksichtigte,
hat die Regierung bei der Unterzeichnung weite-
Die außenpolitischen Ziele Aserbaidschans rer Erschließungsabkommen auch russische Kon-
zerne als Teilhaber gewonnen und zielte damit auf
Die Außen- und Sicherheitspolitik Aserbaidschans eine Entspannung der Auseinandersetzungen um
ist einerseits von dem Ziel geprägt, die Wieder- den Status des Kaspischen Meeres mit Russland
herstellung der territorialen Integrität angesichts ab.18
der Gebietsverluste nach dem Berg-Karabach-
Krieg von 1989 bis 1994 zu erreichen. In dem Ter- Aufgrund von Absatz 907 des Freedom Support
ritorialkonflikt hatte sich die mehrheitlich von Act, welcher der amerikanischen Regierung di-
ethnischen Armeniern bewohnte Enklave 1991 für rekte Hilfsleistungen an Aserbaidschan verbietet,
unabhängig erklärt. Als Folge kriegerischer Aus- war die sicherheitspolitische Zusammenarbeit
einandersetzungen, bei denen die Karabach-Ar- zwischen beiden Staaten bis 2002 weitgehend auf
menier von Jerewan und Moskau Unterstützung Fragen der Grenzsicherheit beschränkt, während
erhielten, hat Aserbaidschan zwanzig Prozent sei- eine substantielle militärische Zusammenarbeit
nes Staatsgebiets verloren und sah sich mit mas- nicht stattfand. Seit 1994 ist Aserbaidschan aber in
siven Fluchtbewegungen konfrontiert, die es bis der Partnerschaft für den Frieden (PfP) der NATO
heute nur schwer bewältigen kann.17 Andererseits und bemüht sich um enge Kontakte mit dem
zielt die Regierung auf eine Ausbeutung der Öl- Bündnis. Die PfP-Teilnehmer sollen in die Lage
und Gasreserven des Landes ab. Nach dem Ab- versetzt werden, mit NATO-Streitkräften in Berei-
schluss eines durch die Vereinten Nationen und chen wie Friedenswahrung, Katastrophenschutz
Russland vermittelten Waffenstillstandes in dem oder humanitäre Aktionen zusammenzuwirken.
Konflikt und der damit einhergehenden relativen Die Einbindung von Aserbaidschan und Georgien
Stabilität rückte nämlich zunehmend die Rolle in die PfP dient aber auch dem Schutz der Ölquel-
Aserbaidschans als Rohstofflieferant in den Mit- len und der Transportinfrastruktur der Region.
telpunkt ökonomischer wie auch geostrategischer Die NATO-Einbindung der SK-Staaten wird von
Interessen. Zur Erschließung und zum Transfer den USA innerhalb der Entscheidungsgremien des
der Hydrokarbonreserven waren und sind tech- Bündnisses mit Nachdruck forciert.
nisches Wissen, Investitionskapital sowie eine effi-
ziente sicherheitspolitische Abstützung beim Anfang 1999 wurde eine Entsendung amerikani-
Transport notwendig, Anforderungen, die ein En- scher Truppen nach Aserbaidschan19 und die Be-
gagement westlicher Akteure notwendig machen. reitstellung eines Flugplatzes für Kampfbomber
Auf diesem Hintergrund hat Baku von Anfang an für die USA und die Türkei diskutiert,20 im April
auf eine enge Zusammenarbeit mit Förderfirmen 1999 ist Aserbaidschan – neben Georgien – aus
vor allem aus Westeuropa und aus den USA ge- dem GUS-Sicherheitspakt ausgetreten. Nachdem
setzt und ist eine intensive wirtschaftliche und der amerikanische Präsident seit 2002 alljährlich
später auch militärische Zusammenarbeit vor die Anwendung des Absatzes 907 des Freedom
allem mit Washington eingegangen. Im September Support Act aussetzt, hat die bilaterale Zusam-
1994 schloss die staatliche aserbaidschanische menarbeit deutlich an Substanz gewonnen. In der

17 Vgl. Uwe Halbach, Migration, Vertreibung und Flucht im Kaukasus. Ein europäisches Problem, Bundesinstitut für ostwissenschaftliche und inter-
nationale Studien, 13-1999, Köln 1999.
18 Das russische Außenministerium erklärte die erste Fördervereinbarung mit dem Hinweis auf rechtliche Einwände zum Status des Kaspischen
Meeres zunächst für ungültig.
19 „Caucasus: U.S. Military Presence in Caspian Appears Inevitable”, Radio Free Europe/Radio Liberty, 4.2.1999; „Debate over NATO Presence in
Azerbaijan Continues”, Radio Free Europe/Radio Liberty Newsline, 27.1.1999.
20 „NATO Presses Russia on another Front”, Stratfor Global Intelligence Update, 15.4.1999, http://www.atimes.com/c-asia/AD17Ag01.html (down-
load 5.3.2007).

11
FRIEDRICH-EBERT-STIFTUNG

Sicherheitskooperation stellen die USA seitdem hungen zu Russland. Trotz der starken ökono-
größere Millionenbeträge zur Modernisierung des mischen und politischen Westausrichtung zielt die
Militärs und zur Verbesserung der Interoperabili- aserbaidschanische Außenpolitik insofern auf ei-
tät mit NATO-Einheiten zur Verfügung, vor allem nen Ausgleich zwischen den Interessen externer
in der Luftverteidigung. Aserbaidschanische Trup- Akteure im Kaspischen Raum ab und ist bestrebt,
pen sind im Irak unter amerikanischer Führung sich nicht zu einseitig auszurichten.
stationiert, und die USA unterstützen das Land
bei der Umsetzung des Individuellen Partnerschafts- Die EU hat Aserbaidschan im Rahmen von Tacis
aktionsplans mit der NATO. Ein Fokus der Zusam- in den Bereichen Landwirtschaft, Reform der öf-
menarbeit liegt in der Verbesserung der Grenzsi- fentlichen Verwaltung, Umstrukturierung der
cherheit im Seebereich mit dem Ziel, den Handel Staatsunternehmen oder Entwicklung des priva-
mit illegalen Drogen und Rauschmitteln zu unter- ten Sektors unterstützt. Das Land hat angesichts
binden, welcher häufig der Finanzierung terroris- der massiven Flüchtlingsströme als Folge des Ka-
tischer Aktivitäten dient. Zum anderen zeichnet rabach-Konflikts auch stark von der humanitären
sich eine engere Zusammenarbeit im Bereich der Hilfe der EU profitiert, insbesondere in den Jahren
Pipelinesicherheit ab. Aus geopolitischen Überle- 1994-1996. Mit der Konkretisierung der Ölförde-
gungen heraus hatte sich die Clinton-Regierung rung rückte das Thema Energieversorgungssicher-
vehement, und letztlich erfolgreich, für eine heit auch im Zusammenhang mit den SK-Staaten
Hauptrohrleitung zum Export aserbaidschanischen stärker in den Fokus der EU. Infolgedessen wurde
Öls eingesetzt, die sowohl Russland, als auch den die technische Hilfe – vor allem im Kontext von
Iran umgeht und stattdessen über die Türkei ans INOGATE21 – bei der Entwicklung der Infrastruk-
östliche Mittelmeer führt. Diese Baku-Tbilisi-Cey- tur in einen engeren Kontext mit der Diversifizie-
han-Pipeline mit einer beträchtlichen Durchlei- rung der Transportwege für Energieträger gestellt.
tungskapazität wurde im Juni 2006 in Betrieb ge- INOGATE verfolgt das Ziel, Lücken in der Öl-
nommen. Nunmehr geht es zunehmend darum, und Gastransportinfrastruktur Richtung EU zu
den reibungslosen Betrieb und die Sicherheit zu schließen, existierende Transportwege zu verbes-
gewährleisten. sern sowie Einschätzungen möglicher zusätzlicher
Optionen für den Transport von Kohlenwasser-
Angesichts der iranischen Nuklearambitionen zie- stoffen aus der Kaspischen Region auf europäi-
len die USA darauf ab, Aserbaidschan als Nach- sche und allgemein westliche Märkte vorzuneh-
barland in eine diplomatische Gegenkoalition ein- men. EU-Projekte hatten unter anderem die Etab-
zureihen. Dessen überwiegende Zurückhaltung in lierung eines aserbaidschanischen Ministeriums
Bezug auf diese Versuche lässt sich unter anderem für Treibstoff und Energie mit klar definierten
damit erklären, dass das Land aufgrund der Be- Zuständigkeiten sowie Planungen zur Schaffung
setzung Karabachs und des angrenzenden Süd- einer Aufsichtsbehörde für die Energiewirtschaft
westens zum Erreichen seiner Exklave Nachitsche- unterstützt.22
wan auf eine Verbindung über iranisches Staats-
gebiet angewiesen ist. Die USA haben sich stets In einer Erklärung vom April 1998 hebt der EU-Rat
für eine nachhaltige Lösung des Karabach-Kon- der Außenminister die Bedeutung des INOGATE-
flikts eingesetzt, bislang ist es aber zu keiner Lö- Programms hervor und betont die Notwendigkeit
sung gekommen. Aserbaidschan hat derzeit Trup- multipler Pipelines als wichtigen Beitrag zur glo-
pen in den NATO-Missionen in Afghanistan und balen Öl- und Gasversorgung.23 Aufgrund der
im Kosovo stationiert. Trotz dieser Verpflichtun- umfangreichen Energieexporte in die EU ist diese
gen hat das Land – im Gegensatz zu Georgien – für Aserbaidschan mittlerweile zum wichtigsten
bislang noch kein offizielles NATO-Beitrittsgesuch Handelspartner avanciert: Fast die Hälfte der Ex-
gestellt, denn Präsident Ilham Aliew bemüht sich porte gingen 2005 in die Staaten der EU. Ende
ausdrücklich um gute nachbarschaftliche Bezie- 2006 ist ein Abkommen über eine Energiepartner-

21 Interstate Oil and Gas Transport to Europe.


22 Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Tacis-Jahresbericht 1999, S. 11, 13-16.
23 2085. Rat, Allgemeine Angelegenheiten vom 27.4.1998, Brüssel, Press: 109, Nr.7684/98.

12
DER SÜDKAUKASUS ALS NACHBAR DER ERWEITERTEN EU

schaft zwischen der EU-Kommission und der mehrtägige Besuch von Präsident Ilham Aliew in
aserbaidschanischen Regierung unterzeichnetet Berlin dokumentiert den gestiegenen Stellenwert
worden, das eine Angleichung von gesetzlichen der derzeit weltweit am schnellsten wachsenden
Grundlagen im Energiebereich zum Ziel hat. Auch Volkswirtschaft für Deutschland.
im ENP-Aktionsplan stellt der Ausbau der Ener-
giepartnerschaft einen Prioritätssektor dar. Als Der Karabach-Konflikt dominiert jedoch nach wie
EU-Ratsvorsitzender ist der deutsche Außenminis- vor die Außen- und Sicherheitspolitik des Landes,
ter Steinmeier im Februar 2007 nach Baku gereist, wie auch Außenminister Mammadjarov in einer
um Gespräche über die konkrete Ausgestaltung Vortragsveranstaltung im Juli 2006 in Berlin klar
dieser Zusammenarbeit zu führen. Angesichts der hervorhob. Nicht zuletzt angesichts des deutlich
wirtschaftlichen Bedeutung setzt sich die aser- steigenden Rüstungsetats Aserbaidschans und we-
baidschanische Regierung für enge Beziehungen gen der Professionalisierung der Streitkräfte be-
mit der Union ein, ohne dabei bislang explizit steht aber die Gefahr, dass eine militärische Op-
einen Beitritt anzustreben. tion zur Rückeroberung der verlorenen Gebiete in
Betracht gezogen wird. Dabei sind die regierungs-
Unter den einzelnen EU-Mitgliedstaaten ist Groß- amtlichen Reaktionen zwar insgesamt vorsich-
britannien besonders aktiv in Aserbaidschan. tiger als etwa die georgischen hinsichtlich ihrer
Schon Anfang der 1990er Jahre wurde im briti- Konflikte. Indirekt wird jedoch immer wieder eine
schen Unterhaus ein Ausschuss für britisch-aser- gewaltsame Option angedeutet. Trotz des relati-
baidschanische Beziehungen eingerichtet, der sich ven Reichtums des Landes lebt noch ein erheb-
unter anderem die Unterstützung von heimischen licher Teil der Bevölkerung unterhalb der Armuts-
Unternehmen in dem Land zum Ziel setzt.24 In grenze; die Karabach-Flüchtlinge, die in die Hun-
den Förderkonsortien sind britische Firmen stark derttausende gehen, sind zumeist unter besonders
vertreten (insbesondere British Petroleum). Fran- prekären Bedingungen untergebracht. Ein unver-
zösische Unternehmen haben sich mit etwas Ver- hältnismäßiger Ausbau der Streitkräfte auf Kosten
zögerung an Explorationsabkommen beteiligt. einer unzureichenden Integration der Binnenflücht-
Deutschland hat die transkaukasischen und zen- linge könnte sich jeweils wechselseitig negativ
tralasiatischen Länder dagegen vergleichsweise verstärken und etwa vor dem Hintergrund neuer
spät als Wirtschaftsregionen entdeckt und sich Wahlen eine sozio-politische Eigendynamik ent-
dann stärker auf Bereiche wie Telekommunika- wickeln, der die Regierung nicht mehr Herr wird.
tion, Stromerzeugung, Luftverkehr oder die Tex- Obwohl Armenien von der Fortdauer des fragilen
tilindustrie konzentriert.25 Seit Mitte der 1990er Status Quo in der Enklave und seiner unmittel-
Jahre hat Deutschland Aserbaidschan umfangrei- baren Folgen weitaus stärker betroffen ist als sein
che Wirtschaftshilfen zur Verfügung gestellt, und östlicher Nachbar, würde auch Aserbaidschan
die Warenausfuhr nach Aserbaidschan ist in den wirtschaftlich, vor allem aber politisch von einer
letzten Jahren deutlich gestiegen. Der jüngste Verhandlungslösung enorm profitieren.

