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teorgam teil1
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Grundlagen
der theoretischen Grammatik
der deutschen Sprache
Teil I
Tscherniwzi
2009
2
ББК: 8І.432.4-923.2
К 388
Навчальне видання
ПЕРЕДМОВА
5. Aufgaben
1. Was versteht man unter dem Begriff Grammatik im engeren
und weiteren Sinne?
2. Welche Hauptziele verfolgt die Grammatik? Vergleichen Sie
die Ziele der Grammatik bei W.Flämig mit den oben angeführten
Erwartungen von der Grammatik bei G.Zifonun u.a.
3. In welchem Sinn wird das Wort Grammatik in folgenden
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Sätzen gebraucht?
1) Ich habe im Sommer einiges von der Grammatik des
Deutschen mitbekommen.
2) Die Studenten haben sich die Grammatik von Eisenberg
gekauft.
3) Die Generative Grammatik geht auf Chomsky zurück.
4. Kommentieren Sie folgende Äußerung:
Lexikalische Bedeutungen gehören in den Bereich der Lexikologie,
die grammatischen werden meist im Bereich der Morphologie und
Syntax abgehandelt.
5. Womit befasst sich die Morphologie?
6. Womit befasst sich die Syntax?
7. Worin besteht die Hauptschwierigkeit der Definition des
Wortes?
8. Worin besteht die Hauptschwierigkeit der Definition des
Satzes?
9. Mit welchen linguistischen Disziplinen ist die Grammatik eng
verbunden?
10. Überlegen Sie, ob man ohne Grammatik eine Sprache
beherrschen kann?
6. Literatur
1. Admoni W. Der deutsche Sprachbau. – Moskau, 1986.
2. Deutsche Sprache. Kleine Enzyklopädie. // Hrsg. W.Fleischer, G.Helbig,
G.Lerchner. – Frankfurt am Main: Peter Lang, 2001. – S.218-309.
3. Die Grammatik. Duden. Bd. 4. 7. Aufl. – Mannheim: Brockhaus, 2005.
4. Engel U. Deutsche Grammatik. – München: Iudicum, 2004.
5. Flämig W. Grammatik des Deutschen. – Berlin: Akademie Verlag, 1991.
6. Grammatik der deutschen Sprache in 3 Bänden. Hrsg. von G.Zifonun,
L.Hoffmann, B.Strecker. – Berlin, New York: de Gruyter. 1997.
7. Hentschel E., Weydt H. Handbuch der deutschen Grammatik. 3. Aufl. – Berlin,
New York: de Gruyter, 2003.
8. Jung W. Grammatik der deutschen Sprache. – Leipzig: VEB Bibliographi-
sches Institut, 1980.
9. Lexikon der Sprachwissenschaft. // Hrsg. von H.Bußmann. – Stuttgart:
Kröner Verlag, 2002.
10. Linke A., Nussbaumer M., Portmann P.R. Studienbuch Linguistik. 5.
Auflage. – Tübingen: Niemeyer, 2004. – S.49-148.
11. Metzler Lexikon Sprache. Hrsg. von H.Glück. 3.Aufl. – Stuttgart, Weimar:
Metzler Verlag, 2005.
10
12. Sommerfeldt K.-E., Starke G. Einführung in die Grammatik der deutschen
Sprache. – Tübingen: Niemeyer, 1998.
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Lerneinheit 2. Zur Entwicklung der Grammatik
3. Aufgaben
1. Erläutern Sie den Unterschied zwischen deskriptiver und
präskriptiver, synchroner und diachroner Grammatik. Welche Arten der
Grammatiken kennen Sie noch?
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2. Worin liegt der Unterschied zwischen traditioneller und formaler
Grammatik?
3. Charakterisieren Sie eine von Ihnen gewählte Grammatik.
4. Welche Grammatiken liegen der heutigen normativen Duden-
Grammatik zugrunde?
5. Nennen Sie die Meilensteine in der Geschichte der deutschen
Grammatik.
6. Wer gilt als Begründer der Valenzgrammatik?
7. Welche Merkmale sind für die funktionale Grammatik eigen?
8. Wer gilt als Begründer der generativen Grammatik?
9. Nennen und erklären Sie Grundbegriffe der Valenzgrammatik.
10. Überlegen Sie die Frage: „Welche Grammatik braucht der
Mensch?“
4. Literatur
1. Eisenberg P. Grundriss der deutschen Grammatik. 3. Aufl. – Stuttgart,
Weimar: Metzler, 2006.
