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English for Specific Purposes Instruction and Research: Current Practices, Challenges and Innovations 1st ed. 2020 Edition Nalan Kenny full chapter instant download
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English for Specific
Purposes Instruction
and Research
Current Practices, Challenges
and Innovations
Edited by
Nalan Kenny
Elvan Eda Işık-Taş
Huang Jian
English for Specific Purposes Instruction
and Research
Nalan Kenny · Elvan Eda Işık-Taş ·
Huang Jian
Editors
This Palgrave Macmillan imprint is published by the registered company Springer Nature Switzerland AG
The registered company address is: Gewerbestrasse 11, 6330 Cham, Switzerland
Contents
v
vi Contents
Index 317
Editors and Contributors
ix
x Editors and Contributors
Contributors
xv
xvi List of Figures
E. E. Işık-Taş (B)
SFL, Middle East Technical
University Northern Cyprus Campus, Güzelyurt, Turkey
N. Kenny
King’s Leadership Academy, Liverpool, UK
(2) ESP instruction for specific skills and competencies, (3) Professional
development for ESP Instructors, and (4) ESP in CLIL and EAP.
Kaum war das Lager errichtet (Abb. 266), so sahen wir schwarze
Linien im Nordwesten und Nordosten. Es waren unsere
zudringlichen Wachen; von Nordwesten kamen 53, von Nordosten
13, sie hatten jetzt eine nicht geringe Anzahl Packpferde bei sich.
Sie waren augenscheinlich nur fortgewesen, um sich zu
verproviantieren und sich für einen längeren Feldzug zu rüsten. Sie
gingen an derselben Stelle wie wir über den Fluß und jagten dann in
wildem Laufe vor, hinter und durch die Zelte, als wollten sie uns
niederreiten! (S. bunte Tafel.) Doch, während sie heulten und ihre
Lanzen über dem Kopfe schwangen, schienen sie uns nicht zu
bemerken; sie streiften uns mit keinem Blicke, sondern ritten nur
vorbei wie ein Wirbelwind, wie eine rollende Lawine. Die Schar sah
malerisch aus in ihren bunten Gewändern und oft recht schönen
Säbeln, ihren an den Gabelenden der Flinten befestigten weißen
und roten Fähnchen und den Schwertern in silbernen Scheiden.
Im Südwesten von uns machten sie zu einer längeren Beratung
Halt. Drei Männer traten vor, und die anderen sammelten sich in drei
verschiedene Gruppen um sie, wie es schien, um zu lernen, wie mit
Flinten umgegangen wird, denn diese waren die ganze Zeit über
Anschauungsmaterial. Von Zeit zu Zeit stießen alle auf einmal ein
seltsames Geheul aus. Dann wurden die Zelte aufgeschlagen, und
die Männer ließen sich an ihren Feuern nieder.
Das Lager der Tibeter war auf einer unbedeutenden Anhöhe, die
unsere Zelte beherrschte, aufgeschlagen, und die Kosaken hatten
beobachtet, daß alle Flinten in eine Reihe mit der Mündung nach
unserem Lager gelegt worden waren. Sie meinten, es sehe aus wie
eine Schützenlinie und es sei nicht unmöglich, daß wir über Nacht
einem mörderischen Feuer ausgesetzt werden sollten. Daher begab
ich mich, als es dunkel geworden war, mit dem Lama und Schagdur
nach dem Lager der Tibeter und ging in das Zelt des Bombo, wo ich
höflich bewillkommnet und mir Tee und Tsamba vorgesetzt wurden.