24 Interview: Botschafter Thomas Young: „Diplomatic Interview, British Ambassador Thomas Young“, in: Azerbaijan International, Summer 1994.
25 Gernot Erler/Friedemann Müller, Region of the Future: The Caspian Sea German Interests and European Politics in the Trans-Caucasian and Central
Asian Republics, in: Dieter Dettke (Hg), A Great Game No More: Oil, Gas and Stability in the Caspian Sea Region, Policy Paper of the SPD Parlia-
mentary Group in the German Bundestag, Washington, DC 1999.

13
FRIEDRICH-EBERT-STIFTUNG

Zentrale Problemlagen und externe Großmächte im Südkaukasus

Die Bedeutung Regionaler Kooperation stärkt dies die Ausgrenzung Armeniens aus der
Transportinfrastruktur des Landes noch zusätz-
Regionaler Kooperation im SK sind angesichts der lich. Eine bereits bestehende Schienenverbindung
skizzierten ungelösten Konflikte enge Grenzen ge- Baku-Tbilisi-Gumri/Armenien-Kars ist derzeit we-
setzt, gleichzeitig ist eine Zusammenarbeit der gen des türkischen Embargos geschlossen, könnte
drei Staaten jedoch eine notwendige Bedingung theoretisch aber wieder in Betrieb genommen
für ökonomische, politische Stabilität und Prospe- werden. Der Land umschlossene Binnenstaat Ar-
rität. Das Ausbleiben umfassender Konfliktlösun- menien ist aber nicht nur durch die türkisch-aser-
gen ist insofern ein gravierendes Entwicklungs- baidschanische Blockade, sondern überdies auch
hemmnis, als der Handel untereinander durch durch den Abchasienkonflikt von einer Schienen-
Blockaden verhindert oder begrenzt wird und zu- verbindung nach Russland getrennt und damit
gleich ein dauerhaft sicheres Umfeld auch eine insgesamt hochgradig isoliert. Von den beiden
Voraussetzung für Investitionen ist. Die volkswirt- Straßenverbindungen von Georgien über den
schaftlichen und politischen Kosten der Nicht-Koo- Kaukasus nach Russland befindet sich die wich-
peration sind immens. So hatte etwa eine Weltbank- tigere der beiden im südossetischen Sezessions-
studie aus dem Jahr 2000 geschätzt, dass nach der gebiet und kann von den georgischen Behörden
Aufhebung der durch die regionalen Konflikte in- nicht kontrolliert werden. Im Kontext der russi-
duzierten Blockaden unter anderem das Brutto- schen Beitrittsverhandlungen zur WTO hat die
sozialprodukt Armeniens um 30 Prozent wachsen georgische Regierung angekündigt, ihre Zustim-
würde.26 Die Transportkostenanteile für Export- mung zu einer Mitgliedschaft nur zu geben, so-
und Importgüter sind in Armenien angesichts die- fern Russland die legalen Grenzübergänge zwi-
ser Handelsblockaden nämlich sehr hoch. Dieter schen beiden Staaten öffnet und die illegalen
Boden wies in seinem Referat darauf hin, dass das schließt. Inwieweit sich dies durchsetzten lässt,
Wirtschaftswachstum Georgiens wegen der rus- bleibt abzuwarten.
sischen Handelsblockade im Jahr 2006 statt der
prognostizierten acht Prozent um mindestens Bereits Anfang 1996 hatte das EU-Parlament die
zwei Prozent geringer ausfallen wird. Einrichtung eines Krisenverhütungszentrums für
den SK vorgeschlagen,27 ab Ende der 1990er Jahre
Angesichts der starken geographischen Nord-Be- sehen westeuropäische außenpolitische Akteure
grenzung durch das Kaukasusgebirge und wegen die mangelnde umfassende Konfliktlösung immer
der Zerstörung, Blockade bzw. Fremdkontrolle häufiger nicht nur als schwerwiegendes Entwick-
von Straßen- und Schienenverbindungen kommt lungshemmnis für die drei Volkswirtschaften. Da-
der Wiederherstellung und Neuerrichtung von rüber hinaus wird der SK zunehmend als potenti-
Transportrouten im Südkaukasus eine Schlüssel- elle neue Konfliktregion an der Peripherie der (er-
rolle zu. Georgien und Aserbaidschan sind über weiterten) Union wahrgenommen. Der Anspruch
eine Eisenbahnverbindung zwischen Tbilisi und wird formuliert, die latenten Gewaltkonstellatio-
Baku verbunden, und der Bau einer Teilstrecke nen durch präventive Maßnahmen und eine enge-
zwischen Achalkalaki (Süd-Georgien) und Kars in re Zusammenarbeit mit einflussreichen staatlichen
der Nordost-Türkei wird eine Verbindung zu Akteuren wie auch durch internationale Sicher-
einem bedeutenden Handelspartner dieser Län- heitsorganisationen einzuhegen. Das Ende des
der schaffen. Zusammen mit der Baku-Tbilisi- Jugoslawienkrieges beanspruchte die Aufmerk-
Ceyhan-Pipeline sowie der teils parallel verlau- samkeit nicht mehr so stark und führte der euro-
fenden Baku-Tbilisi-Erzurum-Gasrohrleitung ver- päischen Öffentlichkeit gleichzeitig vor Augen,

26 Evgeny Poljakov, Changing Trade: Patterns after Conflict Resolution in the South Caucasus, Washington DC 2000.
27 Entschließung des Europäischen Parlaments: Auszüge betreffend das Arbeitsprogramm der Kommission für 1996, Bulletin der EU, Beilage 1/96, S. 42.

14
DER SÜDKAUKASUS ALS NACHBAR DER ERWEITERTEN EU

welches Zerstörungspotential ungelöste Konflikte Außenministern der SK-Staaten gemeinsame Er-


entfalten und welche Risiken von ihnen ausgehen klärungen abgegeben, die erste auf dem bislang
können, sofern sie nicht vorbeugend mit nicht- einzigen EU-SK-Gipfel in Luxemburg im Juli 1999.
militärischen Mitteln entschärft werden. Auch war Auch im Kontext der ENP stellt regionale Zusam-
mit den massiven Fluchtbewegungen aus dem menarbeit im Südkaukasus eine Priorität der von
ehemaligen Jugoslawien in Richtung Westen die den drei Ländern unterzeichneten Aktionspläne
zunehmende Bedeutungslosigkeit geographischer dar. Der strukturelle Ansatz durch Länder über-
Distanz bei Risiken dieser Art deutlich geworden. greifende Infrastrukturprogramme wurde bislang
Die Bedeutung von Risiken wird auch in den aber nicht ausreichend durch hochrangige diplo-
Mitte 1999 zwischen der EU und den SK-Staaten matische Aktivitäten auf EU-Ebene ergänzt. Die
jeweils abgeschlossenen Partnerschafts- und Ko- Rolle des EU-Sonderbeauftragten für den SK ist
operationsabkommen thematisiert. Der Anspruch im Hinblick auf die Konfliktlösung beschränkt,
wurde formuliert, die „eingefrorenen“ Konflikte und seine Ernennung Mitte 2003 war das Ergebnis
nicht in wiederholte heiße Auseinandersetzungen einer kontroversen Debatte innerhalb der Mit-
ausarten und zu einem zweiten Balkan werden zu gliedstaaten.31
lassen. So ist es kein Zufall, dass die Veröffentli-
chung von Vorschlägen zu einer umfassenden Lö- Obwohl sich bei allen Konfliktparteien zuneh-
sung der Konflikte im SK zwischen Mitte 1999 mend die Erkenntnis durchgesetzt hat, dass die
und Mitte 2000 eine Hochkonjunktur erfuhr und Aufrechterhaltung des Status Quo ein nachdrück-
viele dieser Entwürfe Parallelen zu dem Balkan- liches Entwicklungshemmnis für alle darstellt,
Stabilitätspakt aufwiesen. Ein weiteres primäres kam es in keinem der Konflikte zu nennenswerten
Motiv für ein krisenpräventives Vorgehen im SK Fortschritten. Die Schwierigkeiten bei der Lösung
besteht in dem Anliegen, ein dauerhaft sicheres der „gefrorenen ethnischen Konflikte”, so eine
Umfeld für die westlichen Investitionen in der Re- landläufige, allerdings nicht ganz befriedigende
gion zu schaffen, denn: „European market interests Charakterisierung, sind nämlich äußerst viel-
demand political stability as a prerequisite.”28 schichtig, wie Barbara Lehmbruch in ihrem Vor-
trag verdeutlichte. Die auf den ersten Blick pri-
Die EU hatte regionale Kooperation schon früh- mordialen bzw. langfristig-historisch entstande-
zeitig zu einem Kernziel im SK gemacht, und nen ethnisch-religiösen Antagonismen werden bei
zwar durch verschiedene Projekte im Rahmen des genauerer Betrachtung von einer Reihe sehr un-
Tacis-Programms, so z. B. INOGATE oder des terschiedlicher Probleme von Gesellschaft, Wirt-
TRACECA.29 Der Ansatz regionaler Stabilität schaft und staatlichen Strukturen überlagert und
kommt in allen Tacis-Erklärungen zum Ausdruck. verstärkt oder überhaupt erst hervorgerufen. Da-
Folglich wird der SK von der EU auch stets als re- her ist es notwendig, die einzelnen Problemfak-
gionaler Block wahrgenommen. Eine Lösung der toren zu identifizieren und ihren Stellenwert bzw.
Konflikte legt aus der Sicht der EU-Akteure nahe, ihr Zusammenwirken darzustellen. Das Vorherr-
gemeinsame Treffen im Sinne vertrauensbildender schen informeller Steuerungsmechanismen in
Maßnahmen abzuhalten.30 Die Folge ist eine Paral- Wirtschaft und Gesellschaft und damit von Klien-
lelität verschiedener Abkommen und Initiativen, telismus und Korruption, die Schwäche organi-
unter anderem die zeitgleiche Unterzeichnung, sierter Gruppen und intermediärer Institutionen
Paraphierung und das Inkrafttreten der Partner- treten in Konfliktregionen verstärkt auf und tra-
schafts- und Kooperationsabkommen (Dezember gen zu einer Verstärkung bzw. Perpetuierung der
1995; April 1996; Juli 1999). Auch wurden von den Konflikte bei. Ernsthafte Konfliktlösungsversuche

28 Gernot Erler/Friedemann Müller, Region of the Future: The Caspian Sea German Interests and European Politics in the Trans-Caucasian and Central
Asian Republics, in: Dieter Dettke (Hg), A Great Game No More: Oil, Gas and Stability in the Caspian Sea Region, Policy Paper of the SPD Parlia-
mentary Group in the German Bundestag, Washington, DC 1999, S. 90-104.
29 Transport Corridor Europe-Caucasus-Asia. Der TRACECA sieht die Entwicklung der Transport- und Verkehrsrouten entlang der historischen Sei-
denstraße vor.
30 In Berg-Karabach kamen seit Anfang der 1990er Jahre aufgrund von Kriegshandlungen zwischen Armenien und Aserbaidschan 35 000 Menschen
um; massive Flüchtlingsbewegungen waren eine weitere Folge. Armenien konnte den Gewaltkonflikt mit russischer militärischer Hilfe schließlich
für sich entscheiden, und bis heute halten die Karabach-Armenier etwa ein Fünftel des aserbaidschanischen Territoriums besetzt.
31 Dov Lynch, The EU: Towards a Strategy, in: Dov Lynch (Hg), The South Caucasus: A Challenge for the EU, Paris 2003, S. 184-185.