2. Engel U. Deutsche Grammatik. – München: Iudicum, 2004.
3. Grundzüge einer deutschen Grammatik. // Hrsg. von Heidolph K.-E., W.Främig,
W.Motsch. – Berlin, 1981.
4. Helbig G. Geschichte der neueren Sprachwissenschaft. – Leipzig: VEB
Bibliographisches Institut, 1973.
5. Hentschel E., Weydt H. Handbuch der deutschen Grammatik. 3. Aufl. –
Berlin, New York: de Gruyter, 2003. – S. 444-477
6. Heringer H.J. Deutsche Syntax. Dependentiell. – Tübingen: Stauffenburg,
1996.
7. Junger O., Lohnstein H. Einführung in die Grammatiktheorie. – München:
Fink, 2006.
8. Linke A., Nussbaumer M., Portmann P.R. Studienbuch Linguistik. 5.
Auflage. – Tübingen: Niemeyer, 2004. – S. 43-72
9. Moskaljskaja O. Grammatik der deutschen Gegenwartssprache. – M., 1983.
– S. 10-40.
10. Naumann B. Grammatik der deutschen Sprache zwischen 1781 und 1856. –
Berlin: Schmidt, 1986.
11. Pfeffer J.A. Probleme der deskriptiven deutschen Grammatik. – Heidelberg:
Groos, 1982.
12. Rohr W.G. Einführung in die historische Grammatik des Deutschen. –
Hamburg: Buske, 1999.
13. Schmidt W. Grundfragen der deutschen Grammatik: Eine Einführung in die
funktionale Sprachlehre. 5. Aufl. – Berlin: Volk u. Wissen Volkseig. Verl.,
1977.
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14.Welke K. Einführung in die Valenz- und Kasustheorie. – Leipzig:
Bibliographisches Institut, 1988.
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Lerneinheit 3. Wortarten
Wort
konjugierbar deklinierbar
Verb
3. Wortartenklassifikationen
Die Zahl der Wortarten in verschiedenen Grammatiken der
deutschen Gegenwartssprache ist unterschiedlich: 2 – Sommer (1931), 4
– Sütterlin (1923), 5 – Glinz (1952, 1973), Erben (1959), 6 –
Hentschel/Weydt (2003), 7 – Flämig (1991), 9 – Duden-Grammatik
(1995), Helbig/Buscha (1999), Wellmann (2008), 10 – Sommer-
feldt/Starke (1998), 12 – Admoni (1982), 14 – Moskalskaja (1983).
Duden-Grammatik (1995) führt folgende komplexe Klassifika-
tion der Wortarten im Deutschen an:
4. Aufgaben
1. Nennen Sie Kriterien, die bei der Wortartenklassifikation gebraucht
werden können. Welche Kriterien dominieren bei der Wortarten-
klassifikation?
2. Bestimmen Sie die Wortart der folgenden Wortformen:
gut, dachte, Liebe, liebe, sagen, Sagen, gesagt, Gesagte, lesend, und,
doch, ach, muss, sehr, schnell, an, während.
3. Bestimmen Sie die Wortart der unterstrichenen Wörter:
„Du sagst, dass das das Buch ist, das du gekauft hast.“
4. Warum bietet gerade die Klassifikation der Artikel, Pronomen,
Numeralia und Adverbien besondere Schwierigkeiten?
5. Welche Kriterien liegen folgenden Wortartdefinitionen zugrunde:
1)Adjektive bezeichnen Eigenschaften.
2) Artikel sind Begleiter des Substantivs.
3) Konjunktionen sind indeklinabel.
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Pronomen
Fürwort
Numerale charakterisierendes Adjektiv
Zahlwort Beiwort
Adjektiv
Adverb
Umstandswort Partikel
(Adv.)
Fügewort (Präp.)
Partikel (Konj.)
Präposition (Satzäquival.)
Verhältniswort
-
Konjunktion
Bindewort
Interjektion
Ausrufewort
5. Literatur
1. Deutsche Sprache. Kleine Enzyklopädie. // Hrsg. von W.Fleischer, G.Helbig,
G.Lerchner. – Frankfurt am Main: Peter Lang, 2001. – S. 220-225.
2. Die Grammatik. Duden. Bd. 4. 7. Aufl. – Mannheim: Brockhaus, 2005.
3. Engel U. Deutsche Grammatik. – München: Iudicum, 2004.
4. Handbuch der deutschen Wortarten. // Hrsg. von L.Hoffmann. – Berlin, New
York: de Gruyter, 2007.