Innerhalb einer Minute war das Zelt vollgepfropft von Tibetern. Ich
weigerte mich, an der Mahlzeit teilzunehmen, weil, wie ich sagte, der
Bombo nicht angerührt habe, was ihm bei uns angeboten worden
sei. „Re, re, re“, rief er („Wahr, wahr, wahr“). Er fragte nach meinem
Namen, und ich erwiderte ihm, daß er ihn erfahren solle, wenn er mir
sage, wie der Fluß heiße; er hatte aber keine Lust, auf den Tausch
einzugehen. Später erfuhren wir jedoch, daß der Fluß J a g g j u -
r a p p g a hieß. Auf meine Frage, ob es im Flusse Fische gebe, wurde
mir geantwortet. „Ja, in großer Menge.“ Ich versprach, den nächsten
Tag hierzubleiben, aber nur unter der Bedingung, daß sie mir, um die
Wahrheit ihrer Worte zu beweisen, bei Sonnenaufgang einen
mittelgroßen Fisch in mein Zelt brächten. Sie versprachen, ihr
Bestes zu tun, und erhielten leihweise ein Netz, von dem sie aber
gar nicht wußten, wie sie es benutzen sollten.
Am frühen Morgen erschienen vor meinem Zelt einige Tibeter mit
dem Netze, in dessen Maschen ein kleiner Fisch gefangen war. Sie
waren mit ihrer Beute sehr zufrieden und versicherten, daß sie bei
dem Fange beinahe umgekommen seien. Unsere Wachtposten
hatten indessen beobachtet, daß einige Tibeter sich mit
Tagesgrauen nach der Flußmündung begeben und dort eine Möwe
belauert hatten, als sie gerade einen Fisch gefangen hatte. Diese
hatten sie durch Steinwürfe gezwungen, ihre Beute an einer leicht
erreichbaren Stelle fallen zu lassen. Unserem Versprechen gemäß
blieben wir auf alle Fälle hier, um zu fischen.
Tscherdon und alle Muselmänner, außer unseren erfahrenen
Lopfischern Kutschuk und Ördek, sollten das Lager bewachen; die
drei übrigen Kosaken durften mitkommen. Von einer Masse von
Tibetern gefolgt und von einem Kamele, welches das Boot trug,
begleitet, ritten wir am rechten Ufer aufwärts, bis wir an eine Biegung
gelangten, wo der Fluß zwei kleine Wasserfälle bildet, von denen der
obere meterhoch ist, der untere aber nur 30 Zentimeter Fallhöhe hat.
Hier donnert und kocht die Wassermasse in fest verkitteten Geröll-
und Tonschlammschwellen. Das Bett ist eng und so tief, daß das
Wasser blauschwarz aussieht. Unterhalb des unteren Wasserfalles
bildet sich ein langsamer Wirbel, in den das Netz vom Ufer aus
spiralförmig hinabgesenkt wurde. Dadurch, daß wir in einer Kurve
ruderten, mit den Rudern schlugen, schrien und lärmten, jagten wir
die Fische in das Netz hinein und fingen jedesmal zwei bis drei von
ihnen. Nachdem ich 28 Stück gefangen hatte, ließ ich die anderen
weiterfischen. Die Kosaken angelten vom Ufer aus und hatten auch
guten Fang. Tschernoff schoß einige Wildenten, die wir mit dem
Boote auffingen. Kurz, wir hatten einen entzückenden, erfrischenden
Tag und eine angenehme Abwechslung nach den langen,
anstrengenden Karawanenmärschen. Daß der Hagel alle
Augenblicke auf uns niederprasselte, störte uns wenig; die Tibeter
saßen auf der Uferterrasse und glichen, schwarz wie sie waren,
einer Reihe Krähen auf einem Dachfirst.
Vom Fischereiplatze trieb ich mit schwindelnder Fahrt nach dem
Lager zurück. Eine Schar Wildenten flog eilig vor uns her; wir fuhren
weiter bis an die Stelle, wo sich der Fluß in den Selling-tso ergießt,
und von dort ging ich nach Hause, während Ördek die Jolle nach
dem Lager zurückrudern und stoßen mußte. Der Fluß sollte nämlich
gemessen werden, und dabei ergab sich, daß er 34,6 Kubikmeter
Wasser in der Sekunde führte.
Dreißig Tibeter mit dem Bombo an der Spitze besuchten mich am
Abend. Sie waren so freundlich, mir zwei Schafe und drei Kübel voll
prächtiger Milch zu schenken, wahrscheinlich als Belohnung dafür,
daß wir, wie sie uns gebeten hatten, einen Tag hiergeblieben waren.