15
FRIEDRICH-EBERT-STIFTUNG

bedrohen daher in der Regel die Interessen von in der Kaspischen Region zurückzuführen. Im
„Störenfrieden“, die einen Friedensprozess unter- Hinblick auf die Gewaltkonflikte erhob Moskau
laufen oder boykottieren, da sie sich in den exis- die Forderung nach einer Aufwertung der GUS zu
tierenden Strukturen stabil eingerichtet haben und einer regionalen Organisation im Sinne von Kapi-
befürchten, bei einem Friedensabkommen etwas tel VIII der UN-Charta; die GUS erhielt jedoch
zu verlieren oder aber nicht hinreichend berück- lediglich einen Beobachterstatus. Von der russi-
sichtigt zu werden.32 Unter anderem wird dies schen Regierung wurde dies aber als faktische
verdeutlicht durch die zentrale Rolle der russi- Anerkennung der Gemeinschaft als regionale Or-
schen Armee im nordkaukasischen Waffenhandel, ganisation gewertet, und sie zielte damit auf eine
aber auch die südossetischen Profiteure des ille- Einflussausweitung ab. Bei der Durchführung der
galen Handels mit Waffen, Öl, Mehl oder Milch- Friedensmissionen zeigte sich die Regierung
produkten sind solche Störenfriede; in Abchasien kaum bereit, mit den im SK sicherheitsrelevanten
ziehen lokale De-fakto-Autoritäten und ihre An- Internationalen Organisationen zusammenzuar-
gehörigen Nutzen u.a. aus dem Verkauf oder dem beiten; keine der Missionen verfügt über ein UN-
Betrieb staatlicher Hotels. Letztlich greifen im oder OSZE-Mandat. Insofern dient die GUS in
Kaukasus also Interessen und Identitäten, wirt- erster Linie als Instrument zur Legitimierung
schaftliche Anreize und ethnisch begründetes Ver- praktisch unilateraler, nationaler „Friedensmissio-
halten ineinander, die oft schwer voneinander zu nen“ an der russischen Peripherie.34
trennen sind.33
Detlef Puhl nannte in seinem Referat drei Interes-
Russland und der südliche Kaukasus sen Russlands im SK, nämlich den Anspruch, in
der Region eine gestaltende Großmacht zu sein;
Die Staaten der Region sahen sich nach dem Ende ökonomische Interessen, vor allem an einer Kon-
des Systemantagonismus vor die schwierige Auf- trolle der Energieflüsse; und schließlich den Zu-
gabe gestellt, ihre nationalen Interessen neu zu sammenhalt der Russischen Föderation im Hin-
definieren, und zwar unter Kontextbedingungen, blick auf die interne Situation im Nordkaukasus
die nicht allein durch die Veränderungen des si- (Ossetien, Tschetschenien). Deutlich sei, dass Prä-
cherheitspolitischen Gefüges, sondern auch durch sident Wladimir Putin seinem Land wieder einen
die Destruktion bisheriger kollektiver Identitäts- Platz als Großmacht verschaffen möchte. Beflügelt
vorstellungen in außerordentliche Unsicherheit durch die in den letzten Jahren aus dem Verkauf
geraten waren. Neben den mit neuer Souveränität von Energieträgern immens gestiegenen Erlöse
ausgestatteten Ländern des früheren „äußeren will die russische Regierung offenbar ihre Rolle
Imperiums“ der UdSSR war auch die russische als Machtfaktor ausbauen. Diese Zielvorstellung
Außen- und Sicherheitspolitik mit außergewöhn- werde ganz überwiegend auch von der politi-
lichen Herausforderungen konfrontiert. schen Elite insgesamt geteilt, so Puhl.

In einem Dekret vom September 1995 hatte der Die Einstellungen der Bevölkerung zu diesem
damalige Präsident Boris Jelzin die nichtrus- Thema sind hingegen widersprüchlich. In einer
sischen Länder der GUS als „nahes Ausland” be- repräsentativen Umfrage der russischen Stiftung
zeichnet und dieses zu einer „Zone vitalen Inter- Öffentliche Meinung unter russischen Bürgern vom
esses” für Russland erklärt. Dieser Anspruch ist Februar 2006 bejahen zwei Drittel der Responden-
überwiegend auf die russische Perzeption eines ten, der Konflikt zwischen Südossetien und Geor-
generellen strategischen Machtverlusts sowie auf gien berühre die Interessen Russlands; 41 Prozent
die wahrgenommene Konkurrenzsituation um die halten Südossetien für einen selbständigen Staat;
Förderung und den Transport von Energieträgern und 54 Prozent plädieren für eine Aufnahme

32 Vgl. Ulrich Schneckener, Warum manche den Frieden nicht wollen. Eine Soziologie der Störenfriede, Diskussionspapier der Stiftung Wissenschaft
und Politik, Berlin Februar 2003.
33 Uwe Halbach, Erdöl und Identität im Kaukasus: Regionalkonflikte zwischen ethnischer Mobilität und ökonomischem Interesse, Friedrich-Ebert-
Stiftung, Bonn 2002.
34 Martin Malek, Russlands „Friedensmissionen“ in der GUS, in: Erich Reiter (Hg), Maßnahmen zur internationalen Friedenssicherung, Graz 1998,
S. 287- 297.

16
DER SÜDKAUKASUS ALS NACHBAR DER ERWEITERTEN EU

Abchasiens in die Russische Föderation, sollte es „kontrollierte Instabilität“ geschaffen bzw. auf-
darum bitten.35 Nach einer Erhebung im Auftrag rechterhalten wird, soll sichergestellt werden, dass
der Friedrich-Ebert-Stiftung kommen nur neun jedwede Lösung der Konflikte nur mit Russland
Prozent der befragten Russen zu der Einschät- und zu seinen Gunsten ausgeht, so Puhl. Dieses
zung, eine Wiedervereinigung der ehemaligen Verhalten treibe Georgien allerdings nur noch
Sowjetrepubliken zu einem einheitlichen politi- stärker und schneller in die Arme von NATO und
schen Gebilde sei wichtig für den Erhalt des rus- USA. Zudem steht es mit seiner eigenen Politik
sischen Großmachtstatus; 40 Prozent sind der An- gegenüber den Sezessionsbewegungen in Tschet-
sicht, die Nachbarstaaten sollten sich selbständig schenien im Widerspruch. Die russische Kontrolle
entwickeln und ihre Unabhängigkeit bewahren.36 der terrestrischen Zugangswege zu Georgien und
Armenien über Abchasien ruft ebenfalls Wider-
Zur Durchsetzung der genannten Interessen be- sprüche hervor und schafft für Tbilisi Anreize,
dient sich die russische Regierung in besonderem nach Alternativrouten über das Schwarze Meer
Maße strategisch wichtiger Güter (Öl, Gas, Pipe- bzw. über die Türkei zu suchen und macht sich
lines), die sie für außenpolitische Zwecke instru- dadurch letztlich weniger erpressbar durch Han-
mentalisiert, so Puhl. Sie versucht, allerdings mit delsboykotte. Das mangelnde Interesse Russlands
geringem Erfolg, einen Re-Integrationsprozess im an jeder Form von regionaler Zusammenarbeit,
Rahmen der GUS in Gang zu setzen (Stichwort etwa im Schwarzen Meer, erschwere oder verhin-
Eurasische Wirtschaftsgemeinschaft mit Russland, dere sogar vertrauensbildende Maßnahmen in der
Weißrussland, Kasachstan, Kirgistan und Tadschi- gesamten Region.
kistan). Das strategische Bündnis mit Armenien
und Russlands militärische Stützpunkte dort ha- Langfristig geht es Moskau aber auch um einen
ben einen fundamentalen Einfluss auf den Kara- dominanten Status in Zentralasien und um Ein-
bach-Konflikt. Eine Internationalisierung oder gar fluss in Iran und Afghanistan, die es mit der im-
nachhaltige Lösung des Disputs versucht Russ- plizit US-kritischen Shanghaier Organisation für
land zu verhindern, da sich in diesem Falle Aser- Zusammenarbeit zu erreichen bzw. abzusichern
baidschan leicht dem Einfluss Moskaus entziehen sucht.37 Angesichts des ambivalenten russischen
könnte, so der Referent. Verhaltens seien jedoch bereits Anzeichen für
Schranken seines Einflusses erkennbar. So lässt
Eine durchschaubare Strategie der Einflussnahme die ungeklärte Lage im Nordkaukasus den Füh-
Moskaus stellt die Einführung einer Visumpflicht rungsanspruch im Süden hohl erscheinen, zudem
für georgische Staatsbürger im Dezember 2000 könnten neue Allianzen Georgiens (etwa mit der
dar. Davon sind die Einwohner Südossetiens so- Ukraine) dessen Position stärken. Auch Jürgen
wie Abchasiens jedoch ausgenommen. Zudem er- Zoll wies in einem Wortbeitrag darauf hin, dass
laubt ein neues russisches Staatsbürgerschaftsge- die russische Politik der kontrollierten Instabilität
setz ehemaligen Bürgern der Sowjetunion den Er- immense Risiken berge: die Gefahr, dass die Insta-
halt eines russischen Passes unter der Bedingung, bilität außer Kontrolle gerät, aber mehr noch das
dass diese ihren Wohnsitz in Russland nehmen. Problem, Feinde überhaupt erst zu „produzieren“.
Für die Einwohner Abchasiens und Südossetiens In Zentralasien, wo keine Territorialkonflikte in
gilt diese Bedingung jedoch nicht. All dies trägt dieser Form bestehen, sei Russland inzwischen
offensichtlich dazu bei, die beiden Landesteile wieder ein Partner, der politisch Einfluss gewin-
noch stärker an die Russische Föderation zu bin- nen kann, während dies im Kaukasus nicht der
den, als sie es ohnehin schon sind. Indem eine Fall sei.

35 Umfragen der „Stiftung Öffentliche Meinung“ (FOM) vom 18.–19.2. 2006, zit. aus: Russland-Analysen Nr. 112, 6.10.2006, Forschungsstelle Osteuropa,
Universität Bremen, S.9-13.
36 „Ansichten der Russen zu ihren postsowjetischen Nachbarn.“ Eine Umfrage im Auftrag der Friedrich-Ebert-Stiftung. Kommentierte Auswahl eini-
ger Ergebnisse. Autoren der russischen Langfassung der Studie: D. I. Petrosjan und I. W. Swintsow, Mittelrussisches Beratungszentrum, Wladimir
2006, Bearbeitung: Matthes Buhbe und Catherine Zanev, zit. aus: Elke Fein, Postimperialistischer Phantomschmerz oder gute Nachbarschaft? Eine
Umfrage zu den außenpolitischen Vorstellungen der Russen, in: Russland-Analysen Nr. 124, 2.2.2007, Forschungsstelle Osteuropa, Universität Bre-
men, S. 3-4.
37 Die Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit ist eine sicherheitspolitische Internationale Organisation mit Sitz in Peking. Ihr gehören die
Volksrepublik China, Russland, Usbekistan, Kasachstan, Kirgistan und Tadschikistan an. Sie hat sich unter anderem vertrauensbildende Maßnah-
men in Grenzregionen des Vertragsgebietes zum Ziel gesetzt.

17
FRIEDRICH-EBERT-STIFTUNG

Bezeichnend für das Verhalten der russischen autistisch und zielt zwar nicht ausschließlich, aber
Regierung gegenüber dem Südkaukasus ist, dass doch in weiten Teilen darauf, Macht um ihrer
bislang kein kohärentes Konzept existiert, das die selbst willen zu erlangen oder auszubauen. Dage-
Interessen Russlands gegenüber der Region dar- gen wird Macht selten als Mittel verstanden, mit
stellt. „Wir wissen immer noch nicht genau, was dem es zuvor klar definierte Ziele zu erreichen
Russland von uns will. Wir sehen nur fortdau- gilt. Insofern ist ein Großteil der außen- und sicher-
ernden Druck auf uns während der letzten zehn heitspolitischen Entscheidungsträger noch über-
Jahre“, so Alexander Rondeli, Direktor der Georgi- kommenen machtpolitisch-realistischen Katego-
an Foundation for Strategic and International Studies rien verhaftet, während „soft power“ – die Fähig-
in Tbilisi.38 Abgesehen von der ehemals formulier- keit, Andere durch Überzeugungs- und Anzie-
ten Absicht, russische Truppen auf georgischem hungskraft für sich einzunehmen, statt Zwangs-
Territorium (außerhalb der Sezessionsgebiete) zu maßnahmen anzuwenden – ein kaum mehr bekann-
belassen, wird etwa nicht deutlich, welchen kon- tes Medium ist.
kreten strategischen Interessen ein langfristiger
Verbleib hätte dienen sollen. USA und NATO im südlichen Kaukasus