5. Hentschel E., Weydt H. Handbuch der deutschen Grammatik. 3. Aufl. –
Berlin, New York: de Gruyter, 2003. – S. 14-22.
6. Linke A., Nussbaumer M., Portmann P.R. Studienbuch Linguistik. 5.
Auflage. – Tübingen: Niemeyer, 2004. – S. 72-77.
7. Moskaljskaja O. Grammatik der deutschen Gegenwartssprache. – M., 1983.
S. 41-50.
8. Römer Chr. Morphologie der deutschen Sprache. – Tübingen, Basel:
A.Franke Verlag, 2006. – S. 43-179.
9. Wellmann H. Deutsche Grammatik. – Heidelberg: Winter, 2008.
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Lerneinheit 4. Das Verb. Klassifizierung der Verben
1. Allgemeine Charakteristik
2. Einteilung der Verben
2.1. Klassifizierung der Verben nach morphologischen Kriterien
2.2. Klassifizierung der Verben nach syntaktischen Kriterien
2.3. Klassifizierung der Verben nach semantischen Kriterien
3. Beziehungen zwischen semantischen Klassen und grammatischen
Kategorien
4. Aufgaben
5. Literatur
1. Allgemeine Charakteristik
Die lateinische Bezeichnung verbum bedeutet ganz allgemein
„Wort“. Die treffendste Verdeutschung von „Verb“ ist „Aussagewort“
(auch „Zeitwort“), weil es der einzige Träger der Prädikativität im Satz ist.
Die Zahl der Verben ist im Deutschen auch genug groß unter allen
Wortarten, nach Angaben einiger Germanisten macht sie etwa ein Viertel
des Gesamtwortschatzes aus.
Das Verb gilt im Deutschen als zentrale Wortart aus solchen
Gründen:
1) es ist die einzige konjugierbare Wortart und zugleich Träger von 5
Kategorien (Person, Numerus, Tempus, Modus, Genus);
2) es gibt in der Regel keinen Satz ohne Verb;
3) die Stellung des Verbs im Satz ist strikt festgelegt (Erst, Zweit- oder
Letztstellung), dadurch werden die Stellungstypen des deutschen Satzes
bestimmt (Kernsatz, Stirnsatz, Spannsatz);
4) das Verb entscheidet über die weitere Ausgestaltung des Satzes mit
anderen Gliedern und ist die einzige Wortart, die sich auf die Struktur des
Gesamtsatzes auswirkt.
Das Verb hat im Vergleich zu anderen Wortarten das größte
Paradigma der Wortformen: ein transitives Verb kann in 177, ein
intransitives in 91 Wortformen realisiert werden (nach den Angaben von
O. Moskalskaja). Unter dem Paradigma versteht man die Gesamtheit der
Wortformen, die für eine Wortart charakteristisch sind. Die Wortformen
des Verbs können einfach (synthetisch) oder zusammengesetzt (analytisch)
sein. Zu den synthetischen Formen gehören der Infinitiv I Aktiv, alle
Formen des Präsens und des Präteritums Indikativ und Konjunktiv sowie
alle Formen des Imperativs. Zu den analytischen Formen gehören der
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Infinitiv II, das Perfekt, das Plusquamperfekt, das Futur I/II Indikativ und
Konjunktiv, der Konditionalis I/II, der Infinitiv I/II Passiv sowie alle
Zeitformen des Passivs.
Nach dem Verhältnis zum Subjekt lassen sich vier Gruppen von
Verben unterscheiden:
- persönliche Verben, die sich mit einem Subjekt aller drei Personen
verbinden können:
ich schwimme, vergesse, laufe, esse
du schwimmst, vergisst, läufst, isst
er schwimmt, vergisst, läuft, isst
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- einige Verben,die nur mit einem logischen Subjekt der 3. Person
verbunden werden können (misslingen, gelingen, geschehen, geziemen,
glücken, missglücken, widerfahren u.a.):
Die Arbeit misslang ihm.
- unpersönliche Verben, die nur mit dem unpersönlichen es als
Subjekt verbunden werden:
Es regnet. (*Der Regen regnet. - *Du regnest.)
- eine weitere Gruppe bilden Verben, die notwendig mit einem
logischen Subjekt im Plural, das grammatisch entweder durch ein
pluralisches Subjekt oder durch ein singularisches Subjekt in Verbindung
mit einer Präpositionalgruppe ausgedrückt wird (vereinbaren, ausmachen,
sich einigen, übereinkommen, verabreden, sich verschwören, wetteifern
u.a):
Wir vereinbaren einen Termin.