Sie durften jetzt den Tönen der Spieldose lauschen und mehrere
unserer Sehenswürdigkeiten betrachten, und der Bombo nahm die
Geschenke an, die ihm angeboten wurden.
Die Kosaken sahen dem Scheibenschießen der Tibeter zu. Der
Abstand betrug nur 40 Meter, und ein kleines Holzbrett an einer
Stange diente als Scheibe. Von dreißig Schützen vermochten nur
drei das Brett zu treffen — ein mehr als klägliches Resultat. Die
Kosaken baten, auch einen Versuch machen zu dürfen, aber darauf
wollten sich die Schützen durchaus nicht einlassen; sie fürchteten
wohl, übertroffen zu werden.
Als ich am nächsten Morgen geweckt wurde, waren die Lopleute
schon eine gute Weile beim Fischen gewesen, und ich wies daher
den Entenbraten, der sonst hätte mein Frühstück bilden sollen,
zurück.
Der Morgen versprach mehr, als der Tag halten konnte. Er war
schön und sonnig, aber kaum waren wir in Gang gekommen, so
zogen die schwarzblauen Wolkenwände, die am Horizonte lauerten,
herauf und entluden ihren Inhalt. Die Folge davon waren Hagel,
Sturm, nasser Schnee und Platzregen, so daß der Boden wieder
naß und schlüpfrig wurde. Der Tagemarsch war demnach in
mehrerer Beziehung düster. Die Tibeter ermüdeten uns mit ihrem
ewigen Quälen, daß wir umkehren sollten, und mit unseren beiden
Kranken sah es auch schlecht aus; besonders Kalpets Zustand hatte
sich sehr verschlimmert.
Durch das natürliche, imposante Felsentor, das durch eine
Unterbrechung der im Süden des Jaggju-rappga-Tales liegenden
Kette gebildet wird, ziehen wir nach Südosten. Über den Klüften und
Vorsprüngen zur Rechten kreist ein Königsadler, wahrscheinlich
derselbe, den wir gestern den Wildenten hatten auflauern sehen. Die
Felstauben, die zierlich und elegant auf dem Boden trippelten,
schienen vor dem Adler nicht den geringsten Respekt zu haben.
Kulane und Orongoantilopen zeigen sich überall; sie, wie die Fische,
scheinen gewohnt zu sein, daß sie von den Menschen in Frieden
gelassen werden. Auf Delikatessen verstehen sich die Tibeter nicht.
„Ebenso gut, wie man Fische ißt“, sagen sie, „könnte man ja
Schlangen und Eidechsen verzehren; das ist genau dasselbe.“
Die Bergkette zieht sich wie eine Halbinsel in den See hinein. Auf
ihrer Südseite reiten wir durch einen bedeutenden Fluß namens
A l l a - s a n g p o , und zu unserer Linken dehnt sich wieder der
marineblaue Spiegel des Selling-tso aus. Hier und dort steht am Ufer
ein Zelt. Im Südwesten zeigt sich bisweilen eine verwirrende Welt
von Bergen, meistens aber verhüllen Regengüsse und
Hagelschauer die Landschaft, so daß Dämmerung herrscht und ich
ausschließlich nach dem Kompaß marschieren muß. Der Erdboden
war ein einziger Sumpf. Die Tibeter ritten einen anderen Weg, und
wir zogen es schließlich vor, ihnen zu folgen; doch jetzt machten sie
Halt und meinten, daß wir uns selbst helfen könnten! Am Ufer
zeigten sich Massen von Wildgänsen, die noch rechtzeitig vor
unseren Gewehren flüchteten. Einen Augenblick klärte es sich über
dem ausgedehnten See auf, und wir konnten leicht mehrere Stellen
wiedererkennen, die wir am anderen Ufer passiert hatten, besonders
die kleine Bergkette auf der Halbinsel, auf der wir hatten umkehren
müssen.