Die diffuse russische „Südkaukasuspolitik“ ist we- Anfang der 1990er Jahre zielten die USA – wie
sentlich auf verschiedene politische Akteure zu- auch die übrigen westlichen Industriestaaten – auf
rückzuführen, die zum Teil gegensätzliche Interes- eine Verhinderung politisch-ökonomischer Zusam-
sen verfolgen. Darunter sind der Präsidialapparat, menbrüche im GUS-Territorium, insbesondere
das Außen- und Verteidigungsministerium, die aber auf eine Einhegung der vier Stationierungs-
Staatsduma oder Vertreter der Energielobby.39 Die staaten für Nuklearwaffen Russland, Kasachstan,
teils scharfen Gegensätze sind wesentlich durch Belarus und die Ukraine ab. Dagegen wurden die
das Fehlen einer kohärenten und weithin akzep- kaukasischen Republiken als eigenständige Einhei-
tierten nationalen russischen Identität bedingt.40 ten kaum wahrgenommen. Dies änderte sich mit
So genannte „russische Interessen“ werden von si- der Konkretisierung der Förderung größerer Men-
cherheitspolitischen Entscheidungsträgern jedoch gen von Hydrokarbonreserven im Kaspischen Be-
überwiegend in machtpolitisch-realistischen Kate- cken und mit dem Abschluss von Förderverträgen
gorien, einem Nullsummendenken verhaftet, defi- amerikanischer Firmen in der Region ab 1994, die
niert.41 Die Anfang 2000 in Kraft gesetzte russische das Interesse der US-Außenpolitik auf die Region
Konzeption für Nationale Sicherheit sowie die Mili- lenkten. Die Clinton-Regierung etablierte 1994
tärdoktrin zeichnen tendenziell das Bild einer ver- eine Arbeitsgruppe zum Kaspischen Raum, 1998
schärften Bedrohungslage für das Land; bereits wurde ein Sondergesandter für die Region er-
Militärbasen oder -kontingente anderer Staaten nannt.
nahe der Grenzen Russlands oder seiner Verbün-
deten (z. B. in Usbekistan) werden offen als Bedro- Zum Transport des großvolumigen „späten Öls“
hung eingestuft.42 Vor diesem Hintergrund wird aus dem Offshore-Bereich Aserbaidschans sprach
die amerikanische Absicht, auch im Kaukasus sich die US-Regierung schon Anfang 1995 für die
eine Radaranlage für das geplante Raketenab- von der türkischen Regierung bevorzugte Haupt-
wehrsystem zu installieren,43 sicherlich zu hefti- rohrleitung vom Kaspischen Meer zum südostana-
gen russischen Reaktionen führen. tolischen Mittelmeerhafen Ceyhan bei Adana aus.
Dadurch können im Sinne einer Diversifizierung
Letztlich ist die „Neo-containment-Politik“44 Rus- Energieträger im östlichen Mittelmeer zur Verfü-
slands an seiner südlichen Peripherie hochgradig gung gestellt werden, eine Konzentration am Per-

38 Alexander Rondeli, „Russia Should Try to Generate Some Trust“, Civil Georgia, 3.9.2002.
39 Uwe Halbach, Moskaus Südpolitik und der Westen im Kaspischen Raum, Bundesinstitut für ostwissenschaftliche und internationale Studien, Köln
1999, S. 4.
40 Ronald Grigor Suny, Provisional Stabilities, in: International Security 24/3, S. 149.
41 Assen Ignatow, Politische Theorien in Russland heute, Bundesinstitut für ostwissenschaftliche und internationale Studien, Köln 1998.
42 Martin Malek, Geopolitische Veränderungen auf dem „eurasischen Schachbrett“: Russland, Zentralasien und die USA nach dem 11. September 2001,
in: Aus Politik und Zeitgeschichte 8/2002.
43 „Raketenabwehr auch im Kaukasus geplant“, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 3.3.2007, S. 1.
44 Janusz Bugajski, Cold Peace: Russia’s New Imperialism, Westport 2004.

18
DER SÜDKAUKASUS ALS NACHBAR DER ERWEITERTEN EU

sischen Golf wird verhindert und zugleich die gisch wie auch wirtschaftlich nicht selbst in der
Türkei als strategischer Partner aufgewertet.45 Lage sind, ihre Reserven zu erschließen.50 Insofern
Eine Route über den Iran wurde von der Clinton- ergibt sich hier ein weit größeres Investitions- und
Regierung dagegen – auch aus politischen Grün- Gewinnpotential als etwa in Saudi Arabien. Außer-
den – kategorisch abgelehnt, obwohl sie bei vielen dem wird in Aserbaidschan nur ein geringer Teil
Wirtschaftsakteuren als ökonomisch sinnvoll und des Öls für das Land selbst benötigt. Die Kohlen-
wesentlich günstiger galt. Die Streckenführung an wasserstoffe aus dem Persischen Golf werden hin-
das Mittelmeer impliziert auch eine Umgehung gegen zu einem größeren Teil in der Region selbst
der Russischen Föderation, über die bis April 1999 verbraucht und auch zunehmend nach Asien
alle Ölvorkommen aus dem Kaspischen Meer be- transportiert, wo ein steigender Bedarf an Energie
fördert wurden.46 zu verzeichnen ist.51 Vor dem Hintergrund dieser
ökonomischen und geopolitischen Bedeutung er-
Mitte 1998 entschied sich die aserbaidschanische klärte US-Außenministerin Madeleine Albright im
Regierung gegen russischen Druck dafür, die von Frühjahr 1997 in einer Rede vor dem Senat: „As-
der amerikanischen Regierung politisch protegier- sistance to the strategically-located and energy-
te Baku-Tbilisi-Ceyhan-Leitung (BTC) als Haupt- rich democracies of Central Asia and the Cauca-
exportpipeline zu favorisieren. Auf Druck der sus is strongly in our national interest.”52
amerikanischen Regierung hin hat die staatliche
aserbaidschanische Ölgesellschaft SOCAR ferner Schon im Jahr 1998 lag die Finanzhilfe der USA
die zunächst geplante Beteiligung Irans an dem für Georgien bei etwa 90 Mio. US-Dollar. Georgien
Pipeline-Konsortium verhindert.47 Mit dem Bau hatte vom US-Kongress Finanzhilfen für die Lö-
der BTC-Rohrleitung wurde im Januar 2003 be- sung des Konfliktes in Abchasien erhalten, weitere
gonnen, im Mai 2005 wurde sie fertig gestellt. Im Zusagen wurden von Fortschritten in diesem Kon-
Vollbetrieb transportiert sie täglich mehr als eine flikt abhängig gemacht. Das Pentagon hat sich
Mio. Barrel aus der Tiefseeförderung vom Kaspi- auch umfassend mit der Frage der Pipelinesicher-
schen Meer, von denen ein Großteil für den euro- heit auseinandergesetzt.53 1999 wurde zwischen
päischen Markt bestimmt ist.48 Entlang derselben den USA und Georgien ein Vertrag über die Zu-
Trasse entstand eine weitere Pipeline, die Erdgas sammenarbeit beider Militärbehörden geschlos-
vom aserbaidschanischen Scha Deniz vor Baku sen, der Hilfe im Bereich der militärischen Sicher-
über Tbilisi bis ins türkische Erzurum transpor- heit vorsieht. Diese wurde insbesondere vor dem
tiert. Hintergrund der im April 1999 eröffneten Baku-
Supsa-Ölpipeline und des TRACECA-Transport-
Die Zahl der internationalen Förderkonsortien korridors gesehen.54 Der Vertrag beinhaltet gegen-
war bis Ende 1997 auf neun gestiegen, das Investi- seitige Besuche von Militärs, das Studium geor-
tionsvolumen betrug etwa 30 Mrd. US-Dollar.49 gischer Soldaten an amerikanischen Militärakade-
Die Bedeutung der Region als Investitionsraum mien und vor allem eine Zusammenarbeit der
resultiert großteils daraus, dass – etwa im Gegen- Flottenverbände. Nach dem 11. September 2001
satz zum Persischen Golf – die kaukasischen und wurden einige Aspekte des Programms modifi-
zentralasiatischen Förderstaaten sowohl technolo- ziert und ein größerer Stellenwert auf die Terror-

45 „Rohstoffe wecken das Interesse der Vereinigten Staaten. Die Transporttrasse für kaukasisches und zentralasiatisches Öl“, Frankfurter Allgemeine
Zeitung, 9.2.1995, S. 6.
46 Im April 1998 wurde die Baku-Supsa-Pipeline eröffnet, die erstmals den Export größerer Mengen kaspischen Öls über nichtrussisches Territorium
ermöglicht.
47 Nadine Haase, Globale Akteure in der Kaspischen Region: Staaten, Ölfirmen und Exportwege, Freie Universität Berlin 2003, S. 64.
48 BP startet Bau der Baku-Ceyhan-Pipeline“, Financial Times Deutschland, 4.7.2003.
49 „Erste internationale Ölförderung in Baku“, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 10.11.1997, S. 2.
50 Thomas Wälde, Foreign Oil / Gas Investment in the C.I.S.: Implications for Foreign Investors, in: Internet Journal of the Centre for Energy, Petroleum
and Mineral Law and Policy 1/1996.
51 Frank Umbach, Internationale Energiesicherheit zu Beginn des 21. Jahrhunderts, in: Bundesakademie für Sicherheitspolitik (Hg), Sicherheitspolitik
in neuen Dimensionen, Ergänzungsband I, Hamburg et al. 2004, S. 345-370.
52 US Federal News Service, 22.5.1997.
53 „Pentagon studiert Sicherheit der Pipelines“, Georgien News, 12.10.2002, http://www.erkanet.de/georgien-news/... (download 3.5.2007).
54 Sebastian Mayer, NATO und USA im Südkaukasus. Sicherheitspolitische Aspekte der Pipelineführung, in: Sebastian Mayer/Heiko Pleines (Hg),
Wirtschaftstransformation in Osteuropa. Globalisierungstendenzen und Sonderwege, Köln 1999, S. 47-52.

19
FRIEDRICH-EBERT-STIFTUNG

bekämpfung gelegt.55 Diese Thematik kam ledig- verringern“ und die PfP-Teilnehmer letztlich in
lich als eine zusätzliche Facette zu bereits beste- die Lage versetzen, „mit NATO-Streitkräften zu-
henden Programmen hinzu und wurde als über- sammenzuwirken, in Bereichen wie Friedenswah-
zeugendere Legitimationsgrundlage für die Prä- rung, Such- und Rettungsdienst sowie humani-
senz in dem Land und für eine Vertiefung der tären und anderen eventuell zu vereinbarenden
Verteidigungskooperation genutzt. In erster Linie Operationen.“60 Der damalige NATO-Generalse-
wollen die USA durch den Aufbau einer effek- kretär Javier Solana äußerte sich im Oktober 1997:
tiven georgischen Streitmacht ein sicheres Umfeld „The potential of the vast area that stretches from
für den Export und den Transport von Energieträ- Central and Eastern Europe to the Caucasus and
gern schaffen.56 Den größten Bedeutungsgewinn to Central Asia is enormous – offering new mar-
erhielt die bilaterale Sicherheitskooperation durch kets and investments, as well as considerable hu-
die BTC-Pipeline. In einer Ausschusssitzung des man and natural resources.“61 Georgien und Aser-
amerikanischen Repräsentantenhauses im Sep- baidschan hatten bereits Anfang 1999, zum Miss-
tember 2002 sagte die stellvertretende Außenmi- fallen Moskaus, westlichen Beistand in Fragen der
nisterin Lynn Pasco, die Bedeutung Georgiens für Pipelinesicherheit vorgeschlagen, insbesondere
den Westen könne nicht überbewertet werden, da durch eine Unterstützung durch die USA oder die
das Land ein Drehkreuz für Ost-West-Pipelines sei NATO.62 Herr Schmalfeld wies in seinem Referat
und am historischen Scheideweg zwischen ver- darauf hin, dass die als Folge der Anschläge vom
schiedenen Regionalmächten stehe.57 Wie schon September 2001 im Kampf gegen den Terror ge-
erwähnt konnte die US-Regierung bis 2002 Aser- führten militärischen Aktionen der NATO und an-
baidschan allerdings keine direkte Hilfe zukom- derer Koalitionen dem Südkaukasus, hier insbe-
men lassen und daher auch keine intensive militä- sondere Georgien und Aserbaidschan, als Verbin-
rische Kooperation betreiben; zudem war die US- dungsregion zu den Kriegsgebieten, aber auch als
Regierung in Bezug auf die Konfliktlösung in Ka- Truppensteller für die Operationen, ein besonde-
rabach tendenziell zugunsten Armeniens vorein- res Gewicht gaben. Um diese Rolle auszufüllen
genommen.58 Insofern war die Politik der Clinton- galt es, die Region für diese Teilhabe am Kampf
Regierung gegenüber der Region partiell inkon- gegen den Terror zu stabilisieren, wobei jedoch
sistent.59 Seitdem Präsident Bush alljährlich die kein direkter Einfluss auf die Konfliktlösungen
Anwendung des Absatzes aussetzt, ist die bilate- ausgeübt wurde. Die Vertiefung der Verteidi-
rale Zusammenarbeit aber deutlich intensiver ge- gungs- und Sicherheitssektorreformen im Kontext
worden. der Terrorbekämpfung, insbesondere durch den
Gipfel von Istanbul 2004, hat zu einer Neuausrich-
Auch die Kooperation zwischen Georgien sowie tung der PfP-Aktivitäten und zu der Ernennung
Aserbaidschan mit der NATO muss im Kontext eines Sonderbeauftragten des Generalsekretärs
der Pipelinesicherheit gesehen werden. Die NATO- der NATO für den Südkaukasus und Zentralasien
Annäherung der beiden SK-Länder wird von den geführt. Der Referent machte auch darauf auf-
USA energisch unterstützt. Seit 1995 sind beide merksam, dass sich die NATO zunehmend be-
Länder in der Partnerschaft für den Frieden (PfP) müht, ihr Handlungsspektrum um zivile Elemen-
und haben enge Kontakte mit dem Nordatlantik- te zu ergänzen. Verdeutlicht wird dies durch Pro-
pakt gesucht. Die PfP soll „die politische und mili- jekte in Bereichen wie Gewaltentrennung, demo-
tärische Zusammenarbeit in ganz Europa erwei- kratische Kontrolle von Streitkräften oder Refor-
tern, Stabilität festigen, Bedrohungen des Friedens men des Sicherheitssektors. Individuell zugeschnit-

55 „Security Cooperation Revisited - The Format of the U.S. Military Assistance to Georgia Changed“, Civil Georgia, 14.3.2002.
56 Sebastian Mayer, Tbilisi, Washington und die NATO nach dem 11. September. Perspektiven der georgischen Außen- und Sicherheitspolitik, in:
Blätter für deutsche und internationale Politik 6/2003, S. 706-713.
57 Revaz Bakhtadze, „Difficult Path of the Georgian Democracy“, Civil Georgia, 30.9.2002.
58 Cory Welt, Azerbaijan and U.S. Foreign Policy, CSIS Commentary, Center for Strategic and International Studies, Washington 2006.
59 Vgl. dazu etwa die Kritik von Brenda Shaffer, U.S. Policy toward the Caspian Region: Recommendations for the Bush Administration, Caspian
Studies Program, Cambridge 2001.
60 Bulletin, Presse- und Informationsamt der Bundesregierung, 17.1.1994, S. 21.
61 Ansprache vor der amerikanischen Handelskammer in Brüssel am 21.10.1997, http://www.nato.int/docu/speech/1997/s971021a.htm (download
5.3.2007).