Ich vereinbare mit ihm einen Termin.
4. Aufgaben
1.Warum gilt das Verb im Deutschen als eine zentrale Wortart?
2.Wie groß ist das morphologische Paradigma des Verbs?
3.Welche Kriterien liegen der morphologischen Klassifikation zugrunde?
4.In welche Gruppen werden die Verben nach der Konjugiertheit geteilt?
5.Welche grammatischen Kategorien haben finite Verben?
6.Bestimmen Sie finite und infinite Verbformen in folgenden Sätzen,
nennen Sie ihre grammatischen Kategorien:
Ich habe ihn gestern besuchen können. Ich lehre ihn lesen.
7.Welche Gruppen von Verben werden nach der Art der Konjugation
unterschieden?
8.Welche Verhältnisse des Verbs liegen der syntaktischen Klassifikation
zugrunde?
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9.Welche syntaktische Funktion erfüllen die Vollverben und Nicht-
Vollverben?
10.Bestimmen Sie die Arten der Verben nach dem Verhältnis im Prädikat:
1) Der Gast gedenkt, noch eine Weile zu bleiben. 2) Er weiß sich zu helfen.
3) Ich kann gut schwimmen. 4) Ich habe ihm beim Studium geholfen. 5) Er
bekommt das Buch geschenkt. 6) Er besitzt die Fähigkeit zu noch besseren
Leistungen.
11.Welche Arten von Verben unterscheidet man nach dem Verhältnis zum
Subjekt? Bestimmen Sie diese Arten:
1) Sie schwimmt gut. 2) Ich vereinbare mit ihm den nächsten Termin. 3) Es
hagelt. 4) Es glückt ihm immer.
12.Welche Arten von Verben werden nach dem Verhältnis zum Objekt
unterschieden? Gehören Mittelverben zu transitiven oder zu intransitiven
Verben? Bestimmen Sie diese Arten:
Der Kollege hat drei Söhne. Ich arbeite im Garten. Er isst den Apfel.
13.Sind alle intransitiven Verben absolut? Sind transitive Verben relativ
oder absolut?
14.Welche syntaktische Folgen (Reflexe) hat der Unterschied zwischen
den transitiven und intransitiven Verben?
15.Was versteht man unter der Rektion und unter der Valenz des Verbs?
Wodurch unterscheiden sich diese Begriffe?
16.Welche Gruppen von Verben werden nach der Zahl und Art der
Aktanten unterschieden?
17.Welche Hauptgruppen von Verben lassen sich nach der Bedeutungs-
struktur unterscheiden? (nach Brinkmann und nach G.Helbig) Aus welchen
Kriterien ergibt sich diese Klassifikation?
18.Zu welcher von drei Gruppen gehören diese Verben:
aufschreien, wandern, wohnen, stehen, verhungern, sterben, erkranken,
sein, singen, essen, springen, kennen, wissen.
19.Was ist die Aktionsart? Ist das eine grammatische oder eine
semantische Kategorie für die deutschen Verben? Wie kann sie
ausgedrückt werden?
20.Wodurch unterscheiden sich durative Verben von den perfektiven?
Welches Kriterium lässt durative Verben von perfektiven unterscheiden?
21.Welche Reflexe in der syntaktischen Struktur zeigen beide Haupt-
klassen der Aktionsarten?
5. Literatur
1. Die Grammatik. Duden. Bd. 4. 7. Aufl. – Mannheim: Brockhaus, 2005.
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2. Engel U. Deutsche Grammatik München: Iudicum, 2004. – S. 201-268.
3. Jung W. Grammatik der deutschen Sprache. – Leipzig: VEB Bibliographisches
Institut, 1980.
4. Hentschel E., Weydt H. Handbuch der deutschen Grammatik. 3. Aufl. – Berlin,
New York: de Gruyter, 2003. – S. 36-145.
5. Heibig G., Buscha J. Deutsche Grammatik. – Berlin, 2004.
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Präteritum
Laut G. Helbig und J. Buscha (2005: 132) hat das Präteritum nur
eine einzige Bedeutungsvariante – die Bezeichnung der vergangenen
Sachverhalte:
Aktz = Betrz, Betrz und Aktz vor Sprz
Das Präteritum enthält keinen Modalfaktor. Es wird sowohl in der
Umgangssprache, als auch in der Dichtersprache gebraucht, es kann sogar
als das spezifische Tempus der Erzählung bezeichnet werden. Das
Präteritum kann bei sich eine fakultative Temporalangabe (gestern, im
vorigen Jahr, neulich u.a.) haben, die an der Vergangenheitsbedeutung
nichts ändert:
Er arbeitete (gestern) den ganzen Tag.