Links lassen wir auch an unserem Ufer eine derartige kleinere
Kette hinter uns zurück. Wir beabsichtigten gerade, zu einer
Schwelle in Südsüdosten hinaufzuziehen, als Kutschuk und Chodai
Kullu heransprengten und atemlos verkündeten, daß es Kalpet sehr
schlecht gehe. Ich eilte dorthin und fand ihn mehr tot als lebendig
inmitten der anderen auf einer Decke am Boden liegen. Er bat um
Wasser; da es dieses in der Nähe nicht gab, durfte er so viel Milch
trinken, als er konnte. Seine Augen hatten einen strahlenden,
intensiven, aber glasigen Ausdruck; seine Gesichtsfarbe war gelb,
die Lippen weiß.
An einem großen Tümpel mit Regenwasser lagerten wir bei
strömendem Regen. Eines der Zelte wurde als Lazarett eingerichtet,
und hier fand Kalpet Schutz vor der Witterung. Er lag ganz still und
schien keine Schmerzen zu fühlen. Eine leichte Dosis Morphium
verhalf ihm zum Schlaf. Der alte Muhammed Tokta, der auch ins
Lazarett gebracht wurde, hatte eine schauerliche Krankheit. Sein
ganzer Leib war geschwollen und sein Gesicht eine einzige
Geschwulst; es war nicht gut für ihn, seinen Unglücksgefährten mit
dem Tode ringen zu sehen.
Auch heute Abend kam unser Bombo auf Besuch, und als wir ihn
baten, uns Milch aus dem nächsten Zeltdorfe zu besorgen, sagte er,
daß die Pocken dort grassierten; falls wir dorthin gehen wollten,
könnten wir es tun; er seinerseits danke dafür. Er brachte drei neue
Gesichter mit, darunter einen alten, sehr netten Lama. Sie erklärten,
direkt von den Gesandten zu kommen, die der Dalai-Lama
ausgeschickt habe, um uns zu verhindern, nach Lhasa zu gehen.
Dann folgten die gewöhnlichen Unterhandlungen und Bitten, daß wir
doch um Himmels willen bleiben möchten, wo wir seien, damit wir
nicht nur uns, sondern auch sie nicht ins Unglück stürzten. Die
Gesandten von Lhasa seien nicht mehr weit und würden in zwei
Tagen hier eintreffen. Ich blieb unbeweglich und sagte ihnen, es sei
eine Schande, friedliche Gäste auf diese Weise zu behandeln und
uns mit Hunderten von bis an die Zähne bewaffneten Spionen zu
umgeben. Wir beabsichtigten nicht, Krieg zu führen, und hätten
alles, was wir gekauft, ehrlich bezahlt. Über unsere Pläne würde ich
nicht eher Auskunft geben, als bis die Gesandten angelangt seien.
Sie waren verblüfft und sahen sehr sorgenvoll aus.
Um 7 Uhr erhob sich ein so heftiger Sturm, daß das ganze Lager
fortzufliegen drohte und die Zelte von der Wucht des Hagels und
Regens beinahe zu Boden gedrückt wurden. Nach einem letzten
Besuche im Lazarettzelte (Abb. 267), wo Kalpet ruhig schlief und
Muhammed Tokta über sein Herz klagte, gingen wir zur Ruhe, um
die Sorgen des Tages in den Armen des Schlafes zu vergessen.
Sobald ich am 11. September aufgestanden war, besuchte ich
die Kranken. Muhammed Tokta war unverändert; er war bei klarem
Bewußtsein und scherzte sogar, hatte aber gemerkt, daß er
allmählich das Gefühl in den Fingern verlor. Schlimmer war es mit
Kalpet. Er rang mühsam nach Atem, seine Wangen waren
eingefallen, aber die Augen hatten ihren Glanz beibehalten. Es
schien mit ihm zu Ende zu gehen, aber er sprach vernünftig und
sagte, er habe eine „kattik kessel“ (schwere Krankheit) und sei noch
kränker davon geworden, daß einer seiner Kameraden ihn vor
einigen Tagen geschlagen habe. In Wirklichkeit war es damit, wie
sich herausstellte, nicht so schlimm gewesen, aber die Erinnerung
daran erfüllte den Sterbenden ganz und gar, und er wußte von nichts
anderem zu reden. Der arme Kerl, der dies auf seinem Gewissen
hatte, würde jetzt viel darum gegeben haben, wenn er die Sache
hätte ungeschehen machen können.