20
DER SÜDKAUKASUS ALS NACHBAR DER ERWEITERTEN EU

tene Aktionspläne werden von den Zielnationen nissen in der Ukraine und in Kirgisien – auf nach-
individuell entwickelt und von der NATO oder haltige Veränderungen in den genannten Ländern
bilateral von ihren Mitgliedsländern unterstützt, hoffen lassen. Georgien und Armenien – nicht hin-
so Schmalfeld. gegen Aserbaidschan – profitieren von dem gut
ausgestatteten Millennium Challenge Account des
Allerdings dürfen die Aktivitäten der USA im SK amerikanischen Außenministeriums. In Zentrala-
und in Zentralasien nicht auf ökonomische, sicher- sien soll Kasachstan zu einem Brückenkopf einer
heitspolitische und geostrategische Interessen re- neuen Politik werden, welche die Region in einen
duziert werden. Die erfolgreiche Einforderung de- „Reformkorridor“ verwandelt, der sich letztlich
mokratischer Wahlen, der friedliche Regierungs- über Afghanistan, Pakistan und Indien erstreckt.63
wechsel und die Liberalisierungstendenzen in Ge- In diesen Gesamtzusammenhang sind auch die
orgien sind aus der Perspektive der USA wichtige Demokratisierungsbestrebungen im SK einzuord-
Fortschritte, die – zusammen mit ähnlichen Ereig- nen.

62 „Shevardnadze Orders Security Council to Ensure Safety of Baku-Supsa Pipeline“, FSU Oil & Gas Monitor (NewsBase), 30.3.1999.
63 Cory Welt, Hoping on Kazakhstan: U.S. Engagement in Central Asia, CSIS Commentary, Center for Strategic and International Studies, Washing-
ton 2006; „Rice Urges Kazakhstan To Lead Central Asia on Democratization. Secretary of State speaks at Eurasian National University in Astana“,
Homepage des US State Department, http://usinfo.state.gov/eur/Archive/2005/Oct/13-214264.html (download 5.3.2007).

21
FRIEDRICH-EBERT-STIFTUNG

Ausgewählte Themenfelder und Handlungsstrategien

Demokratieförderung und Hilfsprogramme rung von Demokratie und Menschenrechten be-


der EU im Südkaukasus reit steht, welches einen besonderen Schwerpunkt
auf die Zivilgesellschaft legt. Als finanzieller Be-
zugsrahmen für dieses weltweit angelegte Instru-
Seit 1993 hatte die EU-Kommission in der GUS
ment, in dem jährlich geografische Prioritäten je
einen stärkeren Akzent auf die Durchsetzung de-
nach Dringlichkeit vorgegeben werden sollen,
mokratischer Prinzipien gelegt und ein Demokra-
tieprogramm neu eingeführt, das auf eine Initiati- sind 1,1 Mrd. Euro im künftigen Finanzrahmen
ve des Europäischen Parlaments zurückgeht. Im bis 2013 vorgesehen.
Rahmen von PHARE64 existierte ein solches be-
reits 1992, ein Jahr später wurde es auf die Tacis- Die konkreten Hilfsprogramme der EU im SK wa-
Partnerländer ausgeweitet. Im Rahmen des Tacis- ren anfangs vor allem darauf ausgelegt, den sich
Projektjahres 1994 wurden nun erstmals Demokra- vollziehenden Transformationsprozess der Ziel-
tieprogramme implementiert, deren Fokus aber, länder zu unterstützen, der durch die sich aus der
vor allem in den Anfangsjahren, auf den größeren Unabhängigkeit ergebenden zusätzlichen Proble-
Ländern lag, insbesondere Russland und der Uk- me noch an Brisanz gewann. Dementsprechend
raine.65 Im SK stand zu Beginn noch eine Stärkung wurde Tacis auch zunächst als Instrument zur Hil-
parlamentarischer Prozesse im Vordergrund der festellung bei Problemen eingesetzt, die unmittel-
EU-Demokratie-Projekte, die als ein wichtiges Kor- bar nach der Erlangung der Unabhängigkeit auf-
rektiv gegenüber der Exekutive galten. Später hat traten. Angesichts der schweren Kriegsfolgen in
sich aber die Erkenntnis durchgesetzt, dass die er- Armenien und Aserbaidschan und in Anbetracht
folgreiche und lückenlose Anwendung von Geset- der chaotischen wirtschaftlichen wie politischen
zen ein unabhängiges und effektives Justizwesen Verhältnisse in Georgien hatten aus Sicht der EU
erfordert. Folglich erhielt dessen Reform in den humanitäre Hilfsmaßnahmen in dieser Region
EU-Programmen für die SK-Länder Ende der oberste Priorität. Dies ging jedoch auf Kosten der
1990er Jahre einen zentralen Stellenwert.66 Ernst technischen Hilfe, deren Volumen im Jahr 1994
Piehl wies in seinem Vortrag darauf hin, dass die nur knapp die Hälfte des Volumens für die huma-
Demokratieförderung der EU im SK sowohl den nitäre Hilfe erreicht. 1995 erreichte das Volumen
Auf- und Ausbau zivilgesellschaftlicher Organi- der humanitären Hilfe mit mehr als 80 Mio. ECU
sationen im lokalen Kontext umfasse, wie auch den absoluten Höchstwert.67 Ziel der Union war
die Unterstützung zur Befähigung für „good go- es, solche Hilfsmaßnahmen auf ein Minimum und
vernance“ zentralstaatlicher Institutionen beispiels- auf einen kurzen Zeitraum zu begrenzen, um
weise der nationalen Parlamente und des Justizap- mehr Entwicklungsmaßnahmen finanzieren zu
parates. Dabei wurden zahlreiche Mikro-Projekte können. So verfolgte das Amt für Humanitäre
lokaler Organisationen finanziert, aber auch eini- Hilfe (ECHO) für die drei SK-Länder fortan eine
ge Großprojekte von öffentlichen oder privaten Strategie von Unterstützungshilfe hin zu Entwick-
Gebern auf nationaler Ebene, die als „Top-down- lungshilfe und Wiederaufbau. Folglich nahm der
Demokratisierung“ klassifiziert werden kann. Herr Posten der humanitären Hilfe im Rahmen von
Piehl berichtete auch, dass ergänzend zu den geo- ECHO für den SK im Jahr 1996 drastisch ab, 1997
grafischen Finanzinstrumenten im Zeitraum 2007- wurde das Volumen gegenüber dem Vorjahr noch-
2013 ein spezifisches Instrument für die Förde- mals gekürzt.68

64 Poland-Hungary: Aid for Reconstruction of the Economy.


65 Yvette Gerner, Die Europäische Union und Russland: Unterstützung der EU für die Transformationsprozesse in Russland am Beispiel des tech-
nischen Hilfsprogramms Tacis, Frankfurt am Main 1998, S. 145-168.
66 Tacis-Jahresbericht 1999, S. 20.
67 Haushaltsausschuss, Europäisches Parlament, Bericht über den Vorschlag für einen Beschluss des Rates über eine Sonderfinanzhilfe für Aserbaid-
schan, Berichterstatter: Carlos Pimenta, 30.9.1998, S. 11.

22
DER SÜDKAUKASUS ALS NACHBAR DER ERWEITERTEN EU

Mit der Konkretisierung der eigenen Präferenzen, ten Energiechartavertrages.69 Dieser verfolgt das
mit der Formalisierung der Beziehungen durch Ziel, die Umweltverschmutzungen in Osteuropa
die 1999 in Kraft getretenen Partnerschafts- und zu verringern, Energieinfrastruktur und ökono-
Kooperationsabkommen (PKA) sowie angesichts mische Effizienz zu verbessern und zugleich west-
einer größeren Aufmerksamkeit der Mitgliedstaa- liche Investitionen zu fördern und abzusichern.70
ten hat die Politik der EU gegenüber dem SK seit
Ende der 1990er Jahre an Kohärenz und Zielge- Auf der Ratstagung von Thessaloniki im Juni 2003
richtetheit gewonnen. Allgemeine Ziele der PKA wurde die erste EU-Sicherheitsstrategie auf den
sind die Unterstützung der Unabhängigkeit, der Weg gebracht, die umfassende Antworten auf die
Souveränität und der territorialen Integrität der aus der Erweiterung resultierenden Herausforde-
Partnerländer sowie die Zusammenarbeit sowohl rungen geben soll und im Dezember 2003 von den
untereinander und mit den Nachbarländern als Staats- und Regierungschefs angenommen wur-
auch mit der EU selbst. Als normativer Bezugs- de.71 Solana bezeichnete es als vorrangige Aufgabe
punkt dient den Abkommen ein Bekenntnis zu der Union, einen „ring of well governed countries
Menschenrechten und Demokratie, von denen to the East of the European Union (from the Bal-
gleichzeitig positive Auswirkungen auf die politi- kans to the Caucasus) and on the borders of the
sche und regionale Stabilität erhofft werden. Mediterranean“ zu schaffen.72 Als Ziele werden
die Abwehr von Bedrohungen, eine Weltordnung
Überdies hat die EU-Kommission die technische auf der Grundlage eines wirksamen Multilatera-
Hilfe bei der Entwicklung der Infrastruktur auch lismus sowie die Stärkung der Sicherheit in der
in einen Zusammenhang mit der Diversifizierung Nachbarschaft der EU genannt. „Wir müssen nun
der Energietransportwege für die EG-Mitglieds- ein stärkeres und aktiveres Interesse für die Pro-
staaten gestellt. In diesem Zusammenhang ist vor bleme im Südkaukasus aufbringen, der einmal
allem das schon erwähnte Tacis-Mehrländerpro- (…) eine Nachbarregion sein wird.“73 Insofern
gramm INOGATE zu nennen, das seit 1995 offi- dient das Dokument auch als strategischer Bezugs-
ziell existiert, seinen Ursprung aber bereits in rahmen für den SK.
einem 1992 bis 1993 programmierten Mehrländer-
projekt hat. INOGATE verfolgt das Ziel, Lücken Mit der Ernennung eines EU-Sonderbeauftragten
in der Öl- und Gastransportinfrastruktur Rich- für den SK im Juli 2003 schärft die EU ihr Profil
tung Europäische Union zu schließen, existieren- im SK. Die Berufung war allerdings das Ergebnis
de Transportwege zu verbessern sowie Einschät- einer kontroversen Debatte innerhalb des EU-Mi-
zungen möglicher zusätzlicher Optionen für den nisterrates. Eine Reihe von Mitgliedsstaaten war
Transport von Kohlenwasserstoffen aus der Kas- nicht davon überzeugt, dass die EU eine verstärk-
pischen Region auf europäische und allgemein te Rolle in der Region spielen sollte, da sie Gegen-
westliche Märkte vorzunehmen. Im Vergleich zu stand zahlreicher externer Akteure sei, die Kon-
den Anfangsjahren von Tacis räumt die EU seit fliktlösung keine Fortschritte mache und die Situa-
Mitte der 1990er Jahre dem Transport von Ener- tion vor Ort gefährlich für das EU-Personal sei.
gieträgern einen bedeutenden Stellenwert ein und Andere Staaten argumentierten indessen, dass ge-
verfolgt damit das Ziel, die Energieversorgungssi- rade eine kohärentere Strategie nötig sei, um die
cherheit der EU-Mitgliedsstaaten zu erhöhen. Die bestehenden Probleme zu lösen. Letztlich ist die
Grundsätze von INOGATE sind in weiten Teilen Schaffung des Amtes vor dem Hintergrund der
deckungsgleich mit denen des 1994 unterzeichne- EU-Sicherheitsstrategie und angesichts einer Schär-

68 Annual Report on Humanitarian Aid 1997, European Commission, Brussels 15.7.1998, COM (1998), 448 final, S. 8.
69 Der Energiechartavertrag wurde von 51 Staaten gezeichnet, darunter alle EU- und GUS-Staaten, von denen jedoch Russland und Belarus den Ratifi-
zierungsprozess nicht abgeschlossen haben.
70 Vgl. Sebastian Mayer, TACIS and EU’s Security of Energy Supply: The Commission as a Strategic Actor in External Relations, TranState Working
Papers 46, Sonderforschungsbereich 597 „Staatlichkeit im Wandel“, Bremen 2006.
71 Rat der Europäischen Union, Europäischer Rat (Thessaloniki), Tagung vom 19. und 20. Juni 2003 Schlussfolgerungen des Vorsitzes, Brüssel, 1.10.2003,
S. 17.
72 Speech by EU High Representative Javier Solana on the Occasion of the Award of the „Honoris Causa“ Doctorate in Social Science of the University
of Wroclaw (Poland), Press Release: Wroclaw, 2.10. 2003, Nr. S0191/03, S. 4.
73 Ein sicheres Europa in einer besseren Welt, Europäische Sicherheitsstrategie, S. 8.