Er kam (vor drei Tagen) aus Ausland.
Beim Präteritum können die Adverbialbestimmungen der
Gegenwart oder sogar der Zukunft stehen, die aber auf die Vergangenheit
gerichtet sind:
Schiller wurde 1759 in Marbach geboren. Jetzt war alles nicht
mehr so arg.
Heute sollte es sich entscheiden.
Bald darauf kam mein Bruder.
Das Präteritum kann in einigen erstarrten Formeln („Raffsätzen“)
statt des Präsens gebraucht werden, wenn gegenwärtige Sachverhalte
gemeint sind, und der Sprecher sich an einer vorher bestehenden Situation
orientiert. In diesen Fällen ist das Präteritum durch das Präsens ersetzbar:
Wie war doch ihr Name? (Wie ist ihr Name?)
Wer war hier noch ohne Fahrschein? (Wer ist hier noch ohne
Fahrschein?)
Herr Ober, ich bekam noch Kompott. (Ich bekomme noch Kompott.)
Das Präteritum ist oft dem Perfekt identisch, sie sind darum
austauschbar:
Er arbeitete den ganzen Tag.
Er hat den ganzen Tag gearbeitet.
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Zwischen beiden Tempora sind nur Gebrauchsunterschiede auf
folgenden Ebenen festzustellen:
1. Aus phonetischen Gründen wird das Perfekt bevorzugt, wenn die
Präteritalformen kompiziert zum Aussprechen sind:
du hast geschossen (statt: du schossest)
du hast gebadet (statt: du badetest)
ihr habt gebadet (statt: ihr badetet)
2. Aus Gründen der Verträglichkeit der lexikalischen Bedeutung der
Verben mit der Tempusbedeutung wird bei einigen Verben (angehen,
gebrechen, gereichen, münden, sprießen, verlauten u.a.) ausschließlich das
Präteritum gebraucht:
Er stammte aus Berlin.
3. Es wird aus semantischen Gründen das Perfekt bevorzugt, wenn
im Satz solche Temporalangeben wie: schon, schon oft, schon immer, noch
nie stehen:
Er hat das Buch schon gelesen. (statt: Er las schon das Buch.)
Das Kind hat schon oft die Flugzeuge gesehen. (statt: Das Kind sah
schon oft die Flugzeuge.)
4. Aus morphosyntaktischen Gründen werden die Hilfsverben sein,
haben und auch Modalverben vorzugsweise im Präteritum gebraucht:
Peter wollte/sollte/ musste gestern abfahren. (statt: Peter hat
gestern abfahren wollen/sollen/müssen.)
5. Aus dialektischen Gründen wird im Süden Deutschlands das
Perfekt und im Norden das Präteritum bevorzugt.
6. Aus stilistischen Gründen wird bei seltenen starken Verben das
Präteritum oft vermieden:
Man hat die Verletzten geborgen. (statt: Man barg die Verletzten).
Umgekehrt wird manchmal das Präteritum bevorzugt, wenn der
Sprecher besonders „gepflegt“ sprechen möchte („Ästeten-Präteritum“).
7. Aus der soziolinguistischen Sicht wird in der Umgangssprache das
Präteritum seltener verwendet; das hängt mit der sprachgeschichtlichen
Tendenz zusammen, dass Perfekt aufgrund seines analytischen Charakters
immer mehr gebraucht wird.
8. Das Präteritum wird vorwiegend als Erzähltempus in der
schöngeistigen Literatur gebraucht, während das Perfekt in Gesprächen,
Erörterungen verwendet wird.
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Perfekt
Das Perfekt hat 4 Bedeutungsvarianten:
1. Perfekt zur Bezeichnung eines vergangenen Geschehens
(Vergangenheitsperfekt):
Aktz = Betrz, Betrz und Aktz vor Sprz
Diese Bedeutungsvariante des Perfekts enthält keinen Modal-
faktorund kann eine Temporalangabe (gestern, im vorigen Jahr, neulich,
1914 u.a.) bei sich haben:
Wir haben (gestern) die Stadt besichtigt.
Sie sind (neulich) im Gebirge viel gewandert.
Zum Ausdruck der Vermutung muss im Satz ein zusätzliches
lexikalisches Element (ein Modalwort) erscheinen:
Die Gäste haben vermutlich die Stadt besichtigt.