Allmählich schwand das Bewußtsein; er sprach nicht mehr, war
total geistesabwesend und starrte in unbekannte Fernen, vielleicht
nach dem Paradiese, das der Prophet ihm versprochen hatte. Ich
wollte den Tag über hierbleiben, aber die Gegend war so erbärmlich,
daß alle für das Übersiedeln nach einem besseren Platze stimmten.
Kalpet wurde daher bequem und weich auf sein Kamel gebettet
(Abb. 268), und der Zug setzte sich wieder in Bewegung. Wir alle
fühlten, daß heute der Tod mit der Karawane zog, und die Stimmung
war daher gedrückt und düster.
Es ging nach Südosten. Von der ersten kleinen Paßschwelle
sahen wir wieder einen außerordentlich schönen, von niedrigen
Bergketten eingefaßten See mit bizarren Ufern vor uns liegen. Das
Wasser war kristallhell; daß es diesmal nicht wieder der Selling-tso
sein konnte, merkte man bald, denn hier sah man sowohl
Wasserpflanzen als auch Fische, und das Wasser war so süß, wie
das eines Flusses.
Das linke Seeufer sah bedenklich aus, denn steile Felsen fielen
hier jäh ins Wasser hinunter, und ich hielt es daher für das Klügste,
Sirkin und Schagdur auf Rekognoszierung auszuschicken.
Inzwischen überfiel uns ein gewaltiger Hagelsturm, und Kalpet
wurde mit einem Filzteppiche zugedeckt. Die drei neu
angekommenen Tibeter ritten an mich heran, um mir zu erklären,
daß es auf dem Westufer keinen Durchgang gebe, doch führe auf
dem Nordufer ein Weg nach Osten, den wir benutzen könnten, wenn
wir durchaus weiter wollten. Ich ahnte sofort, daß etwas dahinter
liegen müsse; es blieb mir aber keine Wahl, um so mehr, als nachher
die Kosaken die Aussage der Tibeter bestätigten.
Wir zogen also längs des nördlichen Ufers weiter; es wurde eine
Wanderung in den schönsten Schlangenlinien. Ein gerade nach
Osten gehender Weg führte über die Hügel, aber die Tibeter hielten
sich hinter uns und hüteten sich wohl, ihn uns zu zeigen. Wir gingen
also am Strande entlang und nahmen so alle Buchten, Landzungen
und Halbinseln mit, ohne zu wissen, nach welcher Seite der See
ausbog. Wenn wir infolgedessen auch viele unnötige Schritte
machten, so erhielt ich doch wenigstens eine getreue Karte des
launenhaften Sees, und eine herrlichere Landschaft als diese hatten
wir in Tibet noch nicht gesehen. Nach allen Seiten hin öffneten sich
großartige Perspektiven in Buchten und Fjorde hinein, die zwischen
malerischen, dekorativen kleinen Bergketten mit steil nach dem See
abfallenden Abhängen tief in das Land einschnitten. Hier und dort
tauchten kleine Inseln auf, gewölbt wie Delphinrücken. Alte
Uferlinien waren hier nicht zu sehen, und das süße Wasser sprach
dafür, daß der See, der N a k k t s o n g - t s o heißt, Abfluß nach einem
weiter südlich liegenden Salzsee hat.