23
FRIEDRICH-EBERT-STIFTUNG

fung des eigenen Profils sowie des zunehmenden stimmungen im Kontext der Aktionspläne ab: „Je
Engagements im Bereich der Konfliktprävention mehr die Länder mitziehen, desto mehr bekom-
zu sehen. Der Hohe Repräsentant für die Gemein- men sie.“76
same Außen- und Sicherheitspolitik (GASP), Ja-
vier Solana, begründete das größere Interesse der Zwischen 1991 und 2006 belief sich die Gesamt-
EU am SK mit dem Wunsch nach einer effekti- summe der EU-Fördermittel für den SK auf insge-
veren und konsistenteren EU-Außenpolitik und samt rund 1,6 Mrd. Euro, wie Herr Piehl berichte-
mit einer Desillusionierung seitens der EU über te. Aus der vergleichsweise schmalen Fördersum-
die „frozen conflicts“, die die Entwicklung der ge- me könnte man schlussfolgern, dass die SK-Län-
samten Region behindern.74 Die Ratsmitglieder der noch keine effektiven Unterstützer in Minis-
waren überdies davon überzeugt, dass die 2003 in terrat und EU-Parlament haben. Mitte 1999 hatten
allen drei SK-Staaten stattfindenden Wahlen ein einige EU-Mitglieder sogar angeregt, das Tacis-
Gelegenheitsfenster eröffnen würden, um den Budget – auf Kosten der Kaukasushilfe – um 100
Transformationsprozess voranzutreiben. Das Man- Mio. Euro zu kürzen, um damit die Wiederauf-
dat des ersten SK-Sonderbeauftragten, Heikki Tal- baumaßnahmen im Kosovo zu bezahlen.77 Inner-
vitie, verfügte im Gegensatz zu den anderen Son- halb der GUS ist die Pro-Kopf-Hilfe der Union für
derbeauftragten allerdings über keine klar formu- den SK allerdings eine der höchsten.
lierte Strategie gegenüber der Region. Sein Auf-
trag war es, mit den Entscheidungsträgern der Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die EU-
SK-Staaten und externen Akteuren die Probleme Beziehungen zum SK in den letzten Jahren nicht
der Region zu diskutieren und darauf aufbauend nur in ihrem Umfang zugenommen, sondern auch
einen Bericht vorzulegen. Insofern kann von einem an Profil und Zielgerichtetheit gewonnen haben.
„idea-generating mandate“ gesprochen werden.75 Insofern lässt sich mit Recht von einer Südkauka-
Herr Piehl wies darauf hin, dass das Mandat des sus-Politik der EU sprechen. Diese ist durch fol-
SK-Sonderbeauftragten jedoch im Kontext der gende Ziele gekennzeichnet, die eng miteinander
neuen ENP durch eine Änderung Anfang 2006 verknüpft sind: Unterstützung der Staatenbildungs-
politisch profiliert wurde, indem er ausdrücklich sowie Transformationsprozesse; damit direkt zu-
zu einer „aktiven Mitwirkung“ bei den künftigen sammenhängend die politische und wirtschaft-
Lösungsversuchen der drei Hauptkonflikte auf- liche Stabilisierung des Südkaukasus als EU-Peri-
gefordert wird. pherie; die Wahrnehmung der SK-Staaten als Mit-
glieder einer den Werten von OSZE und Europa-
Die Aufnahme der SK-Länder in die ENP im Juni rat verpflichteten Gemeinschaft; konkrete materi-
2004 intensiviert die Beziehungen der EU mit der elle Interessen, die aus Markterschließung und
Region noch zusätzlich. Die ENP stellt ein effek- der Sicherung der Energieversorgung der Union
tives Instrument dar, das den SK-Ländern zwar resultieren.78
keine Mitgliedschaft, aber doch eine enge Annä-
herung an die EU in Aussicht stellt. Ähnlich dem In seinem Vortrag verwies Ernst Piehl abschlie-
Erweiterungsprozess handelt es sich bei der ENP ßend darauf, dass für die theoretische Langfrist-
um ein mit hohen Maßstäben ausgestattetes Kon- perspektive einer Annahme von EU-Beitrittsanträ-
zept, das politische und wirtschaftliche Fort- gen der SK-Länder nicht nur die zahlreichen Ko-
schritte deutlicher als zuvor zur Vorbedingung penhagener Kriterien, sondern auch ein dauer-
von Integrationsschritten macht, welche bis zu ei- hafter Frieden und eine vertrauensvolle Zusam-
ner Teilnahme am Binnenmarkt der EU reichen menarbeit in der Region unabdingbar seien. In
können. Wie viel Geld die ENP-Länder im Einzel- einem pessimistischen Ausblick prognostizierte er
nen erhalten, hängt von der Erfüllung der Zielbe- gleichwohl, dass die gegenwärtigen Eliten in allen

74 Javier Solana, „The Temptation to Give up on Dialogue Must be Avoided“, Mediamax Agency, November 2001.
75 Dov Lynch (Hg), The South Caucasus: A Challenge for the EU, in: Chaillot Papers 65/2003 Paris, S. 184-186.
76 78 So EU-Außenkommissarin Benita Ferrero-Waldner, in: „EU winkt Ukraine nach Wahlen mit Aktionsplan“, Der Standard, 10.12.2004.
77 „Aid Cuts Threaten Caucasus Strategy“, European Voice, 5.7.1999.
78 Sebastian Mayer, Die Beziehungen der Europäischen Union zum Südkaukasus: Von pragmatischer zu strategischer Politik?, in: Integration 25/2
2002, S. 133.

24
DER SÜDKAUKASUS ALS NACHBAR DER ERWEITERTEN EU

drei Ländern der regionalen Zusammenarbeit über- lichen Bedingungen des jeweiligen Landes auf
wiegend keine Priorität einräumen, so dass die Vorschlag eines EU-Kommissionsentwurfs gemein-
Überwindung des nationalen Konkurrenzdenkens sam mit dem Partnerland gebilligt werden, beru-
offensichtlich noch lange auf der Tagesordnung hen sie doch auf gemeinsamen Werten der EU mit
bleibe. Kernbereichen für politisches Handeln. Für die
SK-Länder kann der Inhalt der Aktionspläne im
Georgien als Partner der Europäischen wesentlichen in acht Hauptbereiche unterteilt
Nachbarschaftspolitik werden: 1) Stärkung des Rechtsstaats; 2) Stärkung
demokratischer Strukturen; 3) Verbesserung des
Aus der Innenperspektive als Berater der geor- Geschäftsklimas und Modernisierung der Verwal-
gischen Regierung im Auftrag der Friedrich-Ebert- tung; 4) Reform der Steuer- und Zollverwaltung,
Stiftung hat Wolf Preuss in seinem Vortrag über Kampf gegen Korruption; 5) Schaffung von Trans-
Stand und Perspektiven der Europäischen Nach- parenz im Privatisierungsprozess; 6) Fortschritte
barschaftspolitik (ENP) in Georgien referiert. Da- bei der Armutsbekämpfung, nachhaltige Entwick-
bei wies er zunächst auf die generelle Bedeutung lung, Schutz der Umwelt; 7) Fortschritte bei der
der 1999 in Kraft getretenen bilateralen EU-Part- Konfliktbewältigung und verstärkte regionale Zu-
nerschafts- und Kooperationsabkommen (PKA) sammenarbeit; 8) Beibehaltung einer behutsamen
hin, die den Referenzrahmen der ENP im SK und Wirtschaftspolitik zur Unterstützung des Aktions-
die rechtliche Basis der Beziehungen zwischen der plans. Für die Umsetzung dieser Ziele werden
EU und den drei Staaten abgeben. Die PKA zielen drei bis fünf Jahre veranschlagt, ein erster Evaluie-
auf weit reichende Zusammenarbeit in den Berei- rungsbericht soll nach etwa der Hälfte dieses Zeit-
chen politischer Dialog, Handel, Investitionen, ziels vorgelegt werden. Sind die Kriterien eines
wirtschaftliche, rechtliche und kulturelle Koope- Aktionsplanes erfüllt, so wird mittelfristig ein Ab-
ration. In diesem Kontext profitieren die SK-Län- schluss so genannter Europäischer Nachbarschaftsab-
der etwa von der Meistbegünstigungsklausel oder kommen anvisiert. Diese stellen eine noch breitere
dem Allgemeinen Präferenzsystem der EU. Die in rechtliche Grundlage der Beziehungen zur EU dar,
den PKA fixierten gemeinsamen Dialog- und Mo- deren Substanz allerdings noch nicht definiert ist.
nitoring-Foren zwischen der EU und den einzel-
nen Ländern existieren und funktionieren weiter, Wie Herr Preuss erläuterte, ging der Annahme des
auch für die ENP. Zu diesen Foren gehören etwa ENP-Aktionsplans durch das georgische Kabinett
Kooperationsrat und Kooperationsausschuss auf Mitte September 2006 eine heftige Auseinander-
höchster Ebene oder verschiedene Unterausschüs- setzung mit der EU voraus. Insbesondere der Mi-
se für Handelsfragen, wirtschaftliche und damit nister für wirtschaftliche Entwicklung, Kakha Ben-
verbundene juristische Bereiche. dukidze, bis zur entscheidenden Kabinettssitzung
Widerstand gegen die Textfassung geleistet. Im
Anfang 2001 beschloss der EU-Ministerrat, im SK Kern wollte er eine konkretere Formulierung der
eine aktivere Rolle zu spielen; mit der Aufnahme von der EU angebotenen Vorteile, zugleich kriti-
der drei Staaten in die ENP im Juni 2004 hat deren sierte er die von der Union geforderten tief greifen-
Beziehung mit der EU eine substantiell neue Qua- den Anpassungen als zu weitgehend, besonders
lität gewonnen. Die ENP geht in verschiedenen in den Bereichen Wettbewerb und Arbeitsrecht.
Feldern über die bisherige Zusammenarbeit im Hier schwebt ihm offenbar ein extremer Wirtschafts-
PKA-Kontext hinaus, von Kooperation zu mehr liberalismus vor, der dem Arbeitnehmer weniger
Integration. Dazu gehören eine Intensivierung des Rechte einräumt. Nach Experten-Angaben sind
politischen Dialogs, die allmähliche Öffnung be- solche Vorstellungen allerdings weder mit EU-
stimmter Gemeinschaftsprogramme für den Süd- Grundsätzen, noch mit denen der Internationalen
kaukasus, Twinning-Programme, ein neues Finan- Arbeitsorganisation vereinbar. Neben diesen Un-
zierungsinstrument für ENP-Länder ab 2007, vor stimmigkeiten gab es auch Differenzen in Bezug
allem aber die Einführung eines individuell zuge- auf die Laufzeit des Abkommens, Visafragen oder
schnittenen Aktionsplans für jedes Land. die Einbindung Georgiens in die GASP.