Diese Variante des Perfekts ist aufgrund der gleichen zeitlichen
Charakteristik austauschbar:
Die Gäste haben die Stadt besichtigt. = Die Gäste besichtigten die
Stadt.
2. Perfekt zur Bezeichnung eines vergangenen Geschehens mit
resultativem Charakter (Resultatsperfekt):
Betrz = Sprz, Aktz vor Betrz und Sprz
Diese Bedeutungsvariante drückt vergangene Sachverhalte aus,
dessen Resultat für die Kommunikation viel wichtiger ist, als die Aktzeit.
Ein Modalfaktor ist nicht enthalten, eine Temporalangabe kann fakultativ
hinzugefügt werden:
Peter ist (vor einigen Stunden) eingeschlafen. (Peter schläft jetzt)
Diese Bedeutungsvariante des Perfekts ist nicht durch Präteritum
ersetzbar.
3. Perfekt zur Bezeichnung eines zukünftigen Geschehens
(futurisches Perfekt):
Aktz vor Betrz, Betrz nach Sprz, Aktz nach Sprz
Diese Bedeutungsvariante drückt zukünftige Sachverhalte, die man
sich als abgeschlossen vorstellt; enthält keinen Modalfaktor und ist an
obligatorische Adverbialangabe (morgen, bald, bis Sonnabend u.a.)
gebunden:
Bis zum nächsten Jahr hat er seine Dissertation abgeschlossen.
Bald hat er das geschafft.
4. Atemporales oder zeitloses Perfekt:
Aktz vor, nach und während Sprz, Sprz = Betrz
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In dieser Bedeutungsvariante drückt das Perfekt allgemeine
Sachverhalte aus, ist an objektive Zeit nicht gebunden und kann deswegen
durch atemporales Präsens ersetzt werden:
Ein Unglück ist bald geschehen. = Ein Unglück geschieht bald.
Plusquamperfekt
Das Plusquamperfekt erscheint in zwei Bedeutungsvarianten:
1. Zur Bezeichnung eines vorvergangenen Geschehens:
Aktz vor Sprz, Aktz vor Betrz, Betrz vor Sprz
Die dreiteilige Struktur dieser Bedeutungsvariante zeigt den
relativen Charakter des Gebrauchs. Das Plusquamperfekt ist in dieser
Variante durch Perfekt nicht ersetzbar und muss eine Temporalangabe bei
sich haben:
Bei meiner Ankunft hatte er die Arbeit schon beendet. (=Als ich
ankam, hatte er die Arbeit schon beendet.)
Gestern hatte er das Buch schon wieder zurückgegeben. (=Als ich
ihn gestern traf, hatte er das Buch zurückgegeben.)
Futur I
Das Futur I hat zwei Bedeutungsvarianten:
1. Futur I zur Bezeichnung eines vermuteten Geschehens in der
Gegenwart:
Aktz = Betrz = Sprz
Diese Bedeutungsvariante enthält einen Modalfaktor der Vermu-
tung, eine zusätzliche Temporalangabe (jetzt, in diesem Augenblick u.a.)
kann fakultativ auftreten:
Er wird (jetzt) im Büro sein. = Er ist (jetzt) wohl im Büro.
Diese Bedeutungsvariante ist dem aktuellen Präsens synonymisch,
aber beim Präsens fehlt der Modalfaktor. Um ein vermutetes Geschehen
durch das Präsens auszudrücken, muss es ein Modalwort bei sich haben:
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Wir werden das Resultat (bald) erfahren. = Wir erfahren wohl
(bald) das Resultat.
Bei perfektiven Verben bezeichnet Futur I nicht ein gegenwärtiges,
sondern ein zukünftiges Geschehen:
Wir werden uns (wohl) am Bahnhof treffen.
Er wird (wohl) einen Breif bekommen.
Futur II
Das Futur II hat 3 Bedeutungsvarianten:
1. Futur II zur Bezeichnung eines vermuteten Geschehens in der
Vergangenheit („Vergangenheits-Futur II“):
Betrz = Aktz, Betrz und Aktz vor Sprz
Diese Bedeutungsvariante enthält einen Modalfaktor der Vermu-
tung, eine zusätzliche Temporalangabe (gestern, vor einigen Tagen u.a.)
kann fakultativ auftreten:
Er wird (gestern) die Stadt besichtigt haben. = Er hat wohl
(gestern) die Stadt besichtigt.
Seine Tochter wird (in den vergangenen Jahren) in Berlin gewohnt
haben.= Seine Tochter hat wohl (in den vergangenen Jahren) in Berlin
gewohnt.