Nachdem wir einige Stunden in allen möglichen Richtungen
gewandert waren, überraschten wir die Tibeter, die ihre Zelte am
Ufer aufgeschlagen hatten und ihre gewöhnliche Teerast hielten. Sie
hatten dadurch Zeit gewonnen, daß sie einen Richtweg hinter den
Uferfelsen benutzt hatten. Wir zogen an ihnen vorbei, bis der See
definitiv nach Südosten abzubiegen schien. Hier traten die Berge
vom Ufer zurück, das eben und mit festem Kiese bedeckt war und
den Kamelen ein vortreffliches Terrain bot. Am östlichen Ende des
Sees lagerten wir bei einem Zeltdorfe. Die Späher waren uns auch
diesmal zuvorgekommen und hatten schon ihre Zelte
aufgeschlagen.
Kalpet hatte oft gesprochen und besonders Rosi Mollah, seinen
Kerijaer Landsmann, gerufen; er hatte um Wasser gebeten und
darum, daß seine Lage auf dem Kamele verändert werden möchte,
wenn er sich auf einer Seite müde gelegen hatte; manchmal rief er
laut und deutlich, das Kamel gehe zu schnell. Als er jedoch in der
Nähe des Lagers längere Zeit still gewesen war, hielt die Ambulanz,
welche die Nachhut der Karawane bildete, und Mollah horchte. Er
holte mich sofort, und es war nicht schwer zu konstatieren, daß mein
armer Diener verschieden war. Sein Ausdruck war ruhig und verklärt,
aber die Augen hatten ihren Glanz verloren. Er war schon kalt,
obwohl es kaum eine Stunde her war, seit er zuletzt um Wasser
gebeten hatte. Mollah drückte ihm für immer die Augen zu, und dann
setzte die jetzt in einen Leichenzug verwandelte Karawane ihren
Weg fort. Die Muselmänner hatten, wie gewöhnlich, gesungen, um
sich den Marsch weniger langweilig zu machen; jetzt aber wurde es
still wie in einem Grabe, und nur die Tritte der Tiere auf dem Sande
und Kiese des Ufers und das keuchende Atmen der Kamele
unterbrachen das Schweigen. Wir standen wieder vor dem
furchtbaren, erbarmungslosen Ernste des Todes, und wieder führten
wir einen Toten auf einem lebendigen Katafalke mit uns (Abb. 270).
Als wir an den Zelten der Tibeter vorbeizogen, kamen diese uns
entgegen, um uns zu sagen, daß es bis zur nächsten Stelle mit
Weide noch weit sei. Ich teilte ihnen mit, daß wir einen Toten bei uns
hätten, der begraben werden müsse, was sie sehr ruhig anhörten,
uns dann aber einen Platz anwiesen, wo dies am besten geschehen
könne.
Sobald das Lager fertig war, sprach ich mit Mollah und Turdu Bai
über die Beerdigung; sie schlugen vor, sie bis zum nächsten Morgen
aufzuschieben und dann mit den üblichen Zeremonien
vorzunehmen. Die Leiche wurde für die Nacht in das eine weiße Zelt
gelegt und sollte von einem Wächter vor den Hunden geschützt
werden.
Kalpets Beerdigungstag, der 12. September, brach strahlend hell
und klar an; nur dann und wann segelte in der frischen Seebrise,
welche die Wellen ans Ufer rauschen ließ, ein kreideweißes
Wölkchen über den Himmel. Das Grab war schon fertig, und im
Todeszelte waren Hamra Kul, Mollah Schah und Turdu Bai damit
beschäftigt, die Leiche in ein Laken zu hüllen, nachdem sie
vorschriftsmäßig gewaschen worden war. Dabei hatten sie sich das
Gesicht außer den Augen mit weißen Binden umwunden, um nicht
die Leichenluft einatmen zu müssen. Vor dem Zelte saß Rosi Mollah
und las laut aus einem Gebetbuche. Das Grab war nicht viel mehr
als einen Meter tief, und seine eine Längsseite bildete eine Höhlung,
in welche die Leiche hineingeschoben werden sollte. Hierher lenkte
der Leichenzug seine Schritte. In eine weiße Filzdecke gewickelt, lag
der Tote lang, mager und kalt auf einer Kamelleiter und wurde von
Mollah Schah, Islam, Li Loje, Chodai Kullu, Ördek, Hamra Kul und
Kutschuk getragen (Abb. 269). Die improvisierte Bahre wurde auf
den Rand des Grabes gestellt und Kalpet dann vorsichtig in seine
letzte Ruhestätte hinabgelassen (Abb. 271), wobei Mollah Schah
und der Mollah mit hinabstiegen, um ihn unter den Vorsprung, der
sich über der Aushöhlung in der Seite des Grabes wölbte, zu legen.