Obwohl die ENP-Aktionspläne nach den beson- In Bezug auf die regionale Kooperation beinhalten
deren politischen, geographischen und wirtschaft- der Aktionsplan Georgien und das ENP-Instru-

25
FRIEDRICH-EBERT-STIFTUNG

ment (ENPI) vergleichsweise detaillierte Zielvor- bezogen und zugleich an der GASP beteiligt wer-
stellungen und Vorgaben, die auch mit einer um- den, etwa, indem sie sich gemeinsamen EU-Erklä-
fangreicheren finanziellen Ausstattung einherge- rungen und -Aktionen anschließen. Freilich betont
hen. Zwei Aspekte seien hier für Georgien von be- das Strategiepapier als Voraussetzung für einen
sonderer Bedeutung, so Preuss. Einerseits kann solchen Ansatz auch „das konstruktive Engage-
und sollte das Land eine maßgebliche Rolle bei ment Russlands“.79 Neben der Frage, ob sich über
der Förderung regionaler Mehrländer-Projekte eine „Nachbarschaftspolitik plus“ innerhalb der
spielen und damit zu einer Stabilisierung in den EU überhaupt ein Konsens herstellen lässt, wirft
Beziehungen der drei Länder beitragen. In Berei- diese Einschränkung jedoch die Frage auf, ob eine
chen wie Umweltschutz hat eine solche Zusam- Billigung der russischen Regierung zu erwarten
menarbeit bereits begonnen, in anderen Feldern ist und wie sich die EU verhält, sollte dies nicht
wie Energie und Handel sei dies auch vorstellbar. der Fall sein.
Zum anderen sieht das ENPI eine Unterstützung
und Intensivierung der Zusammenarbeit in der Bildung als Schlüssel für Entwicklung und
Schwarzmeer-Region vor. Hier verweist der Ak- regionale Kooperation?
tionsplan auf von der EU zu finanzierende ge-
meinsame Programme, etwa bei Erziehung und Der georgische Minister für Bildung und Wissen-
Wissenschaft, bei Grenzfragen, oder bei der parla- schaft, Alexander Lomaia, skizzierte als Aus-
mentarischen Zusammenarbeit. Das neue ENPI ab gangspunkt seines Vortrags Merkmale des „geerb-
2007 erlaubt in diesem Kontext gemeinsame grenz- ten“ sowjetischen Bildungssystems in Georgien,
überschreitende Programme von ENP-Partnerlän- das es umfassend zu reformieren gilt. Das alte
dern mit EU-Mitgliedsstaaten und eröffnet somit System war darauf abgestellt, den Zielen eines an-
die Chance, mit den Schwarzmeer-Anrainern Bul- deren Landes zu dienen, das es jetzt nicht mehr
garien und Rumänien zu kooperieren. gibt; die Lehrpläne wandten sich an den Durch-
schnittsschüler und Studenten, den es gar nicht
Die Umsetzung des Aktionsplans durch Georgien gab. Es ging ausschließlich um lehrerorientiertes,
bedarf freilich noch eines „Aktionsplans des Akti- passives Auswendiglernen. Der Studierende hatte
onsplans“, so Preuss. Dieser muss die Pläne noch keine Wahlmöglichkeiten, was den Stundenplan
weiter konkretisieren, Zeitziele benennen und die anbelangt, und alles war zugeschnitten auf die
Kosten beziffern. Zugleich ist ein Monitoring-Sys- Bedürfnisse des Arbeitsmarktes. Insofern musste
tem aufzubauen, das die Einhaltung dieser Vorga- Bildung praktisch neu erfunden werden, denn es
ben überwacht. Die georgische Regierung hat sich ging nicht um die Studierenden als solche. Weder
vorgenommen, beides Anfang 2007 vorzulegen sie noch die Lehrer waren in die Verwaltung der
bzw. bereit zu stellen. Angesichts der starken Dis- Schulen und Universitäten einbezogen, zudem
krepanzen zwischen den Auffassungen der EU war das System hochgradig ineffizient. Das Bil-
und des georgischen Ministers für wirtschaftliche dungsniveau war gering, die Examensstruktur
Entwicklung – dieser hat angekündigt, seinen Wi- korrupt, nur etwa 15–20 Prozent der Studieren-
derstand fortzusetzen – sind jedoch Schwierig- den hatten aufgrund ihrer Leistungen Zugang zu
keiten bei der Implementierung praktisch vorpro- den Universitäten, die übrigen waren durch per-
grammiert. Insofern ist es von besonderer Bedeu- sönliche Beziehungen oder auf anderem Wege an
tung, dass die EU ihr Interesse an einer Heranfüh- die Universitäten gekommen. Untersuchungen
rung der Kaukasus-Region deutlicher macht als zufolge sind jährlich etwa drei Mio. Dollar bezahlt
bisher und zu diesem Zweck überzeugende An- worden, um die Eingangsexamina erfolgreich zu
reize schafft. Eine „Nachbarschaftspolitik plus“, „bestehen“. Es gab ferner eine beträchtliche Lücke
wie sie in einem Planungspapier des Berliner Aus- zwischen Lehre und Forschung, und man wollte
wärtigen Amtes skizziert wird, könnte solche An- hier nicht zuviel intellektuelle Wissensmacht ent-
reize schaffen. Das Papier sieht eine Ausdehnung wickeln. Auch die Zahl der Bildungseinrichtungen
des EU-Rechtsraums vor, dabei sollen die Partner war immens: Ursprünglich existierten 274 Insti-
jedoch gleichzeitig institutionell mit einem Beob- tute höherer Bildung, mittlerweile ist deren Zahl
achterstatus an EU-Entscheidungen beratend ein- schon auf 39 reduziert worden.

79 Vgl. dazu: „Berlin entwickelt neue Nachbarschaftspolitik der EU“, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 2.7.2006.

26
DER SÜDKAUKASUS ALS NACHBAR DER ERWEITERTEN EU

Die genannten Mängel müssen beseitigt werden Lomaia berichtete. Diese Fortschritte wurden be-
(bzw. sind es schon), um allen gleichermaßen Zu- günstigt durch die politische Stabilität und die
gang zur höheren Bildung zu gewähren, um das Entschlossenheit auf hoher politischer Ebene, mit
Lernumfeld an internationale Standards anzupas- diesen Reformen voranzuschreiten.
sen, um Bedingungen für lebenslanges Lernen zu
schaffen, um ein System aufzubauen, das auf In der nachfolgenden, längeren Fragerunde und
Signale des Arbeitsmarktes reagiert und auch um Diskussion wurde die Bedeutung von Bildung als
für ethnische Minoritäten oder für Behinderte ein Medium für Demokratieförderung und auch zur
angemessenes Lernumfeld zu ermöglichen. Zu Beförderung regionaler Kooperation im SK aufge-
diesem Zweck sollen die staatlichen Bildungsaus- worfen und damit das Thema in einen umfas-
gaben bis 2010 auf drei Prozent des Bruttoinlands- senderen Kontext gestellt. Lomaia nannte den
produkts erhöht und damit verdreifacht werden. Lehrplan für Musik als Beispiel für einen Bereich,
Eine Dezentralisierung der Strukturen, eine besse- in dem das Verständnis von Anderen, Toleranz
re Rechnungslegung und eine Selbstverwaltung gegenüber der Sichtweise Anderer oder die Ak-
der Institute sind die Kernbestandteile der ergeb- zeptanz anderer Kunst- und Musikrichtungen als
nisorientierten Reform. Überdies wird ein Mecha- Maßstab gilt. Allerdings sei Geschichte ein sehr
nismus der Qualitätssicherung angestrebt. Die sensibles Fach, in dem es gegensätzliche Stand-
Freiheit der Wahl ist ein grundlegender Bestand- punkte geben kann, die im Unterricht angeführt
teil der Reform. Um den Bedürfnissen der Schüler werden können. Demokratie und Toleranz müss-
und Studierenden besser Rechnung zu tragen, wer- ten aber in den nationalen Lehrplan eingebaut
den die finanziellen Ressourcen auf der Grundlage werden. In Bezug auf die Demokratisierung be-
eines Pro-Kopf-Ansatzes verteilt. Es werden Gut- steht das Problem, dass in nicht-georgisch leh-
scheine ausgegeben, um die die einzelnen Insti- renden Instituten das Sprachproblem existiert. Be-
tute konkurrieren, da sie dafür staatliche Zuwen- züglich der Integration sei dies gerade für die
dungen erhalten. Es ist ein Akkreditierungssystem Minderheiten ein großes Problem. Auf die Frage
entwickelt worden, es gibt mittlerweile ein Prü- nach der Abstimmung der Reformanstrengungen
fungszentrum, das die Bedingungen für die Exa- im Bildungsbereich zwischen den drei SK-Staaten
mina festlegt, die zur Erlangung der Hochschul- entgegnete der Minister, dass zwar Treffen mit
reife notwendig sind, es gibt ein Institut zur Ent- Kollegen aus Aserbaidschan und Armenien statt-
wicklung nationaler Stundenpläne und Lehrplä- fänden, es aber keine synchronisierten Reform-
ne. Im Bereich der höheren Bildung trägt Georgien bemühungen gebe.
den Bologna-Prozess mit; in diesem Kontext soll
auch ein Prozess zur Lehrerprüfung etabliert wer- Herr Piehl wies darauf hin, dass Grundwerte wie
den. Im Jahr 2006 haben sich 50 Prozent mehr in- Toleranz und Gleichberechtigung, auch gegenüber
ternationale Studierende an georgischen Universi- Minderheiten, absolut vorrangig, aufgrund der
täten eingeschrieben, was auch als Indikator für Konfliktgeschichte in diesem Raum aber nicht
eine Besserung der Situation gewertet werden selbstverständlich seien und eine inhaltliche Zu-
kann. sammenarbeit bei der Deutung von bestimmten
historischen Ereignissen nicht stattfinde. Daher sei
Die Konzeptphase der Reformen ist abgeschlos- ein regionales Projekt eines gemeinsamen Ge-
sen, neue Grundlagen-Dokumente wurden entwi- schichtsbuches wünschens- und unterstützens-
ckelt, nationale Ziele festgelegt und neue Gesetze wert. Dieses Projekt könne nur eine unabhängige
wurden verabschiedet. Die institutionellen Stan- Historikerkommission bewerkstelligen. Der Minis-
dards verbessern sich aufgrund von Sanierungs- ter erwähnte ein vom Europarat initiiertes Projekt,
programmen ständig. So hat sich die Computer- eine Geschichte des Schwarzmeerraumes zu schrei-
ausstattung an den Schulen deutlich verbessert. ben. Das Buch liegt mittlerweile vor, klammere je-
Seit 2003 haben sich die öffentlichen Bildungsaus- doch viele der Konflikte aus. Insofern seien viele
gaben bereits verdoppelt und die Hochschulreife der Probleme einfach heikel und würden daher
unterliegt jetzt eben auch einer allgemeinen Qua- auch ausgeklammert. Herr Piehl verwies auf den
litätssicherung. Mehr als 90 Prozent der Bevölke- fünften Schwerpunktbereich des Aktionsplans
rung sei überzeugt, dass die Korruption bei dem EU-Georgien „Stärkung der regionalen Zusam-
Hochschulzugang eliminiert wurde, wie Herr menarbeit“, der eine verstärkte Beteiligung des

27
FRIEDRICH-EBERT-STIFTUNG

Landes an Initiativen regionaler Zusammenarbeit cula oder Lehrpläne herbeigeführt worden. Die
im Schwarzmeerraum und im südlichen Kauka- Feindbilder in Ländern, in denen Konflikte ge-
sus fordert, etwa in den Bereichen Umwelt oder herrscht haben, steuerten das Bewusstsein weit
Bildung. Dazu gehört auch die Verstärkung des mehr, als Lehrpläne. Im südlichen Kaukasus wer-
Jugendaustausches. Herr Sperling äußerte sich al- de eine Feindbildpflege betrieben, die keine guten
lerdings skeptisch in Bezug auf die Wirkkraft von Aussichten auf einen Bewusstseinswandel er-
Bildungsmaßnahmen zur Vertrauensbildung und laube. Herr Sperling schloss mit dem pessimisti-
zum Abbau von Feindbildern. Der Bewusstseins- schen Ausblick, dass die Konflikte in der Verfas-
wandel in Deutschland nach dem Ende des Zwei- sung, in der sich der Südkaukasus derzeit befin-
ten Weltkriegs sei zum Beispiel kaum durch Curri- det, nicht gelöst werden könnten.