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Diese Bedeutungsvariante ist dem Vergangenheitsperfekt synony-
misch, aber Perfekt muss obligatorisch ein lexikalisch eingefügtes Element
(sicher, wohl, gewiss, vielleicht, vermutlich u.a.) haben, das die Vermutung
ausdrückt. Da das Vergangenheitsperfekt mit Präteritum in der Zeit-
charakteristik übereinstimmt, kann das Futur II auch durch Präteritum
ersetzt werden, aber man muss den Modalfaktor, verschiedene
kommunikative, phonetische und morphosyntaktische Bedingungen in
Acht nehmen:
Er wird (gestern) (wohl) die Stadt besichtigt haben.= Er besichtigte
(gestern) wohl die Stadt.
5. Aufgaben
6. Literatur
1. Admoni W. Der deutsche Sprachbau. – Moskau, 1986.
2. Bierwisch M. Grammatik des deutschen Verbs. 2. Aufl. – Berlin: Akademie-
Verlag, 1965.
3. Deutsche Sprache. Kleine Enzyklopädie. // Hrsg. W.Fleischer, G.Helbig,
G.Lerchner. – Frankfurt am Main: Peter Lang, 2001.
4. Die Grammatik Duden Bd. 4. 7. Aufl. – Mannheim: Brockhaus, 2005.
5. Eisenberg P. Grundriss einer deutschen Grammatik. – Stuttgart, 2001.
6. Engel U. Deutsche Grammatik. – München: Iudicum, 2004.
7. Flämig W. Grammatik des Deutschen. – Berlin: Akademie Verlag, 1991.
8. Helbig G., Buscha J. Deutsche Grammatik. – Berlin, 2004.
9. Jung W. Grammatik der deutschen Sprache. – Leipzig: VEB Bibliographisches
Institut, 1980.
10. Radtke P. Die Kategorien des deutschen Verbs. – Tübingen: Narr, 1998.
11. Rödel M. Doppelte Perfektbildungen und die Organisation von Tempus im
Deutschen. – Tübingen: Stauffenburg, 2007.
12. Weinrich H. Tempus. Besprochene und erzählte Welt. – Stuttgart, 1985.
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Lerneinheit 6. Das Verb: Genus, Modus, Person und Zahl
5. Literatur
1. Die Grammatik Duden Bd. 4. 7. Aufl. – Mannheim: Brockhaus, 2005.
2. Eichler, Bünting. Deutsche Grammatik. – Kronberg, 1976.
3. Hahn von, W. Fachkommunikation. – Berlin, 1983.
4. Helbig G., Buscha J. Deutsche Grammatik. – Berlin, 2004.
5. Jung W. Grammatik der deutschen Sprache. – Leipzig: VEB, 1980.
6. Radtke P. Die Kategorien des deutschen Verbs. – Tübingen: Narr, 1998.
7. Reiners L. Stilfibel. – München, 1964.
8. Schmidt W. Deutsche Sprachkunde. – Berlin, 1972.
9. Schneider W. Stilistische deutsche Grammatik. – Freiburg, 1959.
10. Wagner H. Die deutsche Verwaltungssprache der Gegenwart. – Düsseldorf,
1970.
11.Weisgerber J. L. Grundzüge der inhaltbezogenen Grammatik. – Düsseldorf,
1962.
12. Wustmann G. Kleine deutsche Grammatik des Zweifelhaften, des Falschen
und des Hässlichen. – Berlin, 1966.
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Lerneinheit 7. Infinite Verbformen
1. Infinitiv I und II
2. Partizipien
3. Aufgaben
4. Literatur
1. Infinitiv I und II
Im Unterschied zu den finiten Verbformen, die konjugierbar sind,
drücken die infiniten Formen (Nominalformen des Verbs) nicht die
Kategorien der Person, des Numerus und des Modus, sondern nur die des
Tempus und des Genus aus. Nach den morphologischen Merkmalen unter-
scheidet man drei infinite Verbformen: Infinitiv, Partizip I, Partizip II.
Die Grundform des Infinitivs ist der Infinitiv I (Präsens) Aktiv:
lesen, kommen. Neben dem Infinitiv I Aktiv gibt es noch den Infinitiv II
(Perfekt) Aktiv: gekommen sein, gelesen haben. Diese Kategorie der Zeit
ist nicht auf die objektive Zeit bezogen (wie bei finiten Verben), sondern
stellt den Prozess in seinem Verlauf (Infinitiv I) oder als abgeschlossen
(Infinitiv II) dar:
Er soll das Buch lesen.