Der Mollah setzte sich dann und hielt folgende Rede an den
Verstorbenen:
„Du bist ein rechtschaffener, rechtgläubiger Muselmann
gewesen, du hast niemals einem von uns etwas zuleide getan, du
läßt eine Lücke zurück, und wir beweinen dein Hinscheiden, du hast
dem Tura gut und redlich gedient.“
Nachdem die beiden Männer aus dem Grabe gestiegen waren,
wurde die Kamelleiter quer über die Öffnung gelegt und das Ganze
mit einem Filzteppiche bedeckt, dessen Kanten mit Erdschollen
beschwert wurden; darauf wurde der Grabhügel über dem Teppiche
aufgeworfen, welch letzterer dieses Gewicht natürlich nicht sehr
lange würde aushalten können, — es bedurfte nur eines Regens
oder des Darüberlaufens umherstreifender Yake, um das Ganze
zum Einstürzen zu bringen. Als der Hügel fertig und am Kopfende
mit einem ebenso vergänglichen Denkmale aus Erdschollen und
einigen dar aufgestellten Steinen verziert war, warfen sich die
Muselmänner um das Grab herum auf die Knie, hielten sich die
Handflächen vor das Gesicht und murmelten leise Gebete, die nur
dann und wann von den Gebetformeln des Mollah unterbrochen
wurden.
Und dann war der feierliche Akt vorbei und Kalpet der Erde
wiedergegeben. Wir kehren, wie aus einer Kirche, aus einer
Sonntagsstimmung in der Wildnis, zu den Sorgen des Alltagslebens
zurück. Wir packen unsere Habseligkeiten ein, brechen unsere Zelte
ab, beladen unsere geduldigen Kamele, steigen zu Pferd und ziehen
von diesem dritten Todeslager fort. Alles erscheint so eitel und
zwecklos, wenn man eben am Rande eines Grabes gestanden hat,
wo man sich von dem erhabenen Ernste des Lebens und des Todes
durchdrungen gefühlt und das Stundenglas ablaufen gesehen hat.
Und dann kommt man zu den unbedeutenden kleinen Sorgen eines
neuen Tages zurück und setzt seine endlose Wanderung über die
Gebirge ohne Rast und Ruhe fort! Auf der Karte steht neben diesem
Lagerplatz ein schwarzes Kreuz. Heute ist das Grab sicherlich schon
verschwunden. Die Nomaden treiben ihre Herden darüber hin, und
ringsumher in den Bergen heulen in den Winternächten die Wölfe.
Und sollte das Grab wirklich noch nicht verschwunden sein, so weiß
doch keiner, wer der Tote war. Der Rechtgläubige ruht in heidnischer
Erde, aber seine Ruhestätte ist doch mit Gebeten aus dem Koran
geweiht worden.
Nach der Beerdigung kam Rosi Mollah mit folgendem Anliegen
zu mir: „Ehe wir uns nach Beendigung dieser Reise trennen, gebt
mir, bitte, ein schriftliches Zeugnis, daß Kalpet eines natürlichen,
ehrlichen Todes gestorben ist, damit seine Brüder in Kerija nicht
glauben, er sei von mir oder irgendeinem anderen von uns
totgeschlagen worden.“ Dies versprach ich, und es geschah auch,
worauf das Zeugnis nebst Kalpets Lohn an seine Brüder geschickt
wurde.
276. Die Garde der tibetischen Gesandten am Tschargut-tso. (S. 291.)