28
DER SÜDKAUKASUS ALS NACHBAR DER ERWEITERTEN EU

Empfehlungen für die europäische Außenpolitik

Angesichts seiner wirtschaftlichen Bedeutung als ganisierte Kriminalität als zentrale Bedrohungen
Förder- und Transitregion für Hydrokarbonreser- angeführt werden. Nach wie vor klafft allerdings
ven hat der SK für die EU in den letzten Jahren eine deutliche Lücke zwischen den beträchtlichen
deutlich an Bedeutung gewonnen, die ungelösten finanziellen Aufwendungen und dem wirtschaft-
Konflikte stellen jedoch zugleich tief greifende lichen Gewicht der EU auf der einen und ihrem
Problemstellungen dar. Die mangelnde umfas- vergleichsweise geringen politischen Einfluss im
sende Lösung der gewaltträchtigen Antagonismen Südkaukasus auf der anderen Seite.
wird als schwerwiegendes Entwicklungshemmnis
für die drei Volkswirtschaften und zugleich der In den folgenden Monaten und Jahren muss es
Südkaukasus als potentielle neue Gefahrenquelle darum gehen, diese Lücke zu verringern, indem
an der Peripherie der erweiterten Union wahrge- die EU ihr politisches Profil schärft und sich als
nommen. Aus EU-Sicht sind die Konsolidierung Mittler bei der Konfliktlösung einbringt. Dabei ist
der Unabhängigkeit vor allem Georgiens, die För- es erforderlich, das einzulösen, was sich die Uni-
derung von Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und on in ihrer Sicherheitsstrategie mit der Forderung
Zivilgesellschaft, die Unterstützung der wirtschaft- nach der Entwicklung einer „Strategie-Kultur“
lichen Entwicklung und mittelfristig die Herbei- zum Ziel gesetzt hat. Mit der Mandatserweiterung
führung einer Verhandlungslösung für die poli- des Sonderbeauftragten Peter Semneby ist hierzu
tischen Krisen die zentralen Herausforderungen. ein erster Schritt getan, bei dem Besuch des geor-
gischen Präsidenten in Brüssel Ende Februar hat
Bis Ende der 1990er Jahre dominierte die EU- Javier Solana ferner eine Peacekeeping-Rolle der
Kommission, vor allem im Rahmen von Tacis, die EU in Georgien als denkbar bezeichnet. Wesent-
Beziehungsgestaltung der Union gegenüber dem liche Voraussetzungen für eine profiliertere Rolle
SK. Die 1999 in Kraft getretenen Partnerschafts- der EU im Südkaukasus sind,
und Kooperationsabkommen, die die SK-Staaten
auf die Befolgung von demokratischen und 1) dass die EU sich zunächst über Interessen und
marktwirtschaftlichen Normen und Regeln festle- Ziele im SK im Klaren wird und die Mittel be-
gen, und mehr noch die Europäische Nachbar- nennt, die sie dafür einzusetzen bereit ist. Da-
schaftspolitik, können als Strategien zur Stabilisie- bei sollte der SK auch im größeren Zusammen-
rung des regionalen EU-Umfelds gewertet wer- hang mit Zentralasien gesehen werden. In die-
den. Mit diesen Abkommen wurden die Beziehun- sem Kontext wäre auch denkbar, eine Gemein-
gen formalisiert und die Interessen der EU gegen- same Strategie für den Südkaukasus und Zen-
über der Region stärker konkretisiert. Seit Anfang tralasien mit entsprechenden politischen Leit-
der 2000er Jahre spielt sich die Beziehungsgestal- linien zu verabschieden.
tung zusätzlich im Rahmen der GASP bzw. ESVP
ab. Mittlerweile wurde Konfliktprävention zum 2) dass im Rahmen der Achtzehnmonatsprogram-
Leitbild für die Gestaltung der EU-Entwicklungs- me der EU-Ratspräsidentschaften und inner-
und Außenpolitik erklärt. Die schwedische Präsi- halb des Rates Allgemeine Angelegenheiten und
dentschaft hatte das Thema zu einem Kernpunkt Außenbeziehungen die Sensibilität für die Re-
ihrer Ratspräsidentschaft in der ersten Jahreshälfte gion geschärft wird, diese auf der Ratsagenda
2001 gemacht und dabei dem Südkaukasus beson- regelmäßig thematisiert und nicht auf einen
dere Aufmerksamkeit geschenkt. Überdies ist eine vernachlässigbaren Annex einer Zentralasien-
EU-Sicherheitsstrategie verabschiedet worden, in strategie oder der Beziehungen mit Russland
der der Südkaukasus explizit benannt und die mit beschränkt wird; und dass die Kommissions-
ihm verbundenen Herausforderungen wie regio- und Ratsressourcen besser abgestimmt und
nale Konflikte, das Scheitern von Staaten oder or- miteinander verzahnt werden;

29
FRIEDRICH-EBERT-STIFTUNG

3) dass bei der Konkretisierung und Umsetzung 6) dass die EU den SK in den Beziehungen mit
der Aktionspläne der Lösung der Konflikte ein Russland höher auf der Agenda ansiedelt und
zentraler Stellenwert eingeräumt wird, und damit den vereinbarten Raum der äußeren Si-
dass die Möglichkeiten einer „ENP Plus“, wie cherheit auch in dieser volatilen Region zu
sie von der deutschen Ratspräsidentschaft vor- einem solchen macht. Die EU darf sich von
geschlagen und vom Rat Allgemeine Angelegen- Russland nicht auf die Rolle eines Geldgebers
heiten und Außenbeziehungen Anfang März reduzieren lassen, dessen Kooperationsange-
grundsätzlich befürwortet wurde, weiter ver- bote und politische Initiativen jedoch katego-
folgt und konkretisiert werden und deren Stel- risch abgelehnt werden. Auf den EU-Russland-
lenwert für die SK-Länder und die dortige Gipfeln und im Ständigen Partnerschaftsrat,
Konfliktlösung diskutiert wird; insbesondere aber in den Verhandlungen über
ein neues Abkommen mit Russland sollte die
4) dass die Bedingungen, unter denen EU-Peace- Thematik entsprechend berücksichtigt werden.
keeping-Missionen im SK stattfinden könnten,
unter anderem im Politischen Stab ausführlich 7) dass Russland in den genannten Foren dazu
diskutiert und die Ziele dafür klar formuliert aufgefordert wird, seine konkreten nationalen
werden; dass enge Konsultationen mit anderen Interessen in der Region zu benennen, die bis-
staatlichen und nichtstaatlichen Akteuren (USA, lang nicht überzeugend formuliert wurden.
Russland, Türkei, GUS, OSZE, UN) über die Stattdessen ist das Verhalten gegenüber der
Möglichkeit und ggf. konkrete Durchführung Region einem paranoiden Festungsdenken in
solcher Missionen geführt werden; den Kategorien eines Nullsummenspiels ver-
haftet. Für eine engere Anbindung Russlands
5) dass ein engerer und strukturierterer Dialog an die EU muss die konkrete Bereitschaft, bei
mit den De-fakto-Autoritäten der separatisti- der Konfliktlösung eine konstruktive Rolle zu
schen Landesteile gesucht wird, um sie aus ih- spielen, zur Vorbedingung gemacht werden.
rer internationalen Isolation und der Abhän-
gigkeit von Russland zu lösen, stärker in west- 8) dass die Konfliktparteien in den Karabach-Ge-
liche Strukturen einzubinden und für Verhand- sprächen von der EU moderierend unterstützt
lungslösungen empfänglicher zu machen. Die werden, ohne dass neue Vermittlungsangebote
EU sollte in den Gebieten verstärkt Hilfe bei von außen gemacht werden. Nach den arme-
der Reform der Verwaltungs- und Justizappa- nischen Parlamentswahlen im Mai könnte sich
rate leisten. ein neues Gelegenheitsfenster öffnen, welches
die teilweise positive Dynamik der letzten Mo-
nate verstetigen oder sogar noch verstärken
könnte. Insbesondere in Bezug auf Armenien
sollte die EU deutliche Anreize für den Fall
einer umfassenden Konfliktlösung setzen.

30
DER SÜDKAUKASUS ALS NACHBAR DER ERWEITERTEN EU

Anhang

Abkürzungsverzeichnis

ECHO Amt für Humanitäre Hilfe


EAP Euroatlantische Partnerschaft
ENP Europäische Nachbarschaftspolitik
ENPI Europäisches Nachbarschaftsinstrument
GUS Gemeinschaft Unabhängiger Staaten
INOGATE Interstate Oil and Gas Transport to Europe
PfP Partnerschaft für den Frieden
PHARE Poland-Hungary: Aid for the Reconstruction of the Economy
PKA Partnerschafts- und Kooperationsabkommen
SK Südkaukasus
Tacis Technical Assistance for the Commonwealth of Independent States
TRACECA Transport Corridor Europe-Caucasus-Asia
WTO Welthandesorganisation

31
FRIEDRICH-EBERT-STIFTUNG

Das Programm der Tagung

FACHKONFERENZ

„Ziele und Instrumente deutscher und europäischer Außenpolitik


gegenüber den Ländern im Südlichen Kaukasus“

Mittwoch, 22. November 2006


Friedrich-Ebert-Stiftung, Hiroshimastr. 17, 10785 Berlin

Raum 121/122

09.30 Uhr Eröffnung durch Günther Fichtner, Projektkoordinator FES


im südlichen Kaukasus, Tbilisi/Georgien

09.40 Uhr Vortrag des Außenministers von Georgien, S.E. Gela Bezhuashvili
Georgien als Partner der Europäischen Nachbarschaftspolitik

10.10 Uhr Diskussion

10.40Uhr Kaffeepause

11.00 Uhr Dr. Detlef Puhl, Beigeordneter Dekan des George C. Marshall European
Center for Security Studies, Garmisch-Partenkirchen
Die Rolle Russlands und der USA im südlichen Kaukasus

11.15 Uhr Diskussion

11.45 Uhr Generalmajor a.D. Dr. Horst Schmalfeld, Stellvertretender Direktor


des George C. Marshall European Center for Security Studies,
Garmisch-Partenkirchen und Dr. Stepan Grigoryan, Chairman of the
Board of the Analytical Center on Globalization and Regional Cooperation,
Armenien
Die sicherheitspolitische Dimension des südlichen Kaukasus für die EU
und die NATO

12.15 Uhr Diskussion

13.00 Uhr Mittagessen (Raum 120)

32
DER SÜDKAUKASUS ALS NACHBAR DER ERWEITERTEN EU

14.00 Uhr Dr. Wolf Preuss, Berater des Georgischen Ministeriums für Europäische
und Euro-Atlantische Integration, und Dr. Archil Gegeshidze, Senior Fellow,
Georgian Foundation for Strategic and International Studies, Georgien
Stand und Perspektiven der Europäischen Nachbarschaftspolitik aus Expertensicht

14.30 Uhr Diskussion

15.15 Uhr Kaffeepause

15.30 Uhr Dr. Sebastian Mayer, Universität Bremen, Dr. Barbara Lehmbruch, Georgian
American University/Universität Tübingen, Ilgar Mammadov, Head of Baku
Political Research and Advocacy Institute, Aserbaidschan
Handlungsfelder regionaler Kooperation

16.15 Uhr Diskussion

17.00 Uhr S.E. Alexander Lomaia, Bildungsminister von Georgien, Dr. Ernst Piehl,
Politikberater, Brüssel; Asmat Lali Meskhi, Head of DFID Programme in
Georgia, British Embassy, Georgien; Edward Bell, Senior Policy Advisor,
Peacebuilding Issues Programme, International Alert, London
Entwicklungszusammenarbeit und Demokratieförderung

18.00 Uhr Diskussion

19.00 Uhr Ende der Veranstaltung


anschließend Imbiss (Bistro)

Konferenzsprachen sind Deutsch, Englisch und Russisch

33
FRIEDRICH-EBERT-STIFTUNG

Teilnehmerliste

FACHKONFERENZ

„Ziele und Instrumente deutscher und europäischer Außenpolitik


gegenüber den Ländern im Südlichen Kaukasus“

in der
Friedrich-Ebert-Stiftung am Mittwoch, 22. November 2006

1. Edward Bell, Senior Policy Advisory., Peacebuilding Issues Programm, International


2. S.E. Gela Bezhuashvili, Außenminister von Georgien
3. Carl Johan Blydal, Büro parl. Staatssekretär Bergner
4. Dr. Dieter Boden, Botschafter a.D.
5. Sabine Dörfler, Friedrich-Ebert-Stiftung
6. Dr. Heike Dörrenbächer, Deutsche Gesellschaft für Osteuropakunde e.V
7. Dr. Beate Eschment, Humboldt Universität zu Berlin
8. Günther Fichtner, Friedrich-Ebert-Stiftung, Tblissi/Georgien
9. Andreas Fiedler, Auswärtiges Amt
10. Dr. Archil Gegeshidze, Senior Fellow, Georgian Foundation for Strategic and
International Studies (GFSIS), Georgien
11. Dr. Stepan Grigoryan, Chaieman of the Board of the Analytical Center on
Globalization and Regional Cooperation, Armenien
12. Amos Helms, Konrad Adenauer Stiftung
13. Manfred Huterer, Auswärtiges Amt
14. Andrew Kerr, Bundesministerium der Verteidigung
15. Dr. Detlev Kraa, Gesellschaft zur Förderung von Marktwirtschaft und Demokratie in
Osteuropa e.V.
16. Dr. Heinz Kramer, Stiftung Wissenschaft und Politik
17. Prof. Dr. Wulf Lapins, Friedrich Ebert-Stiftung
18. Dr. Barbara Lehmbruch, Georgian American University; Universität Tübingen
19. S.E. Alexander Lomaia, Bildungsminister von Georgien
20. Dr. Hans Dieter Lucas, Auswärtiges Amt
21. Asad Mahrad, Technische Universität Berlin
22. Ilgar Mammadov, Leiter Political Research and Advocacy Institute (BASARTI),
Baku, Aserbaidschan

34
DER SÜDKAUKASUS ALS NACHBAR DER ERWEITERTEN EU

23. Dr. Sebastian Mayer, Universität Bremen


24. Markus Meckel, MdB
25. Asmat Lali Meskhi, Head of Department for International Development (DFID),
Georgia Programme, British Embassy, Georgien
26. Reinhard Müller-Technau, M.Tech
27. Agapi Nehring, Bundeskanzleramt
28. Michael Nowak, Auswärtiges Amt
29. Dr. Maja Pandshikidze, Botschafterin von Georgien in Deutschland
30. Dr. Ernst Piehl, Fachberater/Brüssel
31. Dr. Detlef Puhl, George Marshall Center
32. Dr. Wolf Preuss, Fachberater
33. Stefan Reiche, MdB
34. Christoph Retzlaff, Auswärtiges Amt
35. Friedrich O.J. Roll, Fachberater/Georgien
36. Dr. Renate Schimkoreit, Auswärtiges Amt
37. Dr. Horst Schmalfeld, General a.D., George Marshall Center
38. Rolf Schulze, Auswärtiges Amt
39. Prof. Dr. Wilfried Schreiber
40. Dr. Reinhold Sohns, Friedrich-Ebert-Stiftung
41. Prof. Dr. Eckart Stratenschulte, Europäische Akademie Berlin
42. Christian Taaks, Friedrich Naumann Stiftung
43. Oberstleutnant Michael Graf von Magnis, Bundeswehr
44. Dr. Oliver Wolleh, Berghof Forschungszentrum
45. Jürgen Zoll, Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit

35
ISBN 978-3-89892-661-4

You might also like