Er soll das Buch schon gelesen haben.
Zum Infinitiv I Aktiv und zum Infinitiv II Aktiv gibt es bei
passivfähigen Verben entsprechende Passivformen – Vorgangspassiv und
Zustandspassiv:
geöffnet werden (Infinitiv I Vorgangspassiv) – geöffnet worden sein
(Infinitiv II Vorgangspassiv)
geöffnet sein (Infinitiv I Zustandspassiv) – geöffnet gewesen sein
(Infinitiv II Zustandspassiv)
Infinitiv
Infinitiv I Infinitiv II
2. Partizipien
Die Partizipien bezeichnen Eigenschaften von Wesen und Dingen,
die als Ergebnis eines Geschehens entstanden sind. Sie besitzen sowohl
nominale als auch verbale Merkmale, weil sie ihrer Entstehung, Bildung
und ihrem Gebrauch nach zwischen Adjektiv und Verb stehen. Man nennt
im Deutschen Partizipien „Mittelwörter“. Wie finite Verben bezeichnen
Partizipien ein Geschehen, aber ohne Bezugnahme auf den Täter und
Kommunikationsprozess, darum enthalten sie die Kategorie des Modus
nicht. Die Kategorien der Person, des Numerus sind für sie nicht eigen,
wenn sie mit einem finiten Verb in Verbindung sind. Die Kategorie der
Zeit wird bei ihnen im Verhältnis zum finiten Verb ausgedrückt: als
Gleichzeitigkeit/Nachzeitigkeit („Präsenspartizip“ oder Partizip I) oder
Vorzeitigkeit („Perfektpartizip“ oder Partizip II) zum finiten Verb.
Nominale Merkmale der Partizipien:
Die Partizipien stehen den Adjektiven nahe und können attributiv
gebraucht werden: das gelesene Buch, das spielende Kind. In Verbindung
mit einem Substantiv übernimmt das Partizip die adjektivischen Merkmale
für Genus, Kasus, Numerus, Deklinationsart und Komparation (Partizip I
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in übertragener Bedeutung: die schreiendsten Farben, ein geeigneteres
Beispiel). In Verbindung mit einem finiten Verb sind Partizipien in der
Form unveränderlich, die verbalen Kategorien werden durch das finite
Verb getragen. Man vergleicht die Genusformen von Partizipien als
Prädikativ und als Attribut:
ihr Vortrag war überzeugend – ihr überzeugender Vortrag
sein Roman ist gelungen – sein gelungener Roman
Manche Partizipien werden als solche nicht mehr aufgefasst und sind
zu Adjektiven geworden, ihre Verbindung mit dem Verb ist verblasst:
verrückt, verlegen, spannend, glänzend, ausgezeichnet, dringend, geschickt
usw. Die Partizipien können substantiviert werden, dabei behalten sie die
Deklination der Adjektive bei: der Gelehrte, der Verwandte, der
Abgeordnete, der Verwundete, der Erwachsene, der Reisende, das
Unbekannte u.a.
3. Aufgaben
4. Literatur
1. Admoni W. Der deutsche Sprachbau. – Moskau, 1986.
2. Deutsche Sprache. Kleine Enzyklopädie. // Hrsg. W.Fleischer, G.Helbig,
G.Lerchner. – Frankfurt am Main: Peter Lang, 2001.
3. Die Grammatik Duden Bd. 4. 7. Aufl. – Mannheim: Brockhaus, 2005.
4. Engel U. Deutsche Grammatik. – München: Iudicum, 2004.
5. Helbig G., Buscha J. Deutsche Grammatik. – Berlin, 2004.
6. Jung W. Grammatik der deutschen Sprache. – Leipzig: VEB
Bibliographisches Institut, 1980
7. Schendels E.I. Grammatik der deutschen Sprache. – Moskau, 1988.
83
INHALTSVERZEICHNIS
Teil I
Vorwort..............................................................................................3
Lerneinheit 1. Grundbegriffe der Grammatik....................................4
Lerneinheit 2. Zur Entwicklung der Grammatik................................10
Lerneinheit 3. Wortarten....................................................................16
Lerneinheit 4. Das Verb. Klassifizierung der Verben........................23
Lerneinheit 5. Das Verb: Tempusformen.......................................39
Lerneinheit 6. Das Verb: Genus, Modus, Person und Zahl...............57
Lerneinheit 7. Infinite Verbformen....................................